Eternumity. Stephan Schöneberg
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Ganze Heerscharen von Wissenschaftlern arbeiteten daran, diese Lücke zu schließen. Aber die Probleme zur Wiedererlangung von körperlichem Gefühl waren vielfältig. Jochen war sich sicher, dass es irgendwann einmal möglich sein würde, dass ein Virtueller sich irgendwann einmal wieder genau wie der Mensch fühlen wird, der er einmal war. Es war eine Frage der Zeit, wann dies möglich sein würde. Und Zeit hatte jeder Bewohner der zweiten Welt im Überfluss. Jedoch gehörte dazu Geduld. Kinder hatten wenig Geduld und es war oftmals schwer oder gar unmöglich, ihnen Dinge logisch zu erklären.
Es war nicht möglich, ihnen einen virtuellen Kratzer am Knie mit einem lustigen Zebrapflaster zu bekleben und damit den Schmerz einfach so zu 'heilen'. Virtuelle Kinder fielen nicht hin, oder verletzten sich.
Gerade Kinder zählten in der virtuellen Welt zu den verletzlichsten Wesen, da sie sich Begriffe wie Ethik, Mitgefühl aber auch Traurigkeit erst erarbeiten mussten. Ein menschlicher Vertrauter war hier genauso hilfreich und nötig, wie ein Virtueller.
Dementsprechend waren die virtuellen Kinder neidisch auf die realen Kinder, denn sie kannten keine Körperlichkeit. Früher gab es Kinder, die nicht laufen konnten. Es musste für virtuelle Kinder ein ähnliches Gefühl sein. Sie konnten nicht auf dem Schulhof fangen spielen oder sich an Spielgeräten austoben.
Es war schon immer Jochens Passion gewesen, gerade diesen Graben zwischen realen und virtuellen Schülern so weit wie möglich zu schließen und zum Beispiel jeder Klasse ein Gruppengefühl zu geben.
Jochen war abermals sehr froh, dass sie Christian gefunden und adoptiert hatten. Er hatte ihm vielleicht mehr bei der Ausübung dieser Lehrerpassion geholfen, als dies irgendeinem Buch oder einer einstudierten Vorgehensweise möglich gewesen wäre.
Letztendlich hatten sie sich wohl gegenseitig geholfen. Auch wenn Jochen sein Adoptivkind wahrscheinlich niemals so umarmen kann, wie er es mit seinem echten realen Kind, seinem Bruder Alex, machen konnte. Jedoch, es würde ihm niemals in den Sinn kommen, dass Christian nicht auch sein Sohn wäre. Auch sein biologischer Bruder akzeptierte ihn vorbehaltlos als sein wirkliches echtes kleines Brüderchen.
„Senol“, er holte tief Luft. „Eine Umarmung ist etwas Wundervolles. Die Liebe der Eltern ist im meistens grenzenlos und unendlich groß.“
„Aber ...“, Bryan, ein weiteres virtuelles Kind, wollte gerade etwas erwidern.
„Warte bitte“, sagte der Doc ruhig und gelassen.
„Ich war noch nicht fertig, Bryan ... Eltern, die ihre Kinder nicht mehr lieben - und so etwas kommt vor - verraten in meinen Augen ihre Menschlichkeit. Ich habe so etwas nie verstanden. Du hast als Mensch eine Verantwortung, du hast als Eltern eine noch größere Verantwortung. Dein Kind oder überhaupt irgendein Kind zu verraten gehört zu den schlimmsten Verfehlungen, die du dir als Eltern oder Mensch zuschulden kommen lassen kannst“, Jochen stockte ein wenig.
„Oh, entschuldigt, vielleicht könnt ihr das noch nicht voll verstehen.“
Er machte eine weitere kurze Pause und fuhr dann fort: „An Euch - Bryan, Senol, Sabine, Angelique, Markus, Marten, Nils, David, Mia und Jens: Niemand hat das Recht euch nicht als vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft anzuerkennen. Ihr habt den gleichen Wert wie ein Mensch in der ersten Welt. Merkt Euch das!“
Die letzte Ansage mag etwas zu deutlich ausgefallen sein. Aber es ist das, woran Jochen glaubte. Die Existenz eines virtuellen Menschen war nicht zu leugnen. Es hatte viele Generationen benötigt, damit so gut wie alle Menschen zu dem Punkt gelangt waren, an dem die nicht körperlich lebenden Menschen als gleichwertige sich selbst bewusste Lebewesen akzeptiert wurden. Dennoch gibt es immer noch Menschen, die anders denken. Wie auch immer, seine Schüler würden mit einer solch falschen Vorstellung niemals diese Schule mit seinem Segen verlassen.
„Senol, du magst im Moment nicht in der Lage sein, Deine Eltern körperlich zu berühren. Aber du kannst sie mit deiner Mimik, mit deinen Gesten und mit deinen Worten erreichen. Ehrliche Worte haben eine grenzenlose Macht. Du kannst sie, meiner Meinung nach, mit Wörtern fast genauso umarmen, wie mit einer realen Umarmung. Es mag schwieriger sein. Aber richtig angewendet wird es zum gleichen Erfolg führen.“
Jochen holte noch einmal tief Luft: „Bryan, Deine realen Eltern sollten dir egal sein. Das klingt hart, gerade in deinem Alter und ich weiß, dass ich mir hier und jetzt eine Menge herausnehme. Wir werden für Dich eine geeignete Adoptivfamilie finden.“
Bryan war derzeit der schwierigste Fall der ganzen Schule. Seine Eltern hätten ihn gerne für endgültig tot erklärt, nachdem er beim Spielen von einem Baum gefallen und dabei unglücklich mit dem Kopf aufgeschlagen war.
Die Uhr zeigte 11:30 Uhr an. Heute war der 15. April an einem warmen Frühlingstag. Dem ersten mit etwas Sonne, nach einem eher regnerischen Winter. Die fünfte Stunde begann. Pünktlich um viertel vor zwölf pfiffen die beiden Schiedsrichter Martin und Jerome das Spiel der 9a gegen die 9b simultan an. Martin als Feld und Jerome als virtueller Schiedsrichter.
Direkt nach dem Anpfiff übernahmen die Spieler der 9a die Initiative und versuchten durch geschicktes Doppelpassspiel nahe an den gegnerischen 16-Meter-Raum vorzudringen.
„Wir wissen genau, dass der momentane gegnerische Torwart kaum durch Fernschüsse zu bezwingen ist, dies haben die anderen Spiele deutlich gezeigt“, dachte Christian.
Sowohl die Klassen 9c, als auch 9d waren immer wieder an den unglaublichen Paraden des Torwart-Bots der Klasse 9b gescheitert. Er wurde von Michaela programmiert und gesteuert. Früher mag es ungewöhnlich gewesen sein, dass Mädchen Fußball spielen, vor allem zusammen mit Jungs. Zu deutlich war ab einem gewissen Alter der körperliche Vorteil der Jungs gewesen.
Aber für virtuelle Spieler galt dieses - nun ja - Handicap nicht. Viele, viele Monate an Vorbereitungszeit stecken in der Programmierung von Bots und natürlich war es auch so, dass die Fähigkeiten nicht zu weit fortgeschritten gegenüber den menschlichen Mitspielern sein dürfen. Es gab feste Regeln und Grenzen, sodass einiges an Kreativität gefragt war. Pro Team waren nur jeweils vier virtuelle Spieler und vier menschliche Spieler zugelassen. Die Regeln waren für die Bots hart. Die roboterähnlichen Spieler sahen tatsächlich aus wie ihre menschlichen Pendants: Zwei Beine, zwei Arme - die gleiche Kleidung. Die Größe durfte in der Altersklasse 15 bis 16 zwischen 159 und 182 Zentimetern variieren. Wer auch immer sich das ausgedacht hatte, so waren nun einmal die Regeln. Die Gelenke, Mikromotoren, Pneumatik, Platinen und was sonst noch so gerade in der Robotik angesagt war, konnten niemanden verletzen. Ein weicher Gummibelag schützte sowohl Gegenspieler wie auch die Bots, die durchaus gefoult werden konnten und sogar teilweise auch unfair gestoppt werden mussten.
Die Laufstrecke für die Bots war festgelegt - Kein Roboter durfte die Gesamtlaufstrecke von 8,5 Kilometern innerhalb von 90 Minuten überschreiten. Mit zunehmendem Alter wurde diese Strecke ausgedehnt, aber in der Altersklasse bis 16 Jahre waren es nicht mehr als eben diese 8500 Meter. Das war nicht viel, weswegen Bots meistens im Sturm zu finden waren, oder halt im Tor. Man konnte dabei keine Laufstrecken auf andere Bots übertragen. Wenn ein virtueller Spieler dieses Limit erreicht hatte, dann blieb er zunächst stehen. Danach musste er das Spielfeld bei nächster Gelegenheit verlassen, entweder durch 'Auswechslung' oder 'Verletzung', was aber letztlich das Gleiche bedeutete. Daher war das laufintensive defensive