Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Das Erbe der Ax´lán - Hans Nordländer страница 19
„Ich hoffe nur, dass sie sich später nicht auch auflösen“, sagte Meneas.
„Keine Sorge, das habe ich noch nicht erlebt“, erklärte Tjerulf.
„Könnten sie vergiftet sein?“, fragte Erest.
Wie Meneas die Lichtschwerter, so waren ihm die Geisterschwerter unheimlich. Aber Tjerulf versuchte, ihn zu beruhigen.
„Nein, ich glaube nicht. Zumindest kann ich mich an keines erinnern, das vergiftet war und ich habe bereits einige kennengelernt. Trotzdem kann es nicht schaden, wenn Meneas die Klinge in dem Teich dahinten reinigt.“
„Was ist jetzt?“, fragte Valea. „Gehen wir ihre Pferde suchen?“
„Das wird wenig Sinn haben“, meinte Tjerulf. „Für gewöhnlich sind die Reitpferde dieser Geister von der gleichen Art wie ihre Reiter, nämlich auch Geister. Ihre Körper lösen sich ebenfalls bald auf, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Wir werden kaum noch etwas von ihnen finden.“
„Na gut, aber vielleicht gibt es noch mehr von den Geister-Kriegern. Mir wäre wohler, wenn wir feststellen könnten, ob diese hier die Einzigen waren.“
Da war Tjerulf ziemlich sicher, aber sie hatten Zeit und vielleicht fanden sie etwas über ihren geheimnisvollen Beschützer heraus, obwohl das genauso unwahrscheinlich war. Trotzdem stimmte Tjerulf zu.
Alle bis auf Meneas schwärmten aus. Es regnete immer noch und ihre Suche verlief eher lustlos und führte sie auch nicht weit von ihrem Lager weg. Wie Tjerulf vermutet hatte, blieb sie auch erfolglos. Schließlich brachen sie die Suche ab, denn noch mehr Zeit zu verlieren, erschien ihnen sinnlos.
Meneas war allein zu dem kleinen Tümpel gegangen, der sich nicht fern von ihrem Nachtlager befand. Es war ein guter Vorschlag von Tjerulf gewesen, die Klinge abzuwaschen. Wer wusste schon, wer noch Opfer dieser Waffe geworden war. Er kniete ans Ufer und tauchte das Schwert unter Wasser. Vorsichtig und bemüht, sich nicht zu schneiden, fuhren seine Finger auf der flachen Seite der Klinge auf und ab, als Meneas spürte, wie sich seine Umgebung eigentümlich veränderte.
Die Oberfläche des Tümpels, die kurz vorher noch durch den Regen ein Mosaik zahlloser kleiner Ringe war, lag plötzlich vollkommen glatt und wie eingefroren vor ihm. Meneas konnte ungehindert bis auf den Grund sehen. Ein kleiner Fisch huschte bedenklich nahe an der scharfen Klinge vorbei. Meneas Bewegungen erstarben. Entweder der Regen hatte tatsächlich so unmittelbar aufgehört, oder er spürte ihn nicht mehr. Eine Stille, so vollkommen wie unerwartet und ungewöhnlich, umhüllte ihn.
Von einem Augenblick zum anderen veränderte sich die Wasseroberfläche und ein altes, bärtiges Gesicht erschien. Meneas kannte es. Es war markant und er hatte es bereits zweimal gesehen. Das erste Mal in der Leuchtblase der Zóex-Büchse im »Schwarzkittel« und das zweite Mal an dem Abend, als Gnum die Zóex-Büchse an sich genommen hatte. Es war das Gesicht Alben Surs, des Anführers vom Orden des Enkhór-mûl. Meneas war so erschrocken, dass er sich nicht rühren konnte. Dann hörte er eindringliche Worte, nicht in seinen Ohren, sondern in seinem Inneren, und Alben Surs Lippen bewegten sich nicht.
„Meneas, höre auf diese Warnung. Beende die Suche nach dem Kristall. Du weißt nicht, was geschieht, wenn er zusammengesetzt wird. Er wurde nicht ohne Grund zerstört und vor allem nicht aus dem Grund, den dir die Sinaraner nannten. Widersetze dich uns nicht. Siehe, was durch den Kristall geschehen wird.“
Nun wurde Meneas eine Reihe von Bildern geschickt, die ihn mit großer Bestürzung erfüllten. Mit einem Aufschrei stieß er sich vom Ufer des Tümpels weg und fiel rücklings auf das Gras. Er konnte sich gerade noch mit den Armen abstützen. Wie von einer fremdartigen Kraft gewirkt, fiel sein Blick nach rechts. Dort stand Tjerulf, wortlos, ihn beobachtend und unterschwellig bedrohlich, nur wenige Schritte von ihm entfernt vor einem Strauch. Meneas riss seinen Blick los und drehte seinen Kopf nach vorn.
Am gegenüberliegenden Ufer stand Durhad, wie versteinert mit dem bewegungslosen Fintas auf seiner Schulter. Trywfyn?, dachte Meneas und fand ihn links von sich. Genauso stumm, bewegungslos und bedrohlich wie die anderen. Meneas schloss die Augen. Was hatte das zu bedeuten? Sollten sie die Wirkung von Alben Surs Worten unterstützen? Sollte er glauben, dass sie Spione des Ordens waren? Und versuchte er auf diese Weise, einen Keil zwischen sie zu treiben?
Plötzlich setzte der Regen wieder ein. Meneas spürte ihn auf seinem Hut und hörte ihn plätschern. Als er seine Augen öffnete, waren Tjerulf, Trywfyn und Durhad verschwunden. Schnell fischte Meneas das Schwert aus dem Wasser und verließ den Tümpel. Er spürte seinen immer noch unnatürlich heftigen Atem und es dauerte einige Zeit, bis er sich wieder beruhigt hatte.
Als er bei ihrem Lagerplatz ankam, waren die anderen von ihrer Suche nach Erklärungen für das nächtliche Geschehen noch nicht zurückgekehrt. Meneas ging zu einem nahen Felsbrocken und setzte sich. Dort wollte er auf die anderen warten. Nachdenklich zog er das schwarze Schwert aus der Schwerttasche und legte es auf seine Oberschenkel. Ohne sich die Waffe wirklich anzuschauen, dachte er über das nach, was er eben erlebt hatte.
Meneas war davon überzeugt, dass nichts davon wirklich gewesen war, sondern sich alles in seinem Vorstellungsvermögen abgespielt hatte. Weder die Regenpause hatte stattgefunden noch hatten seine drei - Freunde(?) - dagestanden und ihn angestarrt. Vielleicht der Fisch. Der mochte tatsächlich dagewesen sein. Und das Gesicht Alben Surs. So etwas hatte Meneas noch nie erlebt. Es war sein erstes Gesicht, seine erste Vision in seinem Leben, und sie zeigte ihm eine klare Botschaft, zumindest teilweise, denn er hatte nicht den Grund dafür erfahren, warum der Kristall den Sinaranern abgenommen worden war. Aber immer noch stand das schreckliche Bild vor seinen Augen von dem, was geschah - geschehen würde - falls sie den Kristall wieder zusammensetzten. War der Diebstahl des Chrysalkristalles möglicherweise doch mehr als ein einfacher Diebstahl, um sich vor den Sinaranern zu schützen?
Als Erste kehrten Erest, Idomanê und Freno wieder zurück. Kurze Zeit später kamen auch die anderen. Als Meneas Tjerulf, Durhad und Trywfyn sah, spürte er ein leichtes Prickeln im Nacken. Für gewöhnlich war das ein Anzeichen aufkeimender Gefahr. Jetzt mochte es auch eine unbewusste Reaktion seines Körpers auf die geschauten Bilder sein. Meneas wusste sehr wohl, dass die drei sich bisher ausnahmslos als zuverlässige Freunde erwiesen hatten und es fiel ihm schwer zu glauben, dass alles nur ein Theaterspiel sein sollte. Und wie verhielt es sich mit Solvyn, von der die ganze Zeit keine Spur zu erkennen war? Meneas entschloss sich, die Geschichte für sich zu behalten, aber die Reise mit wachen Augen auf Tjerulf und seine Freunde fortzusetzen. Er war nicht immer sehr gut darin, seine Gedanken zu verbergen und hoffte, dass die drei nichts von seinen Überlegungen spürten. Er stand auf und ging den anderen entgegen.
„Und?“, fragte er.
„Nichts. Nicht einmal Fährten,“ erwiderte Erest.
„Dann sollten wir weiterreiten, sonst ist es Mittag und wir sind immer noch hier“, meinte Tjerulf.
Meneas´ Blick folgte Tjerulf, als er ging, um seine Sachen auf sein und eines der Packpferde zu verladen. Er glaubte, etwas bisher Unbekanntes in dessen Stimme gehört zu haben, aber dann schalt er sich einen Narren. Jetzt kriege nicht noch Wahnvorstellungen, dachte er. Tjerulf hatte ja mit allem Recht, was er gesagt hatte, und Meneas musste sich hüten, unter dem Eindruck seiner Vision seinem - immer noch - Freund gegenüber ungerecht zu werden.
Ein schmaler Pfad, der sich an einem bewaldeten Hügel vorbei schlängelte, führte zurück zur Straße. Als sie dort ankamen, waren weder in der einen noch in der anderen Richtung Reisende zu erblicken. So weit sie sehen konnten, war die Straße leer. Tjerulf und Meneas übernahmen wieder die Spitze des kleinen Zuges,