Franzi und die Ponys - Band V. Eike Ruckenbrod
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„Ich werde zu Lahthan robben und das Seil an seinem Sattel befestigen“, meinte Jamil mit hoffnungsvoller Stimme. Schon wollte er sich auf den Treibsand legen. Aber Franzi hielt ihn zurück.
„Warte! Ich muss dich sichern.“ Sie nahm ihren Turban vom Kopf und wickelte ihn ab. „Gib mir deinen auch! Ich knote sie zusammen und binde sie an deinen Gürtel, so kann ich dich wieder rausziehen, falls du versinkst.“ Jamil nickte und fing an, den weißen Tuchstreifen abzuwickeln. Franzi beobachtete ihn gespannt. Endlich würde sie sein Antlitz sehen. Schon bald kamen dunkle Locken zum Vorschein und kurz darauf ein attraktives Gesicht. Franzi starrte Jamil mit offenem Mund an.
„Was ist?“, fragte der dunkelhäutige Junge, dem das peinlich war. Franzi konnte es nicht glauben: Jamil sah genau so aus wie Olli, nur mit dunkler Haut und dunkleren Haaren und Augen.
„Ich ..., äh, du ...“, stotterte sie. Jamil blickte nervös zu seinem Kamel. „Später, okay? Jetzt lass uns bitte Lahthan befreien.“ Franzi nickte, ohne ihren Blick von dem Jungen abzuwenden. Ihr Herz pochte vor Aufregung. Das konnte doch nicht wahr sein.
Deshalb kamen mir seine Stimme und die Augen so vertraut vor. Sie trat hinter ihn und band das Tuch an seinem Gürtel fest.
„Okay?“, fragte er, als er einen Ruck spürte.
„Du kannst los.“ Rasch legte der Junge sich auf den Bauch und robbte zu seinem Kamel. Dort knotete er fürsorglich das Seil am Sattel fest und robbte wieder zurück. Dabei versanken seine Beine im Sand.
„Du musst ziehen, ich versinke“, befahl er beunruhigt. Franzi zog so fest sie konnte an dem Tuchstreifen. Der Knoten zog sich zusammen.
Hoffentlich löst sich der Knoten nicht, dachte Franzi besorgt und zog nicht mehr aktiv, sondern hielt nur dagegen. Mit vorsichtigen Bewegungen konnte sich Jamil aus den saugenden Fängen des Treibsandes befreien. Endlich lag der Junge wieder auf festem Grund. Franzi drückte ihn herzlich.
„Wir müssen Lahthan befreien“, lenkte er, peinlich berührt, ab. Sie löste die Umarmung und legte rasch dem Wallach den Sattel auf den Rücken. Jamil wickelte das Seil um Svarturs Brust und um den Sattel. Franzi faltete den Stoff des Turbans zusammen und stopfte ihn unter das Seil, das über Svarturs Brust lief, damit es nicht einschnitt.
„Gut, du ziehst hinten mit und ich bleibe hier!“, bestimmte Franzi und forderte das Pony auf, loszulaufen. Svartur lief ein paar Schritte, bis das Seil sich spannte, und blieb dann stehen. Seine Atmung hatte sich immer noch nicht normalisiert.
„Nein, nicht stehen bleiben, komm weiter!“, befahl sie. Das Pony setzte wieder an. Jamil zog mit aller Kraft mit, aber das Kamel bewegte sich keinen Millimeter. Es war wie verhext. Nach ein paar Fehlversuchen gaben sie schweißüberströmt auf.
„Es hat keinen Wert. Merlin schafft es nicht“, keuchte Jamil gerade frustriert, als ganz in ihrer Nähe ein Schuss abgefeuert wurde. Der Schreck durchzuckte Mensch und Tier. Das Pony bäumte sich auf und zog dann mit aller Kraft an. Gleichzeitig ruderte das Kamel panisch mit seinen langen Vorderbeinen. Lahthan schaffte es, ein Stück weit aus dem Sand zu kommen. Svartur und Jamil legten sich so ins Zeug, dass das eingesunkene Tier bald darauf Halt fand und unter größter Anstrengung hinausklettern konnte. Durch den plötzlichen Ruck fielen Franzi und Jamil kopfüber hin. Der Junge jubelte und warf Sand in die Höhe.
„Wir haben es geschafft. Juhu, wir haben sie beide wieder.“ Er krabbelte zu Franzi und umarmte sie herzlich. „Danke, vielen Dank. Ohne dich und dein Zauberpony hätte ich es niemals geschafft.“
„Merlin, Merlin, mein Zauberpony hat‘s geschafft“, sang Franzi lachend und kugelte sich im Sand. Gemeinsam alberten sie herum, während Lahthan vollkommen entkräftet da stand und zitternd hechelte.
Plötzlich verstummten die Jugendlichen und blickten sich tief in die Augen. Franzi kam das alles so vertraut vor. „Darf ich dich mal küssen?“, fragte sie, weil sie testen wollte, ob der Junge Olli war.
„Küssen?“, fragte der Beduine mehr als erstaunt, während er in ihr sandiges Gesicht blickte. „Nein, lieber nicht, wir müssen weiter.“
Franzi war die Abfuhr peinlich, sie sprang auf und machte sich an Svarturs Sattel zu schaffen.
Bin ich bescheuert, ihn so etwas zu fragen? Er sieht doch nur aus wie Olli. Was wird er jetzt von mir denken? In seiner Kultur muss man ja dann gleich heiraten ... Manchen Mädchen wird im Kindesalter schon ein Ehemann ausgesucht.
Franzi ärgerte sich unheimlich über ihre Dreistigkeit. Das Blut pochte in ihren Wangen. Er sieht Olli doch nur ähnlich, Jamil ist viel schweigsamer und nicht so lustig.
Sie schüttelte über sich selbst den Kopf. Sie hoffte, er würde es ihr nicht übelnehmen. Wie oberpeinlich ...
Jamil hatte den Vorfall schon vergessen. Er hatte andere Probleme, als darüber nachzudenken, ein Mädchen zu küssen oder nicht. Hier, zwischen den Treibsandfeldern, waren sie vor den schwarzen Räubern sicher und konnten unbesorgt eine Pause machen, bis sich die Tiere ausgeruht hatten. Irgendwie wollte aber kein Gespräch mehr in Gang kommen und Franzi versuchte, ein wenig zu schlafen. Jamil saß nachdenklich daneben. Wie würde Zahra wohl auf seine sogenannten Freunde reagieren, die aus seinen Schwestern, Cousinen und kleinen Cousins, Großeltern, Tanten und Onkel bestanden? Und wie würde er eine Schlacht mit Frauen und einigen Alten gegen viele starke Männer gewinnen können?
Der Junge band sich verzweifelt den Turban wieder um den Kopf. Seine große Familie bestand deshalb nur noch aus Alten, Kindern und Frauen, weil die jungen, kräftigen Männer alle in die Stadt geflohen waren, um dort in Ruhe zu arbeiten und zu leben. Sie wollten nichts mehr wissen von Traditionen, Entbehrungen und Hunger. Regelmäßig schickten sie Geld, um ihr Gewissen zu beruhigen, vermutete der Junge ärgerlich.
Aber war er nicht genau so? Er hatte auch vor, in die Stadt zu ziehen und zu studieren, aber vorher wollte er noch etwas erledigen und zwar gründlich.
Energisch stand er auf und legte Lahthan seine bunte Webdecke und den Sattel auf den Rücken. Dann setzte er sich zu Svartur, kraulte ihn und flüsterte ihm zu. Das Pony beugte den Kopf und hörte ihm aufmerksam zu.
Als Franzi die Augen aufschlug, erblickte sie den Jungen und das Pony. Es war ein harmonisches Bild. Sie schaute nach Lahthan. Der Kamelhengst stand schon gesattelt da.
„Reiten wir weiter?“, fragte sie und reckte sich den Rücken. Jamil nickte und packte den Rest zusammen. Franzi half ihm. Gemeinsam bestiegen sie das Trampeltier und ritten los.
„Was wollen die schwarzen Beduinen eigentlich von uns? Was haben sie davon, uns zu töten?“, erkundigte sich Franzi.
„Es sind einfach nur gemeine, hinterlistige Räuber, die alles stehlen, was ihnen vor die Flinte kommt.“
„Meinst du, die wollten uns echt erschießen?“
„Nein, sie wollen einem nur Angst machen und die Waren und Frauen rauben. Weil sie zu faul sind, selbst zu arbeiten und ihre Frauen ihnen alle weggelaufen sind. Sie sind eine Schande“, erklärte Jamil, mit Hass in der Stimme. „Wenn sie uns töten wollten, hätten sie es längst getan.“
„Aber als die Karawane angegriffen wurde, lagen einige Beduinen reglos im Sand“, erzählte Franzi.
„Sie springen vor Angst ab und lassen die Kamele flüchten. Später