An der Pforte zur Hölle. Thomas Riedel

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An der Pforte zur Hölle - Thomas Riedel

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als der Fahrer hielt, sprang aus dem Wagen und lief wie von Furien gehetzt ins Haus.

      Er konnte nicht mehr. Alles in seinem Kopf kreiste um die Mordgedanken, die sich auf eine Art und Weise erfüllt hatten, die er sich niemals hatte träumen lassen. Der Anblick seiner Ashley auf dem Seziertisch der Pathologie hatte ihm einen derartigen Schock versetzt, von dem er nicht zu sagen wusste, ob er sich jemals davon erholen würde.

      Sein Weg führte ihn direkt in die Küche und an den Schrank, in dem er den Scotch aufbewahrte. Er brauchte jetzt einen Drink. Er füllte ein Glas, nahm den Inhalt mit einem großen Schluck, nur um gleich noch einmal nachzuschenken. Mit Genugtuung stellte er fest, dass er noch eine Reserveflasche hatte. Er nahm sie mit ins Wohnzimmer, denn er wollte sich sinnlos betrinken, um an nichts mehr denken zu müssen.

      Der Alkohol brannte scharf in seiner Kehle und löste in seinem Magen ein warmes, wohliges Gefühl – doch diesmal wartete er vergeblich auf die benebelnde Wirkung. Zumindest klärten sich seine Gedanken, weil die ungeheure Anspannung von ihm abfiel. Deutlich konnte er sich an jede Einzelheit erinnern. Er glaubte das eingebrannte Zeichen schon einmal gesehen zu haben. Ihm fiel nur nicht, wo und in welchem Zusammenhang das gewesen war.

      Wer auch immer Ashley getötet hatte, er hat dafür gesorgt, dass seine ›Handschrift‹ erkannt wird! Das Symbol ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Ich kenne es ... nur woher?

      Plötzlich glaubte er es zu wissen. Ja, er war sich sicher!

      Leicht schwankend erhob er sich aus dem Sessel und ging zum Bücherbord hinüber. Er selbst war keine Leseratte und hatte es im Leben höchstens auf drei oder vier Bücher gebracht, aber Ashley hatte das Lesen geliebt. Vor allem aber hatte sie antiquare Bücher geschätzt, die schon allein durch ihre Aufmachung wunderschön anzusehen waren. Er erinnerte sich daran, dass sie erst vor kurzem ein Buch erworben hatte, dass in dunkelbraunes Leder eingebunden war und eine vergoldete Prägung auf dem Deckel aufwies. Das Buch hatte ihn auf unbestimmte Weise beeindruckt.

      Zögernd holte er das Buch aus dem Regal hervor, nahm es mit zum Tisch und schlug es auf, nachdem er sich wieder gesetzt hatte. Eine Weile blätterte er darin herum, dann hatte er es gefunden. Augenblicklich ging sein Atem schneller und sein Herz begann wie wild zu pochen.

      Es war exakt das Symbol, dass er an Ashleys totem Körper gesehen hatte. Es war Belials Zeichen. Ein alter Holzschnitt von Jacobus de Teramo aus dem Buch des Belials, zeigte den Dämon mit seinen Anhängern, und ein anderer zeigte ihn als Teufel vor dem Höllentor.

      Es folgte ein ausführlicher Text, der Belial als einen mittelalterlichen Dämonenfürsten bezeichnete, der bereits im alten Testament im Zusammenhang mit bösen Menschen auftauchte. Er wurde als teuflischer Geist der Finsternis beschrieben, der einerseits ein typisch dem Teufel ähnelndes Äußeres zeigte, andererseits aber auch ein menschliches mit echsenhaften Zügen. Einigen Quellen zufolge, so hieß es, war er der König der Hölle, war Regent des achten Kreises und galt als Wächter des Höllentores. Zu Unrecht, schrieb der Verfasser, werde er mit dem Teufel selbst gleichgesetzt. Andere Quellen sahen Luzifer als den König der Hölle und Belial nur als dessen Stellvertreter. Es kam eine hierarchische Auflistung mit Luzifer und Belial an der Spitze, gefolgt von den Herrschern Satan, Beelzebub, Astaroth und Pluto, die zu gleichen Teilen Bereiche der Hölle kontrollierten. Diesen Vieren wiederum waren die sogenannten Großfürsten unterstellt: Aziel, Mephistopheles, Marbuel, Leviathan, Angiuel, Anifel und Barfaee. Auch von einem Sekretär der Hölle, Milpeza, wusste der Verfasser zu berichten. Sorge bereitete Remington Cartwright besonders der Hinweis darauf, dass Belial von seinem Charakter und seinem Wesen her, der verkommenste und bösartigste Dämon unter ihnen sein sollte.

      Die Türklingel riss ihn aus seinen Gedanken. Ruckartig klappte er das Buch zu, schob es beiseite und noch ehe der Klang des Gongs verhallt war, stand er auch schon im Flur. Was immer auf ihn zukam, er hatte sich vorgenommen, es hinter sich zu bringen. Mit einem entschlossenen Ruck öffnete er die Tür.

      Vor ihm stand die in schwarz gekleidete Frau mit dem blassen Gesicht.

      Zwar hatte er damit gerechnet, dass sie ihn auch weiterhin behelligte, nicht aber damit, dass sie so unvermittelt vor seiner Tür stehen würde. Zitternd, noch unter dem Eindruck des frisch angelesenen Wissens, wich er vor ihr zurück.

      Wortlos trat die unheimliche Frau ein, schloss die Tür hinter sich und trat auf ihn zu.

      War er vor wenigen Sekunden noch wild entschlossen, diese Frau von sich zu weisen und ihr ein für alle Mal zu erklären, dass er nichts, aber auch gar nichts, mit ihr zu schaffen haben wollte, so schmolz seine Willenskraft, unter dem zwingenden Blick aus ihren schwarzen Augen, wie Butter an der Sonne hin.

      »Es wird Zeit den Lohn für unsere Mühe zu entrichten, Remington Cartwright«, kam sie mit einem vielsagenden Lächeln direkt auf den Punkt ihres Erscheinens. »Du wirst jetzt für die Dienstleistung zahlen. Danach hast du mit uns nichts mehr zu schaffen!«

      Er war vor ihr bis ins Wohnzimmer zurückgewichen und stand nun mit dem Rücken zum Bücherregal.

      »Auf keinen Fall werde ich zahlen«, keuchte er, gefolgt von einem hysterischen, angstgepeinigten Lachen. »Ich habe nicht gewollt, dass meine Frau getötet wird! Was haben Sie bloß mit ihr gemacht?«

      Sie zuckte gleichmütig die Achseln, während ein kaltes Lächeln ihre schmalen Lippen umspielte.

      »Mein Herr und Meister ist mit seinen Opfern noch nie sanft umgesprungen, Remington Cartwright! Und was heißt überhaupt, du hättest nicht gewollt, dass deine Frau stirbt?« Sie lachte spöttisch. »Du denkst doch schon seit Jahren an nichts anderes. Letztlich warst du nur zu feige, es selbst zu tun.« Ihre Augen funkelten ihn an. »Jetzt haben wir das für dich übernommen … und ich gestehe: sehr gern. Dafür stehst du in unserer Schuld.«

      Die Hände fest ans Bücherregal geklammert, stieg Verzweiflung in ihm auf.

      »Was ... wollen Sie? ... Ich ... ich ... habe kein Geld!«, stammelte er mutlos.

      Er spürte eine große Hilflosigkeit, und dass es ihm unmöglich war, sich von dieser seltsamen Frau zu befreien. Gefangen durch den bestialischen Mord an Ashley, war er an sie gefesselt, und ihr auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

      »Du wirst uns zweihunderttausend Pfund zahlen.« Ohne die geringste Gefühlsregung, nannte sie ihre Forderung, und der Unterton war eisig.

      Er erschrak, drückte seinen Rücken fester gegen das Bücherbord und versuchte verzweifelt ihr auszuweichen.

      »Woher ...?«, stotterte er. »So viel ... ich habe ...«

      Die Forderung hatte ihm Sprache verschlagen. Er war nicht in der Lage, auch nur einen vernünftigen Satz zu formulieren.

      »Zweihunderttausend Pfund!«, wiederholte sie unerbittlich. »Wo liegt das Problem, Remington Cartwright?« Ein diabolisches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Du hast Geld auf der Bank, und vergiss nicht, du streichst die Lebensversicherung deiner Frau ein.«

      »Dann bleibt mir nichts mehr!«, schrie er verzweifelt. »Beides zusammen macht genau zweihunderttausend Pfund!«

      Die Fremde lachte höhnisch.

      »Dir bleibt mehr als du denkst«, antwortete sie leise. In ihrer Stimme lag ein bedrohlicher Unterton. »Immerhin fängst du ein neues Leben an, Remington Cartwright, vergiss das nicht!« Ihre Augen musterten ihn eindringlich. »Du willst das Geld behalten?«, fuhr sie fort. »Du kannst! Doch dann wirst du Belial ewige Treue schwören und ihm deine Seele verkaufen müssen!« Sie hatte die letzten Worte geflüstert – betäubend

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