Alte Rechnung. Erich Szelersky

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Alte Rechnung - Erich Szelersky

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style="font-size:15px;">      »Haben Sie sich über sich selbst geschämt?«

      »Auch, natürlich. Ich bin durchaus selbstkritisch. Aber am meisten war ich über einige meiner Kollegen entsetzt. Ich habe daraus meine Konsequenzen gezogen.«

      »Und haben Ihr Bestreben um den Vorstandssessel eingestellt.«

      »So können Sie es sagen, ja.«

      »Sie zogen sich zurück, und Ihr Fluchtpunkt war Amerika.«

      »Ja. Aber das fiel mir nicht schwer. Ich fühlte mich sehr wohl in den Staaten, mochte die Menschen, ihren Fleiß und ihren unerschütterlichen Optimismus. Das war wohltuend anders als hier.«

      »Es war somit die richtige Entscheidung.«

      »Ja. Unbedingt. Ich bemühte mich sehr darum, die beiden Unternehmenskulturen zu verschmelzen und mein Gedankengut in die neue Gesellschaft in den USA, in der drei Viertel der Beschäftigten aus der alten GlobalTech kamen, zu implantieren. Manchmal warfen mir meine schwedischen Landsleute missionarischen Eifer vor und dass ich deutscher sei als die Deutschen, was natürlich Quatsch war, aber wir in Schweden sind halt neutral. Neutral bis in die Knochen und sogar dann noch, wenn wir es besser wissen sollten. Sie sehen, Herr Gerstel, jeder hat sein Päckchen zu tragen.«

      »Sehe ich das richtig, dass Sie froh über Ihre Entscheidung waren?«

      »Ja. Das war ich. Als all diese Egoismen, die Empfindlichkeiten und ein mir unerträglicher Narzissmus aus der Verborgenheit oberflächlicher Kooperationsbereitschaft ungeschönt an das Tageslicht traten, wurde mir klar, dass alles, was wir verkörpert hatten, nur Schein gewesen war.

      Das war eigentlich die größte Enttäuschung in meinem Leben. Wir waren alle parkettsicher und überall vorzeigbar, aber im Grunde unseres Herzens tief verfeindet und in Grabenkämpfen, Spartenegoismen und Ressortrivalitäten verstrickt.

      Sicher. Es gab in der GlobalTech auch Stimmen, die mich im Vorstand der UniTech haben wollten, aber es gab natürlich auch die, die einen Deutschen für geeigneter hielten. Den Amerikanern in Cupertino war schon bewusst, was es bedeutete, zwei so unterschiedliche Unternehmenskulturen erfolgreich zu vereinen und sie haben auch schnell gemerkt, dass es mit totaler Unterjochung der MicroData nicht ging. Dazu waren wir auch zu groß und zu erfolgreich.«

      »Aber Konkurrenten waren Sie doch vor der Fusion auch, oder?«

      »Ja, sicher. Aber nur potentiell. Jetzt war es real. Wir würden fusionieren und einer von uns würde in den Vorstand kommen. Das war eine völlig andere Situation als vorher. Vor der Entscheidung zu fusionieren wusste jeder, dass unser Vertriebsvorstand in der MicroData noch zu jung war, um in den Ruhestand zu gehen. Gründe, ihn abzulösen, gab es nicht. Also mussten wir uns gedulden. Jetzt verließ er das Unternehmen. Fragen Sie mich nicht, warum. Fakt ist: Er ging. Damit war die Position des Vorstandes frei.«

      »Und die strebte selbstverständlich jeder von Ihnen an.«

      »Natürlich.«

      »Wie war das denn bei Ihnen, Herr Jonsson?«

      »Ich hatte Glück. Es wurde schnell klar, dass ich das Nordamerika-Geschäft auch in der neuen UniTech sowie Skandinavien und Großbritannien übernehmen würde. Die GlobalTech hatte diese Regionen anders strukturiert und schloss sich meinen Vorstellungen an, sie wie in der MicroData zu ordnen. Aber wichtiger war wohl noch, dass mein amerikanischer Kollege sein Alter hatte. Also konnte ich das ganze Geschehen sehr entspannt angehen.«

      »Das war bei den anderen nicht so, nicht wahr?«

      »Reinhard Saatkamp würde es sehr schwer haben, sich gegen seinen Kollegen von der GlobalTech durchzusetzen. Das war klar. Südamerika war eine erfolgreiche Region der GlobalTech gewesen, und ihr Chef war ein aufstrebender, noch recht junger Mann, dem man eine große Karriere voraussagte.

      Sikorra und Wittenberg waren eigentlich ungefährdet, und Rensing wurde hinter verschlossenen Türen als der neue Vertriebsvorstand gehandelt.

      »Wie lange hat es denn dann noch bis zur Fusion gedauert?«

      »Etwa ein halbes Jahr. Im Herbst fand eine große Convention im Kongresszentrum von Las Vegas statt. Etwa achthundert Top-Führungskräfte aus der ganzen Welt waren geladen, und in Live-Video-Übertragungen konnte jeder Mitarbeiter überall auf der Welt die Veranstaltung mit verfolgen. Ziel war, alle auf die neue UniTech einzuschwören.«

      »Zu dem Zeitpunkt war das Rennen um den Vorstandsessel aber schon gelaufen?«

      »Ja. Helmut Sikorra hatte das Rennen gemacht. Er präsentierte sich in Las Vegas zum ersten Mal einem größeren Kreis.«

      »Und was war mit Rensing?«

      »Der war weg. Er hatte das Unternehmen verlassen. Ich wusste nicht warum, denn ich war im Herbst schon vier Monate in den USA. Er war eigentlich der Favorit. Nicht nur, dass er hervorragende Ergebnisse vorzuweisen hatte; er leitete auch die Region, auf die es die GlobalTech besonders abgesehen hatte.«

      »Wie das?«

      »Nun, sehen Sie, Herr Gerstel. In Deutschland hatten wir einen Marktanteil von über siebzig Prozent. GlobalTech zehn. In Österreich gab es die GlobalTech überhaupt nicht, und in der Schweiz waren sie nur eine kleine Nummer. Die GlobalTech wollte an die Entwicklungsbereiche der MicroData ran und das Deutschlandgeschäft übernehmen. Ich denke aber, dass die Amerikaner bereits wussten, wie sich die Welt in den kommenden Jahren verändern würde, und dass Deutschland dann in dem sich stetig vergrößernden Wirtschaftsraum Europa eine erheblich bedeutendere Rolle einnehmen würde.«

      »Wie kommen Sie denn darauf?«

      »Das liegt doch auf der Hand, Herr Gerstel. Mitte der achtziger, Anfang der neunziger Jahre zeigten sich die ersten Auflösungserscheinungen in der sozialistischen Wirtschaftszone. Ohne Milliardenkredit der Bundesrepublik zehn Jahre zuvor hätte die DDR damals schon nicht überleben können. Gorbatschow verkündete neunzehnhundertfünfundachtzig Glasnost und stieß damit die Türe auf für eine kritische und vor allem öffentliche Diskussion über die sowjetische Wirtschaft, die schon längst tief in der Krise steckte. Als wir die Fusion vorbereiteten, hatte ich mir das schon so gedacht, und Wittenberg erzählte mir mal halb im Scherz, dass er mit Südeuropa den falschen Teil Europas in den Händen hielt. Da hatte er Recht. Für uns gab es keinen Zweifel, dass alles auf Rensing zu lief. Das Ass war Osteuropa, und das hatte Herbert Rensing im Ärmel. Heute steht für mich fest, dass sich die Amerikaner mit der Zusammenführung der GlobalTech und der MicroData zur UniTech in Deutschland für die Öffnung des Marktes nach Osten in Stellung bringen wollten.«

      Hauptkommissar Gerstel entnahm seiner Jacke eine Schachtel mit Zigaretten.

      »Darf ich?«

      »Von mir aus schon. Aber hier ist ein Krankenhaus. Da weiß ich nicht.«

      Gerstel öffnete das Fenster und zündete die Zigarette an.

      »Und was hat das jetzt mit der Besetzung des Vorstandspostens zu tun?«

      »Nun, das liegt doch auf der Hand, und das war uns allen auch damals schon klar. Herbert Rensing leitete neben Deutschland auch Osteuropa. Das war damals ein nicht ganz unproblematischer Markt. Es war alles noch zwangsbewirtschaftet, und wir hatten durch die CoCom-Beschränkungen immer noch erhebliche Hindernisses zu überwinden.«

      »CoCom?

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