Zwielicht Classic 13. Michael Schmidt

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Zwielicht Classic 13 - Michael Schmidt

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dass es ihm gut ging. Auch wenn es bedeutete, dass sie selbst phantasiert hatte …egal! Hauptsache, der vermeintliche Fluch erwies sich als Einbildung. Sie starrte auf die Uhr. Jetzt müsste Joscha längst im Hotel sein. Zum hundertsten Mal faltete sie aus einem Werbeflyer ein Papierschiff und zupfte es wieder auseinander. Hinter ihren Schläfen pochte es.

      Endlich läutete das Telefon.

      „Schatz? Ist alles in Ordnung?“, rief Gundi.

      Am anderen Ende der Leitung war nur ein Schnaufen zu hören.

      „Schatz?“

      „Tut mir leid, dass ich mich nicht früher gemeldet habe. Aber hier spinnen alle – im wahrsten Sinne des Wortes!“ Joscha lachte, doch es klang ausgesprochen gequält. „Stell dir vor, als ich in mein Zimmer kam, hockte genau so ein Monster wie Frau Birger auf dem Bett. Ein Riesenvieh mit orange-schwarzen Beinen … unglaublich! Ich hab natürlich sofort an der Rezeption Bescheid gesagt. Alle taten tief betroffen und gingen mit mir auf Spinnenjagd. Die ganze Bude haben wir umgekrempelt – erfolglos. Der Portier meinte, wahrscheinlich hätte das Tier sich inzwischen unter der Tür durchgezwängt.“ Joscha hustete. „Danach stand erst mal ein Begrüßungsdrink in der Lounge auf dem Programm. Kaum war ich anschließend im Zimmer, tauchte das Biest erneut auf. Diesmal lauerte es im Schrank. Ich also noch mal runter zur Rezeption und das Spiel ging von vorn los. Die Spinne haben wir nicht gefunden. Der Portier schaute mich an, als hätte ich einen an der Waffel. Zumindest durfte ich in ein anderes Zimmer umziehen. Aber rate mal, was dort plötzlich aus dem Bad geschossen kam und unter meinem Nachttisch verschwand. Ehrlich, es ist zum Verrücktwerden, ich … ich …“ Joscha rang nach Luft.

      „Bleib ruhig, Schatz.“ Gundi versuchte krampfhaft das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. Mit schweißnassen Händen umklammerte sie das Telefon. Ihre Gedanken rasten. „Hast du schon Herrn Späh von der Spinnenplage erzählt?“ Mit etwas Glück würde Joschas Chef annehmen, dass ihr Mann halluzinierte, und ihn früher nach Hause schicken. Herr Späh legte so viel Wert auf einen gediegenen Außenauftritt, da konnte er einen Mitarbeiter am Rand des Nervenbruchs gewiss nicht gebrauchen!

      „Klar. Aber er will, dass ich kein großes Aufheben darum mache.“ Joscha keuchte jetzt. „Er vermutet, dass irgendwelche Zimmerjungen mir einen Streich spielen. Und weil der Hotelbesitzer ein guter Kunde von ihm ist, möchte er keinen Ärger.“ Ein neuer Hustenanfall schüttelte Joscha. „Aber wie ich das durchstehen soll … ständig damit rechnen, dass mir das Höllentier über die Füße flitzt … oder dass es nachts über mein Gesicht krabbelt, während ich schlafe …“

      „Joscha!“ Gundi konnte nichts dagegen tun, dass sie kreischte. Ihr Herz hämmerte, als wolle es jeden Augenblick den Brustkorb sprengen. „Du gehst sofort zu Herrn Späh und sagst ihm, dass du unter diesen Bedingungen keine fünf Minuten bleibst. Er soll dir noch heute einen Rückflug organisieren. Verstanden?“

      Ja, sollte Herr Späh doch toben, sollte er Joscha feuern! Das spielte jetzt keine Rolle. „Hast du wenigstens deine Bluthochdruckmedikamente genommen?“

      „Wann denn? Erst der Flug, dann sofort der Empfang, zwischendurch das Hin und her wegen der Spinne …. Aber … warte! Da drüben ist sie! Wenn ich sie jetzt erwische, dann … dann …“

      „Joscha!“ Gundi brüllte aus Leibeskräften. „Nicht! Dein Bluthochdruck …“

      Irgendetwas polterte. Ein Röcheln war zu hören, das in ein wimmerndes Krächzen überging. Dann Stille.

      „Joscha?“ Gundi schluchzte. „Joscha?“

      Niemand antwortete.

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