Tod einer Minnedame. Elisa Scheer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Tod einer Minnedame - Elisa Scheer страница 6

Автор:
Серия:
Издательство:
Tod einer Minnedame - Elisa Scheer

Скачать книгу

wandte Felix ein, „Sie sind nicht hier, um nett zu sein, sondern um die Wahrheit zu sagen. Inwiefern hohl?“

      „Nun ja… sie hatte, glaube ich, nicht so arg viele Interessen außer ihrer eigenen Schönheit. Und – also, ich kannte sie ja nur flüchtig, das war Jörg dann wohl doch etwas peinlich – sie wirkte auf mich nicht, als sei sie besonders schnell im Denken gewesen. Musste sie wohl auch nicht, bei dem Aussehen. Vielleicht werden hübsche Mädchen oft von ihrer Umgebung in so eine Rolle gedrängt, wer weiß. Aber die Frau, die sich endlos viele Feinde macht, ist sie wohl nicht gewesen. Glaube ich jedenfalls.“

      „Was hat sie denn beruflich gemacht?“

      Die Wiesner sah ihn an, als glaube sie, er habe die Akte nicht gelesen. „Na, nichts“, antwortete sie dann. „Also, nichts trifft es vielleicht auch nicht. Sie war eben Hausfrau. Und die beiden Mädels musste sie ja auch erziehen. Und die Gastgeberin spielen, wenn Lothar seine Vertragspartner mitbrachte – denke ich mir jedenfalls. Die gute altmodische Dame des Hauses eben.“

      „Keine Ausbildung?“

      „Keine Ahnung. Fragen Sie Jörg, der weiß so etwas bestimmt. Keine Ausbildung – gibt´s so was überhaupt noch, heute?“

      „Bestimmt. Mir ist zwar auch nicht klar, wie die es schaffen, gar nichts zu machen – vielleicht lassen die sich alle sofort von der Schulbank wegheiraten…“

      „Hm“, machte die Wiesner. „Margie war, soweit ich weiß, einundzwanzig, als sie geheiratet hat. So wie sie geistig bestückt war, kann es gut sein, dass sie da gerade erst ihr Abi geschafft hat… Angst vor dem Dschungel da draußen? Möglich wär´s. Arme Margie, da hat sie ja einiges verpasst.“

      „Damit fallen auch berufliche Kontakte weg… Was machen Sie eigentlich beruflich genau?“

      „Ich arbeite bei HELP. Software- und Netzwerkprobleme lösen. Gelernt habe ich zuerst Hardwareelektronik, und dann Informatik studiert. Zufrieden?“

      Felix nickte. „Klingt interessant.“

      „Ist es auch.“

      „Und wie heißt diese Firma in der Beckmesserstraße gleich wieder?“

      „Suhry und Häuptlein. Ein ziemlich großer Versicherungsmakler. Wieso, wollen Sie da etwa noch mal nachfragen?“

      „Vielleicht“, antwortete Felix und erhob sich. „Ich glaube, vorerst sind wir fertig. Brandl?“

      Die Tür öffnete sich und PM Brandl trat ein, um die Gefangene zurückzubringen. In der Tür drehte sie sich noch einmal um und sagte: „Danke!“

      Felix schaute ins Nebenzimmer. „Anne? Hast du Lust, mit mir die Wohnung von der Wiesner anzuschauen?“

      „Gerne“, antwortete Anne, „aber wozu? Eichinger war doch schon drin. Hat nichts gefunden, kein Wunder.“

      „Höre ich da ein bisschen Verachtung?“

      „Ein bisschen?“, entgegnete Anne. „Ich glaube, wir sollten wirklich selbst noch einmal nachsehen.“

      III 14.09.2008

      Sie fuhren nach Selling, nachdem sich Anne den Wohnungsschlüssel aus den Habseligkeiten der Untersuchungsgefangenen geholt hatte, und parkten vor dem albern bunten Hochhaus, das im Volksmund „Legohaus“ hieß und großenteils winzige und recht preiswert zu mietende Einzimmerappartements enthielt, daneben auch pro Stockwerk zwei geringfügig größere Zweizimmerwohnungen, die genau wie die Wohnklos je nach Stockwerk einem Farbcode huldigten. Im dritten Stock war alles lavendelblau, die Türklinken, die Einfassungen des Einbauschranks, die Fliesen im Bad, die Kanten der Regalfächer über der Kochnische und das Balkongeländer.

      Anne zog den Schlüssel heraus und schloss die Tür von Nr. 311, der linken Zweizimmerwohnung, auf.

      Es roch ein bisschen muffig.

      „Als käme man aus dem Urlaub zurück“, murmelte Anne. „Erst mal lüften, oder?“ Felix brummte zustimmend und trat durch den winzigen offenen Flur in das Wohnzimmer.

      Teppichboden, wie ihn heute niemand mehr hatte – graubraun gesprenkelt, sorgfältig gepflegt, aber verdammt alt. Wenige Möbel; ein schwarzes Sofa, ein schwarz lackiertes Regal voller Bücher, DVDs, CDs und Ordner und ein weiteres halbhohes Regal mit Kompaktstereoanlage, Fernseher und DVD-Player, darüber ein schwarz gerahmtes Foto, machten anscheinend den Wohnteil aus, ein eher kleiner weißer Tisch mit zwei Stühlen schien abwechselnd den Essbereich und das Arbeitszimmer vorzustellen.

      Er betrachtete sich das Foto näher – eine belanglose Straßenszene aus den späten Siebzigern, wenn man aus den dicht an dicht geparkten Autos Schlüsse ziehen konnte. Nach Leisenberg sah es nicht aus – vielleicht war das Foto aus München? Die Autokennzeichen waren nicht zu erkennen, und das Foto begann bereits zu vergilben.

      Alles war tadellos aufgeräumt. Anne sah sich in der Küche um und öffnete dann den Schrank unter dem blank geputzten Spülbecken, wo sich tatsächlich ein kleiner Stapel Plastiktüten befand. Sie drückte Felix zwei in die Hand und fuhr fort, die Schränke in der Küche zu inspizieren.

      Felix verließ sie und trat durch den Durchlass ins Schlafzimmer.

      Genauso bescheiden. Schwarzes Bett, neunzig breit, schwarze Schränke, zwei Stück, ein weißer Klappstuhl. Felix öffnete die Schränke. Sehr übersichtlich! Viel Kleidung besaß Emma Wiesner offenbar nicht, allerdings gute Stücke, wie man den Etiketten entnehmen konnte. Er packte hastig etwas Wäsche (Seide!), Socken, ein Nachthemd, zwei Sweatshirts und ein Paar graue Jeans zusammen und stopfte alles in die beiden Tüten. Über Knitterfalten würde sie sich in ihrer Zelle wohl kaum aufregen.

      Das Schlafzimmer sah belanglos aus, karg, aber ordentlich. Nicht ärmlich, aber asketisch. Er wollte ja ohnehin nicht nach einer Mordwaffe suchen (so ein Blödsinn!), sondern ein Bild von der Wiesner gewinnen.

      Komische Frau.

      Wie eine Zeitreisende aus dem späten Zweiten Weltkrieg. Glaubte anscheinend nicht an den Rechtsstaat und lebte, als könne sie täglich ausgebombt werden. Er entdeckte neben den Schränken eine Reisetasche. Leder und Canvas, in sattem Braun und schon etwas bejahrt. Also packte er die Plastiktüten um, musterte noch einmal das Schlafzimmer (Bett, zwei Schränke, ein Stuhl – nicht einmal ein Nachttischchen. Nur eine kleine Lampe über dem Kopfende. Und ein sehr dezenter blassblauer Bezug mit einem schmalen weißen Streifen. Nichts sagend, aber feinster Makosatin, das sah er schon am Schimmer. Insgesamt trotzdem ein karges Ambiente) und wandte sich dem kleinen Bad gegenüber der Eingangstür zu.

      Die lavendelblauen Kacheln erschlugen ihn fast. Jöi, war das blau!

      „Hui!“, machte Anne hinter ihm. „Das nenn ich mal blau. Gibt dem Wort eine ganz neue Bedeutung. Die arme Frau, jeden Morgen dieser optische Knockout…“

      Felix lachte. „Ich wäre nach drei Tagen reif für die Klapse. Vielleicht hat sie deshalb…“

      „Was? Ihre Rivalin umgelegt? Einen an der Waffel? Sich so schnell im Knast wohl gefühlt?“

      Öha. Anne Malzahn auf dem Kriegspfad? Immer bereit, in schwesterlicher Solidarität alle Kerle zur Ordnung zu rufen?

      „Am ehesten noch einen an der Waffel“, gestand er schließlich und

Скачать книгу