Eternumity. Stephan Schöneberg

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Eternumity - Stephan Schöneberg Eternumity

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Satz, was ihm einen recht bösen Blick aus einem anderen Monitor in der linken Ecke des Raumes einbrachte.

      „Hey, alles gut Dirk - du hast uns so oft den Allerwertesten gerettet, jedem passiert mal so ein Ding - nimm's locker! Niemand hier ist dir wirklich böse, das weißt du!“

      Ein Tor der 9b war wirklich kurios. Ein Schuss aus gut zwanzig Metern ist eigentlich sichere Beute für jeden virtuellen Torwart. Egal ob der nun noch an der Strafraumgrenze leicht abgefälscht wurde, oder nicht.

      „Du weißt es nicht, oder?“, fragte Jochen mitten in das allgemeine Gemurmel.

      Christians Gesicht auf dem einen Monitor bekam einen unwissenden Ausdruck.

      „Scheinbar nicht?“, bestätigte er diese Annahme.

      „Michaelas Bruder ist letzte Nacht gestorben“, bemerkte Jochen beiläufig.

      Christian begriff sofort den Inhalt dieser Aussage. Von jetzt auf gleich ändert das Gesicht seinen zufriedenen Ausdruck. Bis hierhin war er, dank des letztendlich glücklich erreichten Unentschiedens im Spiel, eigentlich recht zufrieden mit dem heutigen Tag. Sein Gesicht wechselte die Stimmung aber fast unvermittelt in einen traurigen, man kann schon fast sagen, schockiert-traurigen Ausdruck.

      Jochen brauchte keine weiteren Erklärungen abzugeben. Christian hatte direkt verstanden, was dies für Michaela bedeuten musste. Sie liebte ihren Bruder Arndt über alles. Es war deutlich ruhiger in der Kabine geworden.

      „Ich werde heute in die andere Kabine gehen!“, sagte Christian nach einem kurzen Augenblick.

      Es war gute Sitte, dass ein Spieler der eigenen Mannschaft, der anderen Mannschaft gratulierte. Im Erfolgsfall war es so, dass der Verlierer dem Gewinner gratulierte. Gab es keinen Sieger, dann wurde gelost, wer den Gegner besuchte. Dies wird immer schon vor dem Spiel festgelegt. Heute hatte das Los bestimmt, dass ein Vertreter der 9a die 9b besuchen würde, falls es keinen Gewinner geben würde.

      Mit sichtlichem Stolz vernahm Jochen Ansage seines Sohnes. Sein Ausspruch lies keine Widerworte zu. Es war nun schlagartig ganz ruhig im Raum und so blieb es auch die nächsten leicht unangenehmen fünf Sekunden, bevor es der Doc war, der die Stille durchbrach: „Danke dir, Christian. Ich weiß, dass dies heute keine leichte Aufgabe wird!“

      Er machte eine kurze Pause: „Aber, du wirst die richtigen Worte finden. Vielleicht auch an Ihren Bruder, sofern er bei ihr ist.“

      „Zum Glück lebt er weiter!“, Andreas startete den Versuch, die Truppe ein wenig aufzumuntern, aber scheinbar nur mit bedingtem Erfolg. Die traurige Miene auf Christians Monitor änderte sich nicht, als der Lautsprecher daraus sarkastisch antwortete: „Ja, was für ein Glück ...“

      Jochen realisierte, dass sein Sohn die volle Tragweite dieser Tragik in Sekundenbruchteilen erfasst hatte. Mit dem Tod von Arndt war die Familie Scholz sozusagen ausgelöscht. Sicher, alle lebten weiter. Niemand war wirklich tot. Aber, es würde zukünftig kein neues Familienmitglied mehr geben. Arndt war das letzte Kind von Melanie Scholz. Nach ihm konnte sie keine Kinder mehr bekommen. Ihr Mann, Jürgen Scholz war vergangenes Jahr gestorben. Sie wusste, dass in Arndts Genen eine Krankheit schlummerte. Trotzdem hatten Sie alle gehofft, dass er vom Schicksal der Familie Scholz verschont bliebe.

      Seit gestern Nacht wusste auch Jochen, dass es nicht so kommen sollte. Es würde kein neues Kind, kein neues Leben geben, Michaela würde niemals Mutter werden. Dies war klar. Aber sie würde auch niemals Tante werden. Eigene Kinder, oder zumindest verwandte Kinder, würde Michaela niemals von Kindern bis ins Erwachsenenalter aufwachsen sehen.

      Immer noch war der Tod nicht wirklich besiegt. Er hatte immer noch eine gewisse Macht. Zwar vernichtete er kein bestehendes Leben mehr, aber er radierte die Zukunft aus. Und immer noch war einer seiner besten Freunde und Helfer - der Krebs - mächtig genug, um echte Tragödien zu erschaffen. Michaela hatte bisher nichts davon erzählt. Aber so erklärte sich, warum sie die letzten Wochen kaum irgendwo gesehen wurde. Sie hatte wohl doch nicht an der Taktik für die Bots gearbeitet, sondern war ganz einfach mit wichtigeren Dingen beschäftigt gewesen.

      Damit waren er und Michaela sozusagen Seelenverwandte, wenn man nur die biologische Komponente sah. War es Zufall, oder geplant, dass er heute derjenige war, der zum gegnerischen Team in die Kabine gehen wollte?

      Jedenfalls war ihm vollkommen klar, dass er auf jeden Fall der Richtige war. Auch wenn ihm jetzt noch nicht die passenden Worte einfallen wollten, er würde sie finden.

      Natürlich ging er nicht physikalisch in den anderen Raum. Er schaltete sich einfach via Monitor zur gegnerischen Mannschaft. Das mag sich unpersönlich anhören, war es aber für keinen der anwesenden Gegner, denn es war so einfacher, als mit Bots durch die Gegend zu laufen, die zudem natürlich auch nicht den gesamten virtuellen Menschen speichern konnten.

      „Hallo, ihr Fast-Loser!“, begann er seine Ansprache. „Da habt ihr ja soeben noch mal Glück gehabt, dass das Spiel nicht noch 5 Minuten länger gedauert hat!“

      Dies stimmte so nicht und das wussten alle Spieler der beiden Mannschaften. Die 9a hatte mit Glück den Vorsprung so gerade noch ins Ziel retten können. Fünf Minuten länger und sie hätten verloren … haben sie aber nicht.

      Es kamen überraschenderweise keine mürrischen Wiederworte von der 'B'. Seine einleitenden Worte kamen wohl doch nicht so lustig rüber, wie er gedacht hatte. Daher änderte Christian seine Ansprache spontan ab.

      „Ist Michaela Scholz noch anwesend?!“, fragte er mit ruhiger und betont emotionsloser Stimme.

      Nun ging doch ein Raunen durch den Raum. Einzelne Spieler wurden nur bei einer besonders herausragenden Leistung erwähnt. Michaela hat heute jedoch bei weitem nicht ihr - auch nur normales - Potential abgerufen.

      „Ja, ist sie“, erklang es leise aus einem Monitor in der linken hinteren Ecke.

      „Danke!“, begann Christian und machte eine kleine Pause: „Nicht für den Punkt, den wir heute bekommen haben, sondern dafür, dass du ein Vorbild für alle bist! Ich meine, du hättest allen Grund gehabt, heute nicht dabei zu sein. Niemand wäre dir böse gewesen, jeder hätte es verstanden! Aber … du lässt Dein Team nicht im Stich! Die gesamte Klasse 9a gratuliert der 9b zu diesem unglaublichen Spieler. Wir alle sind unglaublich stolz auf dich! Heute ist kein Tag zum Feiern, aber ein Tag der in Erinnerung bleiben wird. Heute war der Tag von Michaela Scholz, der besten Torwartin, den diese Schule bisher gesehen hat, wenn es nach mir geht!“

      Auch in diesem Raum war es nun ruhig geworden. Christian erschrak ein wenig, hatte er etwas Falsches gesagt?

      Dann aber wurde ihm klar, dass jeder, wirklich jeder mit dem innegehalten hatte, was er gerade tat und ihm zu hörte. Schließlich sagte er noch: „Danke, mehr habe ich nicht zu sagen.“

      Der Jubel war unbeschreiblich. Fast alle klatschten. Michaela nicht, sie schickte ihm eine persönliche Nachricht: „Danke, du bist wundervoll. Aber bitte habe Verständnis, dass ich mich nun um meine Familie kümmern muss. Wir hören und lesen voneinander.“

      Zum Mittagessen traf Christian einen sehr stolzen Vater. „Christian, das war echt groß. Eine tolle Kabinenansprache. Ich bin sehr stolz auf dich!“, sagte er ihm, nachdem er die Tomatensuppe gegessen hatte, noch bevor Marie mit dem Hauptgang aus der Küche kam. Es war für Christian selbstverständlich, dass er virtuell mit am Tisch saß, auch wenn er selbst nicht essen konnte. Er hatte die Tischmanieren von seinen ursprünglichen Eltern gelernt. Sehr viel aus seinem alten Leben war jedoch nicht mehr in seinen digitalen Erinnerungen enthalten. So sehr er auch versuchte,

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