Tod einer Minnedame. Elisa Scheer
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Wie sollte er das entscheiden, wenn er die gute Frau gerade einmal gesehen hatte? Aber einen an der Waffel hatte sie wirklich.
Anne sammelte rasch die notwendigsten Kosmetika zusammen, warf auch noch ein Päckchen Tampons in die Plastiktüte und alle Pröbchen, die sich in einem kleinen silbernen Gitterkorb auf der Ablage über dem Waschbecken befunden hatten, dazu. „Kann sie den Krempel endlich mal aufbrauchen. So ordentlich, wie´s hier ausschaut, wundert es mich sowieso, dass sie solches Zeug geduldet hat. Ich glaube, sonst hat die nichts Unnützes im Haus. Sogar in der Küche, Mensch!“
„Wieso?“, fragte Felix leicht zerstreut, weil er gerade feststellte, dass die schlichten cremefarbenen Handtücher zwar preiswert wirkten, aber extra dick und weich waren.
„Keine längst abgelaufene Kuchenglasur, kein uralter Senf im Kühlschrank, nur zwei Putzmittel unter der Spüle, keine vergammelten Tupperdosen, kein schimmeliges Gemüse… Ich bin ganz blass vor Neid. Wie macht die Frau das?“
„Keine Ahnung. Bei mir gibt´s jede Menge verschimmeltes Gemüse. Mehr Putzmittel hab ich zwar auch nicht, dafür aber einen Meerrettich, der ist – ich glaube, der ist noch aus dem vorigen Jahrtausend.“
„Das klingt allerdings auch eindrucksvoller als es ist“, fand Anne und zog den Schlüssel aus dem inneren Schloss. „Können wir?“
„Natürlich. Ich würde auch gerne noch selbst bei diesem Halbritter vorbeischauen. Der kommt mir langsam etwas seltsam vor.“
„Ist er auch. Der Eichinger hat ihn mal im Präsidium gehabt. So ein Traumtänzer. Und ein bisschen muffig, fand ich. Ganz hübsch, aber die Sorte, die etwas – naja, sagen wir – unfrisch wirkt.“
„Äh“, machte Felix. „Ich wollte ihm eigentlich zu Hause auflauern, aber wenn er so ein Ferkel ist… Brauche ich eine Gasmaske?“
„So arg war´s jetzt wieder auch nicht“, wiegelte Anne ab, ließ Felix in den Flur treten und schloss die Tür ab.
„Sie! Was machen´S denn da?“
Eine Stimme wie eine Stiegnhausratsch´n aus einer Sitcom. Beide fuhren herum und standen vor einem jungen Mädchen. Schwarze Locken, leuchtend blaue Augen, ein anbetungswürdiges Gesicht – und ein Putzkittel wie aus einem Wäschekatalog aus den sechziger Jahren, kleingeblümt mit weißen Aufschlägen. Adrett, fand Felix, das passende Wort war adrett.
„Wenn´S Eana fei net glei schleicha, hoi i d´Polizei!“
„Is scho da“, verfiel auch Anne etwas mühsam ins Bayerische und klappte ihren Ausweis auf.
Die Treppenhaussirene seufzte und stellte ihren Wäschekorb ab. „Was wolln´S denn jetzad wieder? Sie ham d´Emma doch eh scho verhaftet, obwoi s´es gar net gwesn sei ko.“
„Wieso denn nicht?“
„D´Emma macht so ebbes net. Und i hob´s ogruafa, zu der Zeit. Zwengs dera Treppn da.“
„Moment“, versuchte Felix der Fakten Herr zu werden. „Sie haben mit ihr telefoniert? Zur fraglichen Zeit? Wieso das denn? Sind Sie so gut befreundet?“
„Schmarrn, befreundet“, imitierte die Nachbarin spöttisch das hochdeutsche Wort. „Putzn hätt´s hoit müssn. De Treppn!“ Zur Erklärung wies sie den lavendelblauen Flur entlang auf die Travertinstufen. „Des Stockwerk, sonst nix. Sie hat´s halt vergessen, und ich hab´s aufm Handy angrufen. Sie hat gsagt, sie is mit dera Arbeit glei fertig und dann kommt´s heim und putzt.“
„Und, hat sie´s gemacht?“, fragte Anne.
„Ja. Net recht gründlich, aber des macht hier keiner gscheit. Aa scho wurscht.“
„Haben Sie bei diesem Telefonat irgendwelche Hintergrundgeräusche gehört? Spielende Kinder, Vogelzwitschern, Kirchenglocken, Stimmen?“
Das schwarzhaarige Hausfrauenideal runzelte die Stirn. „Stimmen… Naa. A Telefon hat g´litten. Und a Brummen hab ich ghört. Und die Emma hat sich an Kopf anghaut und gestöhnt. Und – ja, a Dia hat klappt und oana hat gsagt „Ham´S es bald?“ Sonst war nix.“
Anne seufzte, Felix war nicht unzufrieden. „Hat Sie denn noch niemand danach gefragt?“
„Naa. Der, der scho amoi in dera Wohnung war, der wollt nix wissn. A rechter Gläufl, der.“
Anne kicherte. „Da ham´s recht.“
„Wie? Was?“ Felix war irritiert.
„Der Eichinger hat sich recht rotzig aufgeführt“, dolmetschte Anne vergnügt.
„Auch nix Neues“, brummte Felix. „Dieser unfähige Sack! Jedenfalls haben Sie uns sehr geholfen, vielen Dank!“
„Bittschön“, verabschiedete sich die Nachbarin freundlich, nachdem Anne noch rasch ihren Namen – Herlinde Niederburger – notiert hatte.
„Hui“, machte Felix draußen. „Das nennt der Bayer wohl eine Bissgur’n?“
„Nein. So böse war sie nicht. Eher eine Stiegnhausratsch´n. Aber was für Eltern nennen ein wehrloses Wurm denn Herlinde? Das müsste ja verboten werden. Und dieser Putzkittel!“
„Stimmt. Als seien ihr die Rollen irgendwie durcheinander geraten.“
„Putzteufel und Sennerin?“
„Und ein bisschen femme fatale?“, schlug Felix vor und überlegte hastig, ob er jetzt wieder mal den Kopf einziehen sollte. Aber Anne machte keine Anstalten, ihm einen strafenden Klaps zu verpassen. Vielleicht aber auch bloß, weil er so etwas wie ihr Vorgesetzter war…
„Sie gehen jetzt zu diesem Halbritter?“, fragte sie nur, anstatt eine feministische Aktion zu starten.
„Ja, langsam interessiert mich dieser Träumer. So bezeichnet ihn jedenfalls auch die Wiesner. Und Sie? Am besten kehren Sie ins Präsidium zurück…“
„Ich könnte auch zu dieser Firma fahren und fragen, wer da gefragt hat „Ham´S es bald?““, schlug Anne vor.
„Gut. Damit wäre dann nämlich das Alibi der Wiesner bestätigt. Gut“, wiederholte Felix und fand sich selbst leicht verwirrt, als er mit Anne ins Auto stieg.
IV 14.09.2008
Sobald er sie am Präsidium abgesetzt hatte, fuhr er ins Univiertel, wo dieser Halbritter leben sollte. Jörg Halbritter, 36, Lektor in einem Fachbuchverlag und offenbar ein echter Spinner, rekapitulierte er, während er die Agnesgasse entlang zuckelte und nach einem Parkplatz suchte. Zweite Reihe ging nicht, dann war die Straße komplett dicht… Da! Scheiße, Einfahrt. Und der Bürgersteig so schmal, dass er ebenfalls wegfiel… Da! Nein.
Schließlich parkte er zwei Straßen weiter und lief zurück, leicht gereizt. Dieser blöde Halbritter, wieso wohnte er so bescheuert? Wahrscheinlich