Fate of Whisky. Joachim Koller
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Читать онлайн книгу Fate of Whisky - Joachim Koller страница 11
»Wir waren jung und voller Träume.«
»Und geblendet von einer amerikanischen Teenie-Serie. Aber Talisker ist eine gute Wahl. Er wird auf Skye hergestellt, der einzige Whisky, der auf der Insel produziert wird. Eine sehr rauchig schmeckende Sorte, sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Ich persönlich mag eher die Varianten aus Speyside, zum Beispiel den weltberühmten Glenfiddich.«
»Egal welcher, ich würde jetzt gerne einen trinken. Nur zum Aufwärmen.« Niko rieb über seine Arme und immer wieder seine Nase.
Sie erreichten den Waldrand und traten auf eine dichte grüne Wiese. Das Gras war mindestens zehn Zentimeter hoch, der Boden lehmig und derart durchnässt, dass sie bei jedem Schritt mehrere Zentimeter einsanken. Dazu kam der Regen, der nun ohne den Schutz der Bäume auf sie niederging. Waren es bisher nur wenige Tropfen gewesen, wurden sie nun mit Wasser regelrecht übergossen.
»Man sagt in Schottland: Der Regen von heute ist der Whisky von morgen«, versuchte Alison, ihre triste Stimmung aufzulockern.
Das freie Wiesenstück war nicht sonderlich groß, nach dreihundert Metern gelangten sie wieder in den Schutz eines dichten Waldes. Der Bachverlauf neben ihnen war inzwischen zu einem breiten Flussbett angewachsen.
»Wir gehen immer noch in Richtung Südwest«, sagte Niko emotionslos. Er versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen, was ihm aber nicht gelang. Die Erinnerungen an seine Jugend und sein ungewollter Flug machten ihm zu schaffen. Dazu zerrten Kälte und Nässe an seinen Kräften.
»Was habt ihr denn sonst unternommen, wenn du nie zu ihr konntest und bei dir die Wohnung zu klein war?«
»Was?«, schreckte Niko aus seinen Gedanken hoch.
»Wenn du nicht zu deiner Freundin konntest, was habt ihr dann unternommen? So wie du erzählt hast, dürftet ihr ziemlich unzertrennlich gewesen sein.«
»Ja, das waren wir.«
Niko überlegte, ob er weiterhin über diese alten Geschichten nachdenken wollte.
Was soll´s. Es lenkt wenigstens etwas von der Situation hier ab, entschied er. »Wir sind gern ins Kino gegangen. Es gab einige gute Filme 1993. Täglich grüßt das Murmeltier, Last Action Hero ...« »Sollte ich die kennen?« »Einen kennst du sicher. Den ersten Teil einer Kinoserie, die Geschichte geschrieben hat.« »Star Wars?« »So alt bin ich nun auch wieder nicht. Nein, Jurassic Park.« »Ja, den kenne ich. Ein guter Film, tolle Effekte, spannend.« »Genau. So spannend, dass wir tatsächlich den ganzen Film im Kino gesehen haben, ohne Ablenkung.« »Süß«, meinte Alison grinsend. Niko erzählte weiter, wie sie bei den Spezialeffekten im Kino große Augen machten, da diese im Vergleich zur heutigen Computertechnik vollkommen neu waren. »Damals musste man die Dinosaurier zum Teil noch wirklich bauen.« »Aber wohl kaum in Originalgröße?«, meinte Alison. Niko sah zu ihr und erkannte, wie auch ihr die Kälte zu schaffen machte. Im Gegensatz zu ihm hatte sie wenigstens eine dünne Jacke, die ihr aber nur minimalen Schutz bot. Inzwischen waren auch seine Schuhe vollständig durchnässt, bei jedem Schritt spürte er das kalte Wasser zwischen seinen Zehen. Kurz darauf verließen sie erneut den Wald. Niko rechnete damit, erneut über eine Wiese zum nächsten Waldstück wandern zu müssen. »Mechty me!« Alisons freudiger Aufschrei ließ ihn seine Kapuze heben. »Wie bitte?« »Mechty me, oder für Dich: Oh mein Gott! Wir sind wieder in der Zivilisation!« Niko folgte ihrem Blick und erkannte, was Alison so glücklich stimmte. »Ein Dorf, bin ich ...« »Ich glaube ich weiß, wo wir sind. So weit sind wir gar nicht weggetragen worden«, fiel sie ihm ins Wort und beschleunigte ihren Gang. Nur wenige Meter vor ihnen war ein niedriger Stacheldrahtzaun, der die dahinterliegenden Bahngleise vom Wald trennte. Dahinter führte eine weitläufige abfallende Wiese zu einem Dorf. Ein Dutzend Einfamilienhäuser, eine Tankstelle und ein paar größere Gebäude, die durch den dichten Regen schemenhaft zu erkennen waren. Die Entdeckung gab auch Niko neue Kraft. »Unser Whisky wartet schon auf uns«, sagte er und zog ein Stück der Fallschirmplane aus seinem Rucksack. Mehrmals zusammengefaltet bot sie genug Schutz, um den Stacheldraht zu überqueren. Der Hügel zur Ortschaft diente an anderen Tagen Kühen als Weidefläche. Davon zeugten Kuhfladen und sichtbare Grundstücksabgrenzungen aus Büschen und Holzpflöcken. An jedem anderen Tag hätte Niko die Landschaft genossen, das saftige Grün mitsamt dem Bach, der sich über mehrere kleine Wasserfälle hinab zog. Im Moment hatte er nur eines im Sinn. So ein kleiner Ort hat hoffentlich irgendeine Übernachtungsmöglichkeit. Eine Dusche und ein Bett. Und etwas zu Essen und Trinken.Die Wiese endete für Alison und Niko an einem Spielplatz. Niko war noch nie so froh, wieder Asphalt unter seinen Füßen zu spüren. Selbst das Geräusch von Fahrzeugen, die durch den Ort fuhren, sorgte für gute Stimmung bei ihm. Sie gelangten auf die Hauptstraße, die einzige größere Straße im Ort. Neben der Straße stand eine Lore, gefüllt mit Blumen und der Aufschrift ›Welcome to the Tyndrum Inn‹. »Tyndrum. Dann lag ich richtig mit meiner Vermutung.« Alison war die Erleichterung deutlich anzuhören. »Früher war Tyndrum ein Bergwerksdorf. Hier wurde sogar Gold abgebaut. Damals war ...« »Nicht jetzt«, unterbrach Niko und deutete auf den Eingang des Gasthauses, »Wir brauchen ein Zimmer.« Die Dame hinter dem Tisch der Rezeption wirkte nicht sonderlich verwundert, als sie das völlig erschöpfte, durchnässte Paar empfing. Sie wird sich denken, das haben diese Halbschuh-Touristen davon, wenn sie das schottische Wetter unterschätzen, dachte Niko. Alison buchte ein Doppelzimmer für eine Nacht und fragte nach einer Möglichkeit zum Essen. »Unsere Küche hat bis vierzehn Uhr geöffnet, die Bar durchgehend.« »Dann hole ich uns zuerst einen Whisky und dann, nachdem wir trocken sind, gehen wir ordentlich essen«, entschied Alison. Sie ließ Niko keine Chance zum Antworten und verschwand hinter einer Glastür, die als Eingang zum Restaurant und Pub diente. Nicht einmal eine Minute später kam sie mit zwei Whiskygläsern zurück. Im bauchigen Unterteil sah Niko die bernsteinfarbige Flüssigkeit, für die dieses Land berühmt war. »Extra für Dich, ein zehnjähriger Talisker.« Mit einem Satz leerte Niko das Glas, die Wirkung setzte augenblicklich ein. Ein wohliger Schauer überkam ihn, der Geschmack löste eine Reihe von Erinnerungen aus. Für einen Moment war er wieder der junge Bursch, der gerade seine erste Nacht mit seiner Liebsten hinter sich gebracht hatte. Unbeschwert und völlig ahnungslos, was das Leben noch für ihn parat haben sollte. »Niko?«, hörte er Julias Stimme. Er sah sie vor sich, wie sie ihre langen roten Haare zusammenband. Der dicke Pferdeschwanz, den er so gern streichelte. Sie lächelte ihn an und wollte etwas sagen. Ein Rütteln an seiner Schulter holte ihn aus seinem Tagtraum. »Niko? Alles in Ordnung?«, fragte Alison. Erst jetzt bemerkte Niko, dass er die Augen geschlossen hatte. »Ja, alles ... ich war kurz in Gedanken.« »Komm, wir sollten ins Zimmer gehen.« Alisons Tonfall klang mehr nach einem Befehl. Im Zimmer angekommen kam gleich der nächste Befehl von Alison. »Ausziehen, alle Klamotten auf einen Haufen und ab unter die heiße Dusche mit dir. Ich habe nebenan einen Shop gesehen, der auch Kleidung verkauft. Während du dich aufwärmst, hole ich uns trockene Sachen.« Niko widersprach nicht, sondern nickte ihr nur zu. Kaum hatte Alison das Zimmer verlassen, entledigte er sich seiner triefendnassen Klamotten. Er drehte die Dusche auf, wartete kurz, bis das Wasser heiß wurde, und stellte sich darunter. Mit geschlossenen Augen genoss er die Wärme auf seinem Körper. Doch anstatt nochmals Julia vor sich zu sehen, kamen die Bilder des Sturzes wieder hoch. Obwohl sich sein Körper langsam erwärmte, begann er erneut zu zittern. Er hockte sich auf den Boden, ließ das Wasser auf ihn hinabregnen und versuchte sich zu beruhigen. Die Arme fest um seine angewinkelten Beine geschlungen saß er in der Dusche und versuchte, die Gedanken und Ängste zu verdrängen. »Ich lebe. Ich habe diesen Wahnsinn überlebt«, versuchte er, sich selbst aus seinem Tief zu holen. Niko hatte sein Zeitgefühl verloren, irgendwann sah er auf, als sich die Kabinentür öffnete und Alison vor ihm stand. »Ich habe diesen Absturz überlebt.« Mehr brachte er nicht heraus. Alison hockte sich zu ihm, nahm seine Hand und drückte sie fest. »Ja, hast du. Und wir haben auch den Wald überstanden. Jetzt kann nichts mehr passieren.« Sie sagte noch einen Satz, den Niko nicht verstand. Als sie seinen ratlosen Blick