Tod einer Minnedame. Elisa Scheer

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Tod einer Minnedame - Elisa Scheer

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      Und was arbeitete sie bitte im Gefängnis? Software zu reparieren oder was auch immer gab´s da ja wohl nicht. Er blätterte um. Sie sortierte Schräubchen? Für zwanzig Cent die Stunde? Sie hatte bis jetzt vier Tage lang acht Stunden gearbeitet und 6,40 € verdient, ohne den heutigen Tag. Davon hatte sie sich Zahnpasta und eine Zahnbürste gekauft, außerdem einen Kamm (lila, vermerkte die Akte akribisch). Ihre Bitte um Gefängniskleidung war abschlägig beschieden worden, also wusch sie ihre Klamotten täglich und trocknete sie dann auf der Heizung. Felix verkniff es sich, darüber länger nachzudenken, er fragte sich nur, warum sie nicht wie alle anderen Leute eine Reisetasche gepackt hatte, als sie festgenommen worden war. Kurt fragen! Oder sollte er sich die Frau herbestellen und sie einmal gründlich verhören? Später, er wollte dabei nicht mit ihr alleine sein – und Anne Malzahn war ja noch mit der Stieftochter beschäftigt.

      Ob alle Beteiligten so verdreht waren wie diese Wiesner?

      Fürs erste reichte es ihm; er legte die Akte in die Schublade und verzog sich in die Kantine, wo immerhin noch ein nicht allzu ältliches Käsesandwich zu haben war. Unwesentlich gesättigt kehrte er zurück und machte sich erneut auf die Suche nach Kurt. Dieses Mal wurde er fündig.

      „Sag mal, wieso will diese Wiesner denn ihre Sachen nicht in der Zelle haben?“

      Eichinger sah seinen Kollegen konsterniert an. „Was? Welche Sachen?“

      „Na, Kulturbeutel, Ersatzwäsche, all so was? Und wieso hat sie keinen Anwalt?“

      „Mein Gott, bist du jetzt ihr Anwalt oder was? Merkwürdig, die schaut doch nach gar nichts aus. Ich habe sie hier nach einem sehr unbefriedigenden Verhör festgenommen, da hatte sie eben nichts dabei. Und wenn sie lieber ihren Chef anrufen will statt ihren Anwalt, ist das ja wohl nicht unser Problem, oder?“

      „Und warum hat sie niemanden geschickt, ihre Sachen zu holen?“

      „Frag sie doch selbst. Wahrscheinlich kennt sie niemanden, und du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich eine Beamtin losschicke, um einer Mörderin ein frisches Nachthemd zu holen?“

      „Einer mutmaßlichen Mörderin“, korrigierte Felix mit leiser, böser Stimme. „Bis jetzt hast du überhaupt noch nichts bewiesen und dich hochgradig unkorrekt verhalten. Die ganze Ermittlung ist ein Scheiß. Manchmal frage ich mich, warum sie dich nicht zum Verkehrregeln schicken.“

      „Werd nicht unverschämt, ja? Du bist nicht mein Vorgesetzter.“

      „Nein, aber Kriminalrat Zeitz. Und ich glaube, allmählich muss den mal jemand informieren. Wir decken dich jetzt schon ewig, und was ist das Ergebnis? Wahrscheinlich sitzen lauter Unschuldige im Knast, weil du zu faul bist, dir richtig Mühe zu geben.“

      „Blas dich bloß nicht so auf. Sind doch sowieso alles Kriminelle da draußen.“

      „Was für ein Blödsinn! Hörst du dir nicht manchmal selbst zu? Das grenzt ja an Paranoia!“

      Er verließ Eichingers Büro, nicht ohne die Tür sehr befriedigend ins Schloss zu schmettern.

      Mittlerweile war Anne Malzahn zurück; er bat sie, zu bleiben, und rief im Untersuchungsgefängnis an und bestellte Emma Wiesner zu sich.

      „So, und was ist bei Ihnen rausgekommen?“

      „Nichts Gescheites“, murrte Anne. „Diese Céline ist ein Früchtchen. Aber ganz intelligent. Sie sagt aus, ihre Stiefmutter sei dämlich gewesen, aber harmlos. Komplett auf ihr Äußeres fixiert. Wenn aber der Vater irgendwelche strengen Regelungen durchsetzen wollte, habe sich die schöne Margie stets für die Mädels eingesetzt, wohl, um sie auf ihre Seite zu ziehen. Das sagt diese Céline jedenfalls mit einem wissenden Blick. Zu ihrer eigenen Tochter sei sie genauso freundlich gewesen wie zu Céline, und die sagt, sie habe gerade Abitur gemacht und sich letzte Woche in Leipzig immatrikuliert, um Journalismus und Geschichte zu studieren, und deshalb könne ihr die schöne Margie ja wirklich im Mondschein begegnen.“

      „Hat was für sich“, stimmte Felix zu. „Also die war´s dann auch nicht… oder?“

      „Glaub ich auch nicht. Und ihrer Aussage nach wusste der Vater schon länger, dass die liebe Margie einen neuen Stecher hatte. Sie sagt, das sei schon ein, zweimal vorgekommen, und so ernst sei das nie gewesen. Ihr Vater habe das ausgesessen. Céline meint, er habe ein schlechtes Gewissen, weil er nie da sei, zu viel Arbeit. Deshalb sage er nichts, wenn seine Angetraute sich kurzfristig anderweitig schadlos hält.“

      „Verdammt“, murmelte Felix.

      Anne sah ihn neugierig an. „Sie glauben nicht, dass die Wiesner es war?“

      Felix zuckte die Achseln. „Weiß man´s? Beweise sehe ich jedenfalls keine.“

      II 14.09.2008

      Es klopfte an der Tür, ein Beamter führte Emma Wiesner herein, und Anne verzog sich ins Nebenzimmer, ließ aber ganz korrekt die Tür offen.

      „Ah, guten Morgen, Frau Wiesner“, bemühte Felix sich sogleich um einen neuen, zivilisierten Ton. Er konnte sich ja vorstellen, wie Eichinger die Verdächtige angeschnauzt hatte.

      „Guten Morgen“, grüßte die Wiesner mit klarer Stimme zurück und warf ihm einen misstrauischen Blick zu, bevor sie sich setzte.

      „Sie haben nichts dagegen, wenn das Gespräch aufgezeichnet wird?“, fragte Felix und schob das Mikrofon näher zu ihr hin.

      „Aber nein. Aber es ist interessant, dass sie danach fragen. Sind Sie jetzt der gute Cop?“

      Das wurde von einem leicht ironischen Lächeln begleitet, das ihr ganzes blasses Gesicht aufleuchten ließ. Er bemerkte, dass ihre Haut rau und ihr Haar stumpf war, dass sie aber nicht daran herumtastete und ihre etwas abgerissene Erscheinung mit Würde zu tragen schien.

      „Möglicherweise“, antwortete Felix und erwiderte das Lächeln unwillkürlich.

      „Viel helfen wird es Ihnen nicht“, versetzte sie. „Ich habe nicht vor, etwas zu gestehen, was ich nicht getan habe – und ich habe Margie nicht getötet. Ich wüsste auch nicht, wieso ich das hätte tun sollen.“

      „Den Akten zufolge wollten Sie ihren Freund zurückhaben.“

      „Ja, das glaubt Ihr Kollege. Aber auch wenn manche Leute sich das nicht vorstellen können, ein Freund, der sowieso nur von einer anderen träumt, ist nicht so ein Hauptgewinn. Ich habe in der letzten Zeit eher gehofft, dass sie sich für ihn entscheidet und ihn mir abnimmt. Lieber solo als so was. Aber natürlich hätte mir klar sein müssen, dass sie sich nie für Jörg entschieden hätte.“

      „Warum? Weil ihr Mann mehr Geld hatte?“

      Die Wiesner winkte ab. „Vielleicht das auch, aber ich glaube nicht, dass Margie so geldgierig war. Nein, Lothar – das steht für Familie, für Sicherheit, für Lebenserfahrung – ich denke, das war ihr schon wichtig. Jörg, das ist die pure Romantik, Jörg ist ein fahrender Ritter, aber keine bürgerliche Existenz. Er liegt seiner Angebeteten zu Füßen, aber den Müll bringt er nicht runter. Ihm fehlt es ein bisschen an – naja, an der Alltagstauglichkeit.“

      „Ist er Ihnen anfangs auch zu Füßen gelegen?“, erkundigte Felix sich, um die Atmosphäre zu lockern. Ein ehrlich erheitertes Lächeln blitzte in ihrem Gesicht auf und zeigte, dass sie Grübchen hatte.

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