Elbland. Elmar Zinke

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Elbland - Elmar Zinke

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Hof, pausierte vor zwei Soldaten, die ausgestreckte Hand wies in Richtung Werkstatt.

      „Wie lange dauert Dein Genesungsurlaub noch?“, wandte sich Schulze gelassen an Egon Wagner.

      „Gut eine Woche.“

      „Die Schusswunde, hindert sie noch?“

      „Nein, alles bestens“, entwich Egon Wagner fahrig. „Alles ist gut verheilt. Die zwei Monate auf dem Hof wirkten Wunder.“

      „Geht es zurück nach Frankreich? Helden wie Dich braucht allerdings mehr die Ostfront.“

      Die Worte entlockten dem Anderen ein notdürftiges Lächeln: „Ich erwarte den Marschbefehl jeden Tag. Allerdings…“

      Er unterbrach sich durch das Erscheinen eines Soldaten im vorgerückten Alter und passungenauem Stahlhelm.

      Der Untergebene bezeugte militärische Haltung, sagte überlaut: „Nichts gefunden, Herr Oberleutnant. Allerdings ist im Quergebäude eine Tür zugesperrt.“

      Schulze blickte ungelenk zu Egon Wagner.

      „Kein Problem“, sagte Egon Wagner rasch. „Das ist mein eigenes kleines Reich. Nur ich habe Zutritt.“

      „Dann machen wir Zwei uns auf den Weg“, wandte sich Schulze Egon Wagner zu, dem Soldat befahl er streng: „Alle Aufsitzen!“.

      Schulze nahm Egon Wagner schulterumarmend ins Schlepptau, Grete reichte ihrem Mann eine wärmende Jacke. Vor der Tür wartete ein Tag mit vorteilhaft klassischen Wintereigenschaften, unterwegs verrichtete Egon Wagner Gebete, wenige Meter vor dem Eingang zur Werkstatt klatschte er einen Handballen an die Stirn.

      Fast schreiend rief er: „Oh Gott, der Schlüssel. Er liegt in der Schlafstube. Bin gleich zurück.“

      Egon Wagner eilte mit angewinkelten Armen über den Hof, Schulze zündete sich seelenruhig eine Zigarette an. Grete beobachtete das Geschehen am Küchenfenster. Minuten später betraten beide Männer die Werkstatt, das Tageslicht erhellte den Raum bis in die letzten Winkel. Schulzes Gesicht wirkte entspannt, der Matratze schenkte er mäßig Beachtung, alsbald widmete er sich den sorgsam aneinander gereihten Holzteilen auf der Werkbank.

      „Was ist es, wenn es fertig wird?“, fragte er wissbegierig.

      „Eine … Babywiege“, druckste Egon Wagner.

      „Oh“, jubelte Schulze. „Grete lebt in froher Erwartung. Der Egon, was für ein Held. Traf wahrscheinlich gleich in der ersten Nacht ins Schwarze. Heil Hitler, in Frankreich kommt ein deutscher Soldat nicht aus der Übung.“

      „Neinnein, noch steht nichts fest. Aber vielleicht… Grete weiß nichts von der Wiege. Ein Abschiedsgeschenk… Deshalb schließe ich die Tür ab.“

      „Verstehe, eine Überraschung. Nährst außerdem in ihr nicht unnötig Hoffnungen und Sehnsüchte. Vielleicht klappt es erst nach dem Endsieg“, sagte Schulze im freundschaftlichen Ton, begutachtete einzelne Holzteile. „Hast Du alles beisammen?“

      „Ich denke schon.“

      Ein Geräusch ertönte, Egon Wagner zuckte zusammen. Nach einer Schrecksekunde gab Schulze Entwarnung, zur Geräuschursache erklärte er das Klappern der Fenster im schadhaften Holzkitt infolge einer Windböe.

      „Räder täten der Überraschung gut“, sagte Schulze.

      „Das stimmt. Zur Not geht es auch ohne sie.“

      Schulze spitzte den Mund, taxierte mit einem Blick die Größe des Schrankes, sagte: „Die Pflicht ruft, Egon. Womöglich kriege ich das Polenpack am Fluss zu fassen. Die denken am Ende die Torheit, dass das Eis sie trägt.“

      Egon Wagner begleitete Schulze bis zum Hofeingang, das Fahrzeug wartete mit laufendem Motor. Jeder Mann drückte die Hand des Anderen wie eine Kampfansage, mit dem Aufheulen des Lkw-Motors und der Wegfahrgeräusche setzte Egon Wagners Erlösung ein. Im Hof lehnte er minutenlang an der Wohnhauswand, erlag mit geschlossenen Augen dem Rausch im Körper. Im Kopf sprossen Bilder von den unerwartet heftigen Gefechten an der griechischen Metaxalinie, die er mit einem Durchschuss am Oberarm überstand.

      Nach dem Abendessen begründete Egon Wagner den Gang in die Werkstatt mit notwendigen Reparaturen vielerlei Art. Seine Manteltaschen bargen Brot, ein fingerlanges Stück Rotwurst und eine Bierflasche, in der Werkstatt riegelte er die Tür ab, sämtliche Fenster zum Hof nagelte er mit Papiersäcken zu.

      „Simon, die Luft ist rein“, sagte Egon Wagner im Flüsterton.

      Im Schrank herrschte Totenstille, Egon Wagner befiel eine dunkle Ahnung. Er riss die Schranktür auf, fand den Polen in einer unbequemen Sitzhaltung und einer andächtigen Gesamtstellung vor. Mit dem Augenöffnen hielt in Oppenheim eine Heiterkeit des Gemütes Einzug.

      „Im Leben zählt jeder Tag in Freiheit ein Vielfaches gegenüber der Knechtschaft.“

      „Iss etwas.“

      Oppenheim entstieg dem Schrank mit Geschick, führte Leibesübungen des Dehnens und Streckens aus, begab sich zu Egon Wagner, der seine Mitbringsel auf der Werkbank ablegte.

      Oppenheim biss kräftig in die geräucherte Blutwurst, verrichtete einige Kniebeugen, sagte kauend: „Mich plagte große Angst, dass mich mein Magen durch Knurren verrät.“

      „Warst Du die ganze Zeit im Schrank?“

      „Erst seit ich Stimmen dicht am Fenster hörte. Beim Verstecken gab es Probleme, die Schranktür ging immer wieder auf. Ohne Dein nochmaliges Gehen ins Haus …“

      Oppenheim legte einen Zeigefinger an den Hals, riss ihn zur Seite.

      „Lass Dir alles schmecken.“

      Oppenheim aß und trank mit Hingabe, Egon Wagner schaute zu, empfand Freude wie über die Esslust eines Kleinkindes.

      „Was wird das?“, fragte Oppenheim, zeigte auf die Holzteile neben sich.

      „Eine Babywiege, die mir nicht recht gelingt“, klagte Egon Wagner stirnrunzelnd, hob die Hände. „Es grüßen zwei linke Hände.“

      Oppenheim beäugte alles Herumliegende im Raum, sagte: „Ich sehe fast alles, was eine schöne Babywiege ausmacht. Wenn Du ja sagst, steht ein gutes Stück bald fertig vor Deinen Augen.“

      Egon Wagner hielt seine Überlegung nicht lange zurück: „Mein Urlaub geht noch bis Sonntag in einer Woche. Bleib bis dahin. Ich denke, mein Schulkamerad erspart uns bis dahin seine Wiederkehr. Morgen bringe ich Dir warme Kleidung mit.“

      „Du bist ein guter Mensch. Überlebe ich, erzähle ich den Siegern unsere gemeinsame Geschichte. Und jetzt gehe ich ans Werk.“

      „Niemand hier weiß von Deiner Gegenwart und dabei bleibt es“, mahnte der Andere mit erhobenem Zeigefinger. „In meiner Abwesenheit arbeitest Du nur bei Tageslicht und Geräusche entstehen bitte nur in meiner Gegenwart.“

      Als vorbeugende Sicherheitsmaßnahme für die nächsten Stunden einigten sich beide Männer auf ein Schweigen ohne Ausnahmeregelung. Oppenheim sägte, hobelte, schraubte und feilte in gewöhnungsbedürftiger Langsamkeit, jeder Handgriff kündete von meisterlichem Geschick, sein

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