Für immer Shane ~3~. Simone Lilly
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„Nummer achtundsechzig.“
Planlos lenkte er den gewaltigen Firmenwagen in eine Abbiegung und fuhr die angrenzende Straße entlang. Hier musste es in etwa sein. Orientierungslos beugte Shane sich beinahe aus dem Fenster, um etwas erkennen zu können.
„Neununsechzig, achtundsechzig.“
Zufrieden parkte er vor der Haustür, nahm seinen Werkkoffer vom Beifahrersitz, verschloss den Wagen und begab sich auf den Weg.
Mrs. Patmare. Ein Blick auf das Klingelschild genügte. Ja er war hier richtig. Etwas verspätet nahm er Haltung an und läutete. Es war eine alte Frau, hoffentlich überhörte sie sein Klingeln nicht. Hier draußen auf dem Vorplatz war es kalt, es nieselte schon seit Wochen, was sich selten mit Schnee oder gar Sonne abwechselte.
Der Rasen vor dem Haus war sauber gestuzt worden und nur vereinzelt von einer dünnen Schicht Reiff überzogen. Erst seit zwei Wochen war er wieder zuhause, bei sich, hatte Britney verlassen. Shane fühlte sich aber seltsam leer, so als wären sie schon wieder über Jahre hinweg getrennt.
Seinen Eltern hatte er von seinem „Aufenthalt“ bei der Polizei nichts erzählt.
„Nanu, was ist passiert? Warum bist du wieder hier?“
„Britney ist krank geworden. Es war ansteckend und dauert vermutlich lang, es ist besser so, so kann sie sich erholen.“
Mehr hatte er seinem verwunderten Vater nicht gesagt, zwischen Tür und Angel, als er seinen schweren Koffer über die Türschwelle gehoben hatte, hatte er diese kargen Worte über die Lippen gebracht. Nicht mehr und nicht weniger. Immer derselbe Satz. Er musste auch genügen.
Langsam und vorsichtig wurde die Tür einen Spalt breit geöffnet.
„Guten Tag, Mrs. Patmare …“
„Wer sind Sie?“, fragte die alte Frau mit zittriger Stimme.
Geduldig wechselte Shane den Koffer mit seinen Utensilien in die andere Hand und streckte die nun Freie zu ihr. „Von Billy & Sons, Mrs. Patmare, ich sollte um zwei bei Ihnen sein.“
Überlegend kaute sie auf ihrer Unterlippe, zögerte, was Shane verstehen konnte. Sie war alt, ein leichte Opfer für Menschen, die sie überfallen wollten, oder die sie hereinlegten. Dennoch war ihm kalt und das Wetter ungemütlich. Gänsehaut überzog seine freien Arme und er rieb sich, als Aufforderung ihn endlich herein zu lassen, mehrmals über ihn.
„Ach ja, kommen Sie rein junger Mann.“
Freundlich aber immer noch mistrauisch hatte sie den Weg freigegeben und ihn zu sich herangewunken „Folgen Sie mir.“
Respektvoll trat er auf der Fußmatte auf und ab, um den gröbsten Kies und Dreck von den Sohlen zu wischen, fragte höflich, ob er sich denn die Schuhe ausziehen müsse, tat es als sie verneinte trotzdem und hing seine hochgekrempelte Jacke auf den Garderobenständer. Das Haus war groß. Doch schon beim Eintreten war ihm der bestialische Geruch von alten, modernden Möbeln in die Nase gestiegen und hatte ihn für einen Moment lang verrückt werden lassen. Würde die Frau wenigstens rauchen wäre es einfacher. Der schwere, stickige Rauch würde wenigstens den brennenden Geruch der alten Einrichtung übertünchen.
„Wo darf ich das abstellen?“, durchbrach er das Schweigen, während er sich an einem sperrigen Fichtenschrank vorbeischlängelte. Er war dunkel und unterstrich die Tristesse, welche einem unwillkürlich in die Glieder fuhr, sobald man die Wohnung betrat, nur noch mehr.
Mrs. Patmare merkte sein Klagen nicht, überschwänglich und so freundlich, dass Shane für seine Gedanken schon ein schlechtes Gewissen bekam, zog sie einen recht modernen Stuhl unter dem Tisch hervor und wies mit ihrer zittrigen Hand auf ihn. „Hierauf bitte. Wollen Sie etwas trinken? Dann können wir auch besprechen, was ich mir vorgestellt hatte.“
Abgeneigt „nein“ zu sagen, aber auch dagegen zuzustimmen nickte Shane beklommen. Alles was er wollte war so schnell wie möglich seine Arbeit zu verichten und dann wieder zu verschwinden, in sein kaltes, aber gut riechendes Auto zu steigen und feierabend zu machen. Lautstark knallte er den Koffer auf den Stuhl neben sich und nahm seinerseits auf dem ihm gebotenen platz.
„Was wollen Sie?“
„Bitte nur ein Wasser.“, sagte er schnell, doch nur um der armen Frau nicht noch mehr Mühe zu machen. Allein das sie auf und ab ging und sich um ihn kümmerte schien der gebrechlichen Statur zu schaden. Wankend holte sie ein Glas aus dem Schrank über der Spüle und füllte es unter dem Wasserhahn. Sie hatte graues, hochgestecktes, gekräuseltes Haar und ein faltiges Gesicht. Shane fragte sich, ob man ihre Haut mit einer einfachen Klammer zurückziehen könnte und sie am Hinterkopf befestigen könnte. Hätte man das getan sähe Mrs. Patmare um Jahre jünger aus.
Peinlich berührt, über das was er über sie dachte, nahm er das Wasser entgegen, stellte es aber gleich auf dem Tisch ab. „Danke.“
„Bitte, bitte junger Mann, Sie können doch nicht durstig an die Arbeit gehen.“
Bei dem Gestank kann ich auch nicht malen. – „Dankesehr.“
Eine Weile lang sagte niemand etwas. Keine Uhr tickte, kein Radio lief, nicht einmal lautes Atmen war zu hören. Etwas, dass Shane bei dem Alter der Frau beunruhigte. Denn sie konnte jeden Moment damit aufhören.
„Also, Mrs. Patmare. Was haben Sie sich denn vorgestellt?“
Gebrechlich stützte sie sich am Tisch wieder nach oben. Überrascht wolle Shane aufspringen und ihr zu Hilfe eilen, aber sie war doch unerwartet schnell. Rasch hatte sie eine Geldbörse geholt und ein Foto herausgezogen. Wehmütig überreichte sie es ihm.
Das Bild war alt. Es war abgegriffen. Doch es zeigte einen jungen Mann. Vielleicht mitte Dreißig. Er lächelte ihm entgegen. Hatte blondes Haar und trug einen förmlichen Anzug.
„D … das war mein Mann Edgar an unserem Hochzeitstag.“, erklärte sie und schlug in die Hände. „Ich hätte mir gewünscht ihn abzubilden.“
Shane schluckte. Er hasste es Personen zu malen. Stundenlang war er mit einer Zeichnung beschäftigt und hatte danach noch über Tage hinweg das Bild vor Augen.
Vosichtig tastete er sich vorwärts. „Und … ihr Mann … ist er …?“
„Er ist gestorben, vor zehn Jahren.“
„Oh“
„Ihn an meiner Wand zu sehen wäre für mich das schönchste Geschenk bevor ich sterbe.“
Shane schluckte. Hoffentlich erzählte sie ihm während er den völlig unbekannten Mann malte, keine Kriegsgeschichten oder Anekdoten aus ihrer armen Jugend.
„Edgar war immer so lieb zu mir, hat alles für mich getan. Es wäre für mich eine große Freude, ihn tagtäglich zu sehen, wie er mir von meiner Zimmerwand entgegenlächelt.“
Gerührt begann sein Kinn zu zittern. Eigentlich war auch sein Leben damit erfüllt zu wissen, dass auch Britney das eines Tages über ihn sagte. Denn von ihr eines Tages, wenn sie alt und grau waren, auf einer Veranda saßen, gesagt zu bekommen, er hätte ihr ein glückliches und zufriedenes Leben bereitet, würde Shane selbst für all die Dinge, auf die er dazu verzichten müsste, entschädigen.
„Ähm“, andächtig strich er über die Kanten des Bildes, das Papier schnitt ihn leicht in den Finger. „Soll ich ihn