Elbland. Elmar Zinke
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In der restwarmen Küche stieß Egon Wagner auf Lisbeth, die am Tisch ihre klein geratenen Beine in Nylonstrümpfen übereinander winkelte. Sie trank selbstgemachten Apfelwein, rauchte eine Zigarette. Der Ausschnitt des leichten Kleides mit fröhlichen Blumenmustern und ohne Knielänge gestattete tiefe Einblicke zu den schweren Brüsten, die Füße steckten in roten Schuhen. Sie walzte ihre frisch feuerrot geschminkten Lippen aufeinander, tupfte auf ihrem ungleichmäßig gelockten und gewellten Haar herum, blies ihm den Qualm eines tiefen Zuges herausfordernd ins Gesicht.
„Egon, mein liebster, weil einziger Schwager. In der Werkstatt brennt Licht. Endlich errätst Du meine Gedanken.“
Er setzte lange Schritte zum Vorratsschrank, zögerte Augenblicke, fischte inmitten der Gläser mit selbst eingeweckten Früchten und mit mehreren Wurstsorten sowie einiger Apfelweinflaschen eine Flasche Bier mit Bügel heraus.
„Wieso schläfst Du nicht längst?“, fragte er gequält.
„Ich bin schön für Dich“, sagte sie aufreizend. „Oder bin ich nicht schön?“
„Doch, das bist Du zweifellos.“
Sie löste die Beine voneinander, spreizte sie weit auseinander, das Kleid rutschte über die Oberschenkel.
„Von mir aus geht es sofort los“, brachte sie ihr Verlangen hemmungslos zum Ausdruck. „Schenk mir Deinen Heldenschwanz und ich schenke Dir meine feuchtfröhliche Möse.“
„Ich liebe meine Frau“, entwich sein fortgesetztes Schamgefühl.
„Das weiß ich, Egon. Aber Du besitzt die Manneskraft für zwei Frauen. Denk an die Ostfront ab nächster Woche. Da macht höchstens sibirische Kälte aus Deinem Schwanz einen Knüppel. Also ficke lieber auf Vorrat. Hier? Oder lieber in der Werkstatt?“
Sie erhob sich, ein strahlendes Lächeln begleitete ihre Rückkehr vom Küchenfenster.
„Den Schlüssel zur Tür der Werkstatt verwahrst allein Du, die zugeklebten Fenster schützen vor dem Verrat, eine geeignete Unterlage zum Flachlegen sah ich unlängst, als die Tür zufällig einmal offenstand. Insofern lockt ein Liebesnest ohne Fehl und Tadel. Wie für uns erschaffen. Und falls es an Wärme fehlt, wie verrückt einheizen, Herr Soldat, tun wir uns gegenseitig.“
„Ich begehre nicht die Frau meines Bruders.“
„Dein Bruder ist ein Krüppel“, giftete sie jählings. „Früher ein Langweiler, heute eine grausige Zumutung. Weißt Du, wie ich fühle, wenn ich beim Ficken an seinen Beinstumpf anecke? Mehr Teufelei erwartet uns bloß, wenn der Russe in der Tür steht."
„Er ist mein Bruder und ich liebe ihn“, begehrte er auf.
„Dein Bruder“, schniefte sie. „In seinem Schädel lebt nur noch der Führer und aus seinem Schwanz fließt nur noch Pisse.“
"Ich gehe zurück in die Werkstatt und Du ins Bett“, sagte er in geradliniger Strenge. „Mein letztes Wort.“
Lisbeth leerte ihr Glas, schenkte sich nach, trank es ohne Unterbrechung aus. Schnurstracks steuerte sie auf ihn zu, drückte ihm in der Umklammerung die Luft ab. Sie packte seinen Penis, der tatenlos in der Hose ruhte. Im Zurückfallenlassen landete sie auf dem Stuhl, er klatschte auf ihre Oberschenkel, die Auflösung der misslichen Körperverbindung glückte erst durch derbe Griffe an ihre Schulter.
Ihr Blick härtete sich ins Feindselige: „Was mag wohl in der Werkstatt so interessant und wichtig sein, dass mein Schwager dort mehr Zeit verbringt als am Kamin mit seiner Familie“.
Egon Wagner schnippte den Bierbügel auf, schlürfte den ausströmenden Schaum ab.
Lisbeth lachte mit kalter Wut: „Dort versteckt sich der Teufel“.
Die Tür zur Werkstatt riegelte er sofort hinter sich ab, horchte eine Weile auf verräterische Laute hinter der Wand. Oppenheim schlief im verschlissenen Ohrensessel, sandte piepende Töne aus. Egon Wagner breitete die Pferdedecke über ihn, stellte die Bierflasche auf der Werkbank direkt neben die halbfertige Babywiege. Mit dem Löschen des Lichtes und der Rückkehr ins Wohnhaus wartete er eine halbe Stunde, Oppenheims mehrmalige Stöhnschreie förderten Egon Wagners Angst.
Am Tag vor seinem Einberufungsbefehl an die Ostfront mistete Egon Wagner am Vormittag die Kühe vollständig aus. Er sorgte für Vorrat, indem er zwei Wände des Stalles hoch mit Strohballen stapelte, im Anschluss half er Grete und Lisbeth in der Herstellung von Butter und Käse. Die Gespräche kreisten um die Eisverdickung des Flusses, die Nachricht von zwei Gefallenen im Dorf, die stark schwindenden Vorräte an Heizmaterial. Als sie Egon Wagners Rückkehr an die Front anschnitten, schossen aus Grete jene Tränen, die sie bis dahin mühsam unterdrückte. Egon Wagners Umarmung seiner Frau kündete von ungelenker Leidenschaft.
Das Türklopfen trennte die Körper, alle Gesichter im Raum sahen sich sprachlos an. Egon Wagner eiste sich aus der Erstarrung los, Schulzes Gegenwart an der Haustür löste Herzstiche aus.
„Die Hoftür stand sperrangelweit offen“, gab sich Schulze arglos.
„Wahrlich, nicht gut in diesen Zeiten.“
„Ich komme nicht mit leeren Händen“, flüsterte Schulze in Egon Wagners Ohr. „Ich bringe Räder für Deine Babywiege. Vom Gefährt für die Kinder meiner Schwester, das jetzt auf dem Dachboden Staub fängt.“
Schulze griff den abgelegten Rucksack neben der Haustür auf, schulterte ihn wie ein Gewehr.
„Wie schön“, quälte Egon Wagner hervor. „Ich schaffe sie gleich in die Werkstatt, Grete verblüffe ich am Abend.“
„Gönne mir einen kurzen Blick auf Deine Schöpfung. Ich bin gespannt.“
Egon Wagner impfte sich Abgeklärtheit im Menschenmöglichen ein, wahrte die Lichtarmut in der Werkstatt.
Die vier Holzräder und die beiden Achsen packte Schulze neben die fertige Babywiege, lobte überschwänglich: „Ehrlich gesagt, das habe ich Dir nicht zugetraut. Was für ein Meisterwerk. Sogar an ein himmlisches Dach wurde gedacht. Hoffentlich lindert das Geschenk wenigstens ein bisschen den Abschiedsschmerz.“
„Das hoffe ich auch.“
„Aber wieso hütest Du das Geschenk nicht vor Gretes Augen? Der Schrank zum Beispiel empfiehlt sich als Versteck.“
„Grete…“
Egon Wagners Stimme versagte ihren Dienst, Schulze wählte den direkten Weg zum Schrank. Die zeitlupenhafte Drehbewegung des Türschlüssels quälte Egon Wagner, in furchtsamer Kauerstellung gelangte Oppenheim zum Vorschein.
„Für die Babywiege reicht der Platz nicht mehr aus“, wahrte Schulze die Fassung, verriegelte die Tür.
„Ich…“
Egon Wagner fand auch nach mehreren Anläufen keinen Zugang zu einem vollständigen Satz.
„Wo kommt der Polack nicht abhanden?“
„Im Keller für die Kartoffeln und die Futterrüben“, stammelte Egon Wagner nach fieberhafter Überlegung. „Die Tür kriegt niemand von innen auf.“
Egon Wagner führte