Eternumity. Stephan Schöneberg
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James war der Name für den Klassencomputer.
„Lassen wir doch Senol mal weitererzählen“
Damit übergab er das Wort wieder an Senol.
Senol nahm die Erzählung wieder auf: „Ich glaube, sie liegen leicht daneben, Herr Doktor. Der alte Herrscher hatte das Gebäude für seine Frau oder Geliebte erbauen lassen. Viele, viele Menschen haben jahrelang gearbeitet, damit es entstehen konnte.“ Er machte eine kurze Pause, überlegte und fuhr dann mit seiner Erzählung fort: „Was ist das eigentlich, eine Geliebte? Darf ich dieses Wort auf die Merkliste setzen?“
„Oh ha“, dachte Jochen. „Das wird heute 'etwas' schwieriger“.
„Aber sicher, Senol“, bestätigte er. „James, füge bitte noch 'Maharani und Geliebte' hinzu.“ Jede Klasse hatte so einen digitalen Unterrichtsbegleiter und jede Klasse gab' ihm, oder ihr seinen eigenen Namen.
„Maharani?“ fragte Senol.
„Die Frau eines Maharadschas und im Idealfall auch seine Geliebte“, erklärte Jochen.
„Lassen wir dies für den Moment erst einmal so stehen.“
Jochen machte eine kurze Pause und fragte dann: „Hattest du die Möglichkeit einen 'Bot' zu benutzen und das Grabmal auf eigene Faust zu erkunden?“
„Eigene Faust?“ Der Junge auf dem Monitor blickte seine Hand an.
Jochen lachte: „Ein altes Sprichwort, es bedeutet so viel wie: Etwas selbständig unternehmen und erforschen.“
„Ah, … OK … und ne, leider nicht!“, antwortete Senol.
„Alle 'Bots' waren ausgebucht. Aber ich glaube, rund um das Gebäude gibt es sowieso nix, was nicht sowieso per Kamera besucht werden kann und drinnen ist das wohl auch so.“
Nach einer kurzen nachdenklichen Pause nahm Senol die Erzählung mit einem leicht vorwurfsvollen Unterton wieder auf: „Ich hatte bloß den einen Nachmittag. Für einen Bot hätte ich mich früher anmelden müssen. Mama und Papa konnten ja schließlich nicht mit.“
„Oh, das soll kein Vorwurf sein, Senol.“, beruhigte Jochen, „Ich war einfach nur neugierig“.
Für die Entwicklung der Kinder der zweiten Welt war es unglaublich wichtig, dass sie eigene Erfahrungen sammelten. Die Bewegungsfreiheit ist mit einem sogenannten 'Bot' viel größer und vor allem individueller. Das gesamte Bot-System ist immer noch in der Entwicklung, schon seit Jahrhunderten. Eine der größten Entdeckungen der Menschheit, nach dem Internet und der Erschaffung der zweiten Welt, soweit man dies alles wirklich Entdeckungen nennen kann, ist nach wie vor immer noch nicht dort, wo sie die Menschheit gerne sehen würde. Nach und nach wurden die 'Bots' immer besser und ausgefeilter. Ein Mensch aus dem zwanzigsten Jahrhundert würde darin fast keine Maschinen mehr erkennen. Mit den heutigen 'Bots' kann man reden und in die Gesichter der jeweiligen 'Mieter' blicken. Die so genannte „Response“ ist inzwischen so gut, dass sie auch in der Lage sind, weitestgehend ohne Verzögerung die Gedanken und Gefühle desjenigen zu zeigen, der gerade den jeweiligen Bot steuert oder besitzt. Jedoch ist die allerneueste Generation der Bots der Allgemeinheit nicht bekannt, was durchaus seine Gründe besitzt.
Denn es gibt leider - oder auch zum Glück - nicht genug 'Bots' für alle, sodass sie ständig ausgebucht sind. Das 'leider' gilt für die Menschen in der zweiten Welt, die in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind. Der Gedanken 'zum Glück' galt allen anderen Bewohnern und Lebewesen der Erde, ansonsten wären wohl viele Orte auf der Welt schlichtweg mit meterhohen Stapeln von Bots aufgefüllt. Das wäre dem Sinn und Zweck dieser ansonsten nützlichen Helfer auch nicht mehr ganz so dienlich. Dazu kommt noch das Energieproblem. Bots benötigen naturgegeben viel Strom und müssen natürlich auch dann und wann gewartet und repariert werden.
„Aber genug für den Moment, andere Kinder möchten ja auch noch was erzählen - nicht jedes Kind hat die Möglichkeit, fast jeden Fleck auf der Erde zu besuchen, aber vielleicht kann ja Amelie mal weiter erzählen, wenn du soweit erst einmal fertig bist?“, Jochen wusste natürlich, dass Senol noch so viel mehr zu erzählen hatte, aber eine Unterrichtsstunde ist knapp - auch andere Schüler möchten vielleicht gerne etwas vortragen und von Amelie hatte er schon länger nichts mehr über ihr normales Leben gehört.
Amelie war kein Virtueller. Amelie war ein ganz normales Kind mit ganz normalen Eltern und sogar noch allen vier lebenden Großeltern. Lediglich ab den Urgroßeltern befanden sich die Verwandten im Status „zweite Welt“.
Sie begann ihre Zusammenfassung:
„Och, gestern hat es ja nur geregnet. Und kalt war es auch noch gewesen, obwohl wir doch schon Mitte April haben. Heute ist es wärmer Ich hab einfach nur mit Puppen gespielt. Papa kam früher nach Hause. Wir konnten dann noch ein wenig Spiele spielen.“
„Hört sich nach einem gemütlichen Nachmittag an.“ ergänzte Jochen.
„Ja, war nichts Aufregendes - später kam noch Urgroßoma dazu, wir haben dann den virtuellen Spieletisch benutzt.“
Der virtuelle Spieletisch war ein Segen für die Interaktion zwischen den Welten. Im Grunde war er in fast jedes Haus integriert. Mit Hilfe von Hologrammen, Kameras, Monitoren und diversen anderen technischen Dingen war es so, als würde ein virtueller Mensch mit am Tisch sitzen. Leider konnte nicht jeder Raum in einem Haus ein solch großzügig ausgestattetes 'Portal' besitzen. Meist beschränkten sich die sogenannten Portale, die so etwas wie eine Tür in die andere Welt waren, in den anderen Räumen auf einen Monitor, eine Kamera und einen Lautsprecher. Es war immens wichtig, dass die verstorbenen Verwandten am Leben der normalen Menschen teilnahmen. Das war mit Verwandten noch am Einfachsten. Hier bestand eine gemeinsame Basis. Sie teilten ihre Erinnerung aus dem vorherigen Leben mit der Familie, sofern es eine gab. Eine Familie war die vorherrschende Form des sozialen Zusammenlebens und meistens ein Segen für Kinder. Es gab aber auch andere Gemeinschaftsformen. Niemand schrieb Kindern das Leben in einer Familie vor und für erwachsene Menschen galt dies schon gar nicht. Jochen hatte solch ein anderes Leben, bevor er Marie kennen gelernt hatte, auch gelebt. Selbst mit der Geburt ihres Sohnes wäre es auch noch möglich gewesen in diesem alten Leben zu bleiben. Aber sie beide teilten die gleichen Werte und Vorstellungen von Erziehung. So entschlossen auch sie sich zu dem Modell „Familie“, ebenso wie dies Amelies Eltern getan hatten. Es gab aber auch noch mehr Möglichkeiten. Sowohl bei Marie wie auch bei Jochen sah das Lebensmodell anfangs anders aus, als das Leben das sie jetzt führten. Bereut haben sie es nie, eine Familie zu leben. Leider mussten aber auch Kinder ein anderes Schicksal annehmen. In gewisser Weise war der Tod besiegt, aber er hatte immer noch seinen Preis, der bezahlt werden musste.
Senol meldete sich und wurde von Amelie zum Sprechen autorisiert: „Ich würde alles dafür geben, noch einmal von meiner Mutter oder meinem Vater umarmt zu werden.“
„Uff, das war hier und jetzt etwas sehr überraschend, dies von einem virtuellen Kind zu hören.“ dachte Jochen. „Das werde ich mit Julia besprechen müssen.“
Julia war der virtuelle Vertrauenslehrer-Gegenpart zu Jochen. Natürlich war auch in der virtuellen Welt ein Lehrer angestellt, der auf die Inklusion von virtuellen und realen