Der Kampf der Balinen. Kathrin-Silvia Kunze

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Der Kampf der Balinen - Kathrin-Silvia Kunze

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es jeden Aufprall ab. Und wirklich. Trismon erreichte einigermaßen unbeschadet den Grund. Auf der Seite zum Liegen gekommen, lies er sich auf den Rücken fallen und streckte Arme und Beine von sich. Vollkommen bewegungslos lag er dort. Trismon schloss die Augen. Ihm drehte sich alles und er fürchtete, sich, ausgezehrt wie er war, noch übergeben zu müssen. Trismon versuchte sich auf seinen Körper zu konzentrieren. War er auch wirklich unversehrt? Wie fühlten sich seine Arme an, seine Brust, seine Beine? Doch er war derartig entkräftet, dass er über dieser Aufgabe einschlief. Der Regen wusch sein Gesicht, seinen Körper und die Wunden und kühlte die schmerzenden Stellen, ganz so, als wolle er helfen. Trismons Unterbewusstsein reagierte darauf. Er träumte davon, sich in den ruhigen, kühlen Räumen eines Heilkundigen zu befinden. Der alte, freundliche Mann wollte ihn pflegen und kam mit mildem Lächeln auf ihn zu. Er griff nach einem großen, feuchten Tuch und hielt es Trismon vor das Gesicht. Doch zu Trismons Erschrecken, roch das Tuch wahrlich übel. Trismon wachte auf. „Neminn!“, rief er protestierend. Der treue alte Limtaan leckte mit seiner großen, rauen, fleischigen Zunge Trismon über das Gesicht. „Dein Atem ist ja fürchterlich!“, schimpfte Trismon angeekelt und schob den großen, breiten Kopf seines Freundes zur Seite. Doch der Limtaan schien besorgt, denn nun stieß er Trismon mit seinem großen Kopf, aber dafür erstaunlich sanft, immer wieder gegen das Bein. „Schon gut mein Alter!“, lachte Trismon und setzte sich umständlich auf. Er streichelte Neminn an dessen Lieblingsstelle zwischen den Augen und sagte: „Es geht mir gut. Ich bin nur etwas müde. Aber lass uns diesen scheußlichen Ort jetzt verlassen, bevor noch andere finstere Kreaturen uns hier schutzlos vorfinden!“ Wenigstens hatte es für den Moment aufgehört zu regnen und die aufreißenden Wolkenfetzen gaben den Mond wieder frei. Trismon zog sich an seinem Reittier hoch. Neminn war sein treuer, alter Begleiter. Er war sehr groß, selbst für einen Limtaan. Sein Schädel war lang und vorn aus dem Maul ragten oben und unten je zwei große weiße Zähne. Mit diesen konnte er selbst gröbstes Grünzeug oder gar Holz zerkauen. Das war seine bevorzugte Beschäftigung, der er auch niemals müde wurde! Seine Ohren waren lang und warnten ihn vor drohender Gefahr. Das erstaunlichste an Neminn und überhaupt an allen Limtaanen, waren jedoch die starken, langen Hinterläufe. Mit ihnen konnten die Tiere sowohl unglaublich schnell laufen, als auch höchste Sprünge vollführen. Trismon lehnte sich gegen den großen, dicken, behaarten Leib und spürte dessen angenehme Wärme. Langsam und unter Schmerzen, zog er sich auf den Rücken von Neminn. Wobei er sich dazu an dem kunstvoll geflochtenen, breiten Brustgeschirr des Tieres, festhielt. Der große Limtaan wartete geduldig. Und obschon sich bei Neminn bereits viele weiße Haare im dichten, glatten, braunen Fell zeigten, so war er doch noch immer einer der stärksten und schnellsten Limtaane, die es überhaupt gab. Endlich auf dem Rücken des Tieres sitzend, tätschelte Trismon ihm noch einmal den Nacken, für seine Geduld und seine unverbrüchliche Treue. Aber nun galt es, diese gefährlich schutzlose, grüne Einöde zu verlassen. Auch wenn Trismons Körper schmerzte und sowohl er, als auch Neminn, dringend eine Rast brauchten. Und auch wenn er dort oben auf dem Hügel nichts hatte sehen können, wonach er sich in dieser endlos flachen Graslandschaft richten konnte. Seinen Weg würde er immer finden. Denn wie alle Balinen, so verfügte auch Trismon über einen untrüglichen Orientierungssinn. Letztendlich fühlte er die Richtung und erspürte den richtigen Weg. Und da es nun auch noch eine Aufgabe von unabschätzbarer Wichtigkeit zu erfüllen galt, würde nichts auf der Welt es schaffen, ihn aufzuhalten! Trismon verengte seine großen blauen Augen zu schmalen Schlitzen, straffte die Schultern und gab Neminn durch Schenkeldruck das Zeichen sich in Bewegung zu setzen. Sofort gehorchte das Tier, lief an und fiel in einen schnellen Lauf. Die langen, großen, angelegten Ohren des Limtaan zu beiden Seiten neben Trismon. Wenn sie nicht in Eile waren, hielt er sich zumeist auch daran fest. Doch nun beugte Trismon sich über das Geschirr des Tieres weit nach vorn. Seinen Reiter im Nacken, erkannte Neminn, dass er noch schneller laufen sollte. Also spannte der Limtaan seine Muskeln und stürmte mit weiten Sprüngen über das Grasmeer dahin. Der Mond ergoss sein Licht über die nasse, windgepeitschte Ebene und schimmernd grüne Wellen warfen sich ihnen entgegen.

      2. Kapitel

      Die junge Frau erwachte mit einem lauten Schrei. Verwirrt blickte sie sich um und erkannte, dass es noch früh am Morgen sein musste. Das Licht des neuen Tages war noch zaghaft und zögerlich. Kaum merklich begann es, die Dunkelheit der Nacht zu durchdringen. Doch schon jetzt konnte man erahnen, dass es ein Sonnendurchwirkter Tag werden würde. Aber dennoch kühl. Denn die Jahreszeit des keimenden Grün hatte gerade erst begonnen. Seline stöhnte und fasste sich benommen mit der Hand an die schweißnasse Stirn. Dabei wischte sie sich einige ihrer langen, dichten roten Locken aus dem Gesicht. Ein Albtraum. Schon wieder. Dies war nun schon die dritte Nacht hintereinander, in der dunkle Träume sie geplagt hatten. Seline hob die Hand von ihrer Stirn und lies den ausgestreckten Arm achtlos zurück auf das Bett fallen. Sie blickte entnervt zur Zimmerdecke hinauf. Unruhig durchstreiften ihre großen grünen Raubtieraugen die Umgebung. Blickten hierhin und dorthin. Halt suchend. In dem großen, hell und freundlich eingerichteten Raum, begann das Tageslicht die ersten Konturen aus den Schatten herauszulösen. Mit ihrem guten Sehvermögen, das alle Balinen ihr Eigen nannten, konnte Seline auch in der Dunkelheit sehen. Doch sie mochte es, zu beobachten, wie das Licht allen Dingen eine intensive Farbe verlieh. Im Licht wurde alles weicher, heller und bunter. Seline mochte den Tag deshalb lieber als die Nacht. Denn sie liebte das Licht. Sie brauchte es förmlich, um sich damit anzufüllen. Damit es aus ihr überströmte und sich als Freude auf die Umgebung ergoss. Und nun nahte auch schon der Morgen und mit ihm sein Licht. Seline konnte es hören. Denn auch das Gehör der Balinen war sehr fein. So vernahm Seline nun aus weiter Ferne den Gesang jener Vögel, die bereits in den ersten Sonnenstrahlen badeten. Wie eine brandende Welle lief dieser Morgengesang nun unaufhaltsam auf Seline zu. Er kam auf den Sonnenstrahlen daher und beruhigte Selines gepeinigten Geist. Denn schon wieder hatte dieser immer gleiche Albtraum ihr auch in dieser Nacht aufgelauert. Im Schlaf war wieder diese große Aufregung und Angst zu spüren gewesen. Etwas kam auf sie zu. Unabwendbar und unaufhaltsam. Im Traum hatte sie sich zitternd die Augen zugehalten und sich geweigert, hinzusehen. Denn mit jeder Faser ihres Körpers hatte sie es schmerzhaft gewusst; auch jetzt noch war sie ganz verkrampft. Das, würde sie ihre Augen auf die nahenden Schrecken richten, ihr Geist dem gewiss nicht standhalten könnte. Im Angesicht dieses Grauens, würde ihr Selbst zerbrechen, gleich einem Tongefäß, das auf harten Steinboden aufschlägt. Seline begann angstvoll zu zittern. Sie richtete sich im Bett auf. Sie zog die Knie an ihren Körper und stülpte den Saum ihres weißen Nachtgewandes über die Beine. Dann vergrub sie ihr Gesicht in den Händen. Na wunderbar, dachte Seline trotzig. Jetzt bin ich wach und trotzdem ist alles wieder so wie in meinem Traum. Missmutig nahm sie die Hände vom Gesicht und schlang ihre Arme um die angewinkelten Knie. Dann legte sie ihren Kopf auf das linke Knie und blickte nachdenklich in das Morgenlicht, das langsam durchs Fenster drang und den Raum flutete. Ganz ohne Zweifel war dies kein normaler Albtraum, wie er etwa durch Anspannung oder Überlastung hervorgerufen wird. Dieser hier war bei weitem zu intensiv, zu stofflich. Ganz ohne Zweifel, musste Seline es sich selbst eingestehen, war dies ein Ruf des Schicksals. Eine böse Vorahnung bemächtigte sich der jungen Frau. Der kurze, kaum sichtbare helle Haarflaum, der ihren Körper, wie bei allen Balinen, bedeckte, richtete sich auf. Denn Selines innere Anspannung war so groß, dass ihr Körper sie instinktiv vor drohender Gefahr warnen wollte. Da jedoch, traf das erste Sonnenlicht, das sich im Raum immer weiter ausgebreitet hatte, Selines nackte Oberarme. Der feine Haarflaum begann zu schimmern und lies ihre Haut sanft aufleuchten. Dieser Anblick gefiel Seline und lenkte ihre Gedanken fort aus der Dunkelheit der Nacht, hinein in die helle Heiterkeit des Tages. Sie bereitet die Arme aus und bewegte sie im Sonnenlicht hin und her. Verspielt beobachtete sie dabei, wie der feine Glanz auf ihrer Haut hin und her glitt. Die Schrecken der Nacht verblassten darüber mehr und mehr. Also beschloss Seline, auch noch die restlichen Traumfetzen durch ein munter begonnenes Tagwerk zu vertreiben. Sie sprang mit einem anmutig geschmeidigen Satz ihres schlanken, feingliedrigen Körpers schwungvoll aus dem Bett und landete dabei sicher auf ihren schmalen Füßen. Hastig zog sie sich ihr leichtes Nachtgewand über den Kopf und warf es achtlos auf das Bett. Außerdem kann ein jeglicher Traum auch falsch gedeutet werden, murmelte Seline trotzig vor sich hin, um sich selber Mut zu zusprechen. Sie griff nach einem schlichten, langen, weißen Kleid aus gewebten Holzfasern und schlüpfte mit den Füßen voran, hinein. Dann griff sie in eine

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