Erkläre mir das Leben. Katie Volckx

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Erkläre mir das Leben - Katie Volckx

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komm mal klar«, stauchte er mich zusammen, »es ist ja nicht so, als wärt ihr nach Australien ausgewandert.«

      »Ist ja gut, hast ja recht.« Ich fügte mich meinem Schicksal. Musste ich, denn wir hatten soeben die Schule erreicht.

      »Sieht kleinbürgerlich aus«, kommentierte ich oberschlau. Der Schulhof war gut zu überblicken. Das Schulgebäude bestand hauptsächlich aus roten Ziegelsteinen und war insgesamt gar nicht so klein, wie ich es erwartet hatte.

      »Nun, so, wie der Rest des Dorfes.« Niko hob die Hand zum Gruß, als ihm drei seiner wichtigsten Freunde entgegenkamen. »Das ist Cedric. Ich habe euch ja von ihm erzählt.«

      Jeder von ihnen hieß mich mit einem offenen Lächeln und einem »Na!« willkommen.

      Dominic war ein lustiger Typ. Das sah man ihm schon auf den ersten Blick an. Er war ein abgebrochener Meter, aber das hielt ihn nicht davon ab, selbstsicher aufzutreten. Er sah sportlich aus. Das Fitnessstudio verhalf ihm ganz offenbar zu dieser Selbstsicherheit.

      Steve war auf meiner Höhe und wirkte eher ruhig und ausgeglichen. Er kaute Kaugummi und starrte die meiste Zeit gebannt auf sein Handy. Trotzdem war er aufmerksam. Seine Art erinnerte irgendwie an ein Erdmännchen.

      Yun war ein quirliger Koreaner, der in Deutschland geboren worden war. Es schien, als käme er bei den Mädchen gut an, denn jedes zweite, das an uns vorbeilief, warf ihm einen verlegenen Blick zu. Und sobald sie ihn grüßten, folgte ein scheues Kichern, die Hand dabei auf den Mund gepresst.

      »Ich will Cedric eben herumführen«, erklärte Niko. »Wir sehen uns.«

      »Das wichtigste kennst du schon«, richtete sich Dominic an mich.

      »Den Schulhof«, ging Yun auf Nummer sicher, dass ich Dominics Wortspiel auch schnallte. Er verlieh seiner Botschaft mit dem Zeigefinger Nachdruck, der auf der Höhe seiner Schläfe schnelle Kreise zog.

      Ich lachte, da sie eine derartige Antwort von mir erwarteten. Alles andere hätten sie nicht gelten lassen. Und warum sollte ich mir schon zu Beginn ihre Ungnade zuziehen?

      Mit den Händen stieß Niko mich kräftig in die Richtung des Schulgebäudes, um mich zum Gehen zu bewegen. Er hatte seine Kraft ein wenig unterschätzt, denn die Wucht drohte mich zu Fall zu bringen. Allerdings konnte ich mich ausgezeichnet auf mein Gleichgewichtsorgan verlassen und blieb gerade so auf den Beinen.

      Andererseits hatte ich das Mädchen auf dem Fahrrad hinter mir nicht kommen sehen, das wegen meines plötzlichen Seitenschritts ausweichen musste, den Halt verlor und hell schreiend auf den harten Boden klatschte. Ihr Fahrrad hatte bei dem Aufprall laut gescheppert und das Hinterrad drehte sich noch bemerkenswert lange.

      Eine gefühlte Ewigkeit war es totenstill um uns, bis auf ein paar Vögel, die wild und aufgeregt zwitscherten. Wenn mich nicht alles täuschte, lachten sie sich gerade krumm und schief auf ihren Ästen. In sicherer Entfernung hätte ich das wohl auch getan. Aber momentan war ich nur zur Salzsäule erstarrt.

      Die meisten, die sich nach dem bedauerlichen Unfall noch auf dem Schulhof befanden, drehten sich ab, um ihr Lachen zu verstecken. Auch Niko standen Tränen der Belustigung in den Augen.

      »Ver-fluch-te Scheiße«, kreischte das Mädchen den Boden an, meinte aber mich. Ich hatte nur das vorübergehende Glück, dass ihr Gesicht gewissermaßen auf dem Pflaster klebte. Ihre Frisur war auch hinüber. Zwar hatte ich nicht die leiseste Ahnung, wie ihre langen Haare davor gelegen hatten, aber zurzeit waren sie vollkommen chaotisch aufgewirbelt und hingen zu einem Teil auf dem verdreckten Boden. Höchstwahrscheinlich war das nicht die Ursprungsfrisur! »Hast du denn keine Augen im Kopf?«

      »Äh, hinten nicht, nein«, machte ich klar. »Und anatomisch gesehen wäre das auch nicht besonders ästhetisch.«

      Mithilfe ihrer Arme stemmte sie sich nur schwerfällig hoch, kam jedoch nicht weit. Denn der untere Teil ihres Körpers war vom Fahrrad begraben worden. Damit nicht genug: ihre Beine hatten sich irgendwie darin verknotet und sie hing somit fest.

      »Kann mir vielleicht mal jemand helfen?«

      Ich trat einen Schritt an sie heran. »Sehr ungern, wenn du so rumzickst.« Ich beugte mich vor und umfasste einen Griff vom Lenkgrad.

      »Nicht du, du Blödmann«, motzte sie.

      Umgehend ließ ich das Fahrrad wieder los, erhob die Hände und ging zwei Schritte zurück. »Mit Vergnügen.«

      »Niko? Würdest du bitte ...«, ermahnte sie meinen Kumpel mit zitternder Stimme und den Tränen nah.

      Der hatte seine Konzentration so sehr darauf gelegt, nicht in lautes, rücksichtsloses Lachen auszubrechen, dass er seine Manieren komplett vergessen hatte und ihr erst nach ihrer Aufforderung zu Hilfe eilte. Wenn er allerdings das Grinsen nicht aus seinem Gesicht bekäme, bevor das Mädchen wieder den Überblick über die Gesamtlage hatte, müsste er sich wohl warm anziehen.

      Als sie endlich wieder senkrecht stand, atmete ich erleichtert auf. Das bedeutete nämlich, dass sie sich keine größeren Verletzungen zugezogen hatte und ich noch einmal glimpflich davonkommen würde. Obwohl ich ja der festen Überzeugung war, dass mich keine Schuld traf. Jedenfalls nicht direkt.

      Schier endlos richtete sie ihr kupferblondes Haar und klopfte sich einige Schmutzpartikel von der Kleidung. Am linken Knie sickerte Blut durch ihre elastische graue Yoga-Leggings. Das schien sie gar nicht zu jucken. Oder sie registrierte es schlichtweg nicht. Könnte sein, dass der Schock tief saß und ihr erhöhter Adrenalinspiegel die Schmerzwahrnehmung auch jetzt noch, wo sie sich wieder aufgerappelt hatte, einschränkte.

      »Wer bist du Penner überhaupt?«, richtete sie ihr Augenmerk nun auf mich. Ihr strafender Blick bohrte sich tief in meine Augen.

      »Ich bin Cedric Claußen. Und wer bist du, dass du so mit mir redest?« Beschimpfungen kränkten mich nicht. Nie! Es waren nur Worte, dessen Nutzen darin bestand, Personen gezielt zu diskriminieren. Aber zuletzt waren es Worte ohne anspruchsvollen Hintergrund, sagten nichts über mich aus, nur über die Person, die sich an ihnen bediente.

      »Ich bin Winter«, näselte sie und streckte ihr Kinn weit nach oben. Das bedeutete, dass sie nicht nur kackfrech war, sondern noch dazu hochgradig eingebildet.

      »Oh, Eure Majestät, entschuldigt! – Was ist das denn für ein bekloppter Name?«, holte ich sie von ihrem hohen Ross runter, denn ich erkannte sofort, dass sie Gegenwind nicht gewohnt war.

      »Warte nur, wenn du ihren Familiennamen erfährst«, flüsterte mir Niko hinter vorgehaltener Hand ins Ohr. »Du wirst dich bepissen vor Lachen.«

      »Lass hören«, forderte ich.

      »Sommer«, antwortete sie höchstpersönlich, denn sie hatte keinen Grund, sich zu schämen. »Winter Sommer lautet mein vollständiger Name.«

      Ich bepisste mich nicht vor Lachen, dafür verzog ich irritiert das Gesicht. »Wie schräg ist das denn? Was stimmt nicht mit deinen Eltern?«

      Schmollend schürzte sie die Lippen. Es war nicht verwunderlich, denn auf meine Eltern würde ich auch nichts kommen lassen. »Sie sind lediglich originell. Immer noch besser als Cedric Claußen. – Gääähn!«

      »Na ja, ist halt ein Name. Ist nichts Falsches dran.« Gelangweilt von ihrem einfallslosen Gegenschlag hob ich die Schultern.

      »So,

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