Ort des Bösen. J.P. Conrad
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Das Kapitel, für das Felix aktuell recherchierte, hatte es ihm besonders angetan. Es ging dabei um die angebliche Präsenz eines Dämons, der in den Neunzehnhundertfünfzigern in einem abgelegenen Dorf in den schottischen Highlands sein Unwesen getrieben haben soll. Felix hatte Jack bereits bei mehreren Gelegenheiten davon erzählt. Bei ihrem letzten Treffen hatte er ihm dann eröffnet, dass er zu einer dreitägigen Tour in eben dieses Dorf mit dem Namen Gleann Brònach aufbrechen würde, um vor Ort Nachforschung zu betreiben.
Aus der dreitägigen Exkursion waren inzwischen dreizehn Tage geworden. Davon zwölf ohne ein Lebenszeichen von Felix. Mehrfach hatte Jack vergeblich versucht, seinen Freund auf dem Handy zu erreichen, doch eine automatische Ansage hatte ihm immer wieder stur ›Der gewünschte Teilnehmer ist zur Zeit nicht erreichbar‹ geantwortet.
Einen Moment lang betrachtete Jack gedankenversunken die letzten, in Form der E-Mail an ihn verfassten Worte, klickte dann auf ›Antworten‹ und schrieb:
He, du Rumtreiber!
Wo steckst du? Melde dich mal!
Jack
Es war bereits die vierte Nachricht, die er an ihn schrieb und er befürchtete, dass sie ebenfalls unbeantwortet bleiben würde. Die Situation war frustrierend für Jack; aber ganz sicher ging es nicht nur ihm so.
Vielleicht hatte seine Lebensgefährtin Alice ja inzwischen ein Lebenszeichen von Felix erhalten? Jack seufzte innerlich.
» Okay, dann muss es halt sein .«
Er klappte das Notebook zu und legte es auf den Couchtisch. Dann stand er auf, ging stumm aus dem Raum und holte im Flur das schnurlose Telefon. Er tippte bereits Felix‘ Privatnummer ein, als er wieder zu Grace ins Wohnzimmer kam.
»Wen rufst du an?«
»Alice.«
»Alice?«, fragte sie erstaunt. »Ich dachte, ihr könntet euch nicht ausstehen?«
Genaugenommen war es Felix‘ langjährige Freundin, die Jack nicht leiden konnte und es ihm bereits beim ersten Zusammentreffen deutlich, wenn auch nicht mit Worten, zu verstehen gegeben hatte. Auslöser war eine Freundin von Alice gewesen, Tamara, mit der Jack mal etwas gehabt hatte und die er wie eine heiße Kartoffel hatte fallen lassen. Somit war Jack das ultimative Feindbild für Alice. Aber jetzt, ungeachtet dieser Antipathie, die sie gegen ihn hegte, war sie sicher in der gleichen Situation wie er: Sie sorgte sich um Felix.
Es klingelte. Und klingelte. Jack glaubte schon, dass sie nicht Zuhause sei, als es im Hörer knackte.
»Hallo?«
»Hallo, Alice? Hier ist Jack. Jack Calhey.«
Ein genervtes Stöhnen am anderen Ende; nichts anderes hatte er erwartet. Aber er ignorierte es; ebenso wie all ihre Sticheleien und unterschwelligen Beleidigungen zuvor. Er hatte sich nie auf dieses Niveau begeben und würde es auch weiterhin nicht tun.
»Was willst du?«, fragte sie barsch.
»Hast du was von Felix gehört?«
Ein Schniefen. War sie erkältet? Oder hatte er Alice gerade tatsächlich dabei erwischt, wie sie sich aus Sorge um ihren Lebensgefährten in die Kissen weint?
»Nein, du?«
Jack setzte sich wieder neben Grace auf die Couch. »Nein, leider nicht. Ich mache mir, ehrlich gesagt, langsam Sorgen. So gar kein Lebenszeichen von ihm, seit fast zwei Wochen…«
Alice brummte missmutig. »Ich hab schon vor über einer Woche bei der Polizei angerufen.«
»Und?«
Sie seufzte. »Alles Scheiße! Die sagten mir, dass sie nicht zuständig wären, weil er in Schottland verloren gegangen ist und haben mich an die Kollegen dort verwiesen«, erklärte sie entnervt. »Also habe ich dort angerufen und durfte anschließend ein Onlineformular ausfüllen. Dann haben sie mich kontaktiert und gesagt, sie würden sich darum kümmern und sich bei mir melden.«
Jack war doch leicht erstaunt. »So? Und, gab es schon was?«
Alice lachte verächtlich. »Quatsch! Das sind doch alles Hinterwäldler da! Keiner hat was von ihm gehört oder gesehen. Keine Einlieferung ins Krankenhaus.« Nach einer Pause füget sie noch, wesentlich kleinlauter, hinzu: »Keine unbekannten Leichen.«
»Hey, ich bin mir sicher, dass sich bald alles aufklären wird. Wahrscheinlich steht er morgen schon wieder lachend vor uns und schwärmt von seinem verlängerten Highlands-Urlaub.« Jack glaubte selbst nicht an die Worte, die er sprach, und das konnte man hören.
»Blödsinn«, entgegnete Alice auch sofort. »So verantwortungslos wie du ist er nicht; jedenfalls nicht mehr, seit wir zusammen sind.«
Jack verzog die Mundwinkel. »Wieder die alte Leier.« Er wusste über die Vergangenheit seines Freundes Felix nicht allzu viel, außer, dass er ein ziemlicher Raufbold gewesen sein soll. Das hatte er selbst jedenfalls immer wieder behauptet und von diversen Jugendsünden gesprochen. Und auch Alice hatte in diesem Zusammenhang wiederholt und mit vor Stolz geschwellter Brust darauf hingewiesen, dass sie es gewesen war, die ihn schließlich geläutert hatte.
»Hast du denn mal bei der Unterkunft angerufen, die er dort hatte?«, fragte Jack.
»Nein. Er hat mir keine Adresse dagelassen, wo er übernachten wollte. Er wollte sich ja auch regelmäßig melden und sowieso nur drei Tage weg sein«, erklärte Alice. »Ich weiß nur, dass es ein kleines Bed and Breakfast war, das von einer älteren Frau betrieben wird.«
Jetzt war es Jack, der missgestimmt brummte. Hatte nicht einmal die Polizei es für nötig gehalten, Alice diese Information zu geben? Oder hatten sie gar nicht erst soweit gefahndet? Vielleicht war hier doch sein Spürsinn gefordert; dieser gut trainierte Muskel, der ihm schon so oft bei der Jagd nach Schlagzeilen geholfen hatte.
»Soll ich mich mal ein bisschen umhören?«, fragte er.
Grace hob, hellhörig geworden, den Kopf.
Ein paar Sekunden blieb es still am anderen Ende der Leitung. Aber Jack glaubte, erneut ein Schniefen vernommen zu haben.
»Ja, klar. Mach nur. Aber was soll das groß bringen? Die Polizei ist ja schon eingeschaltet.«
»Hörte sich aber nicht danach an, als ob sie wirklich eine Spur hätte. Alice, ich verspreche dir, ich werde mich darum kümmern. Ich versuche, Felix zu finden!« Er schielte zu seiner Frau, deren Augen immer größer wurden.
»Okay, Danke.«
Das ›Danke‹ hatte Alice deutlich Überwindung gekostet, was Jack mit einem innerlichen