Mausetot auf hoher See. Inge Hirschmann

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Mausetot auf hoher See - Inge Hirschmann Die Abenteuer des Karl Holzinger

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      »Nein, du - nichts Weltbewegendes. Nur ein totes Mäuschen in seiner Kabine.«

      »Was, so weit oben? Da kommen sie normalerweise nicht rauf.«

      »Das hat der Doc auch gesagt, dass ab Deck drei Schluss ist mit Mäusen. Und dass es insgesamt ein ziemliches Mäuseproblem gibt auf dem Schiff.« Jochen nickte. »Sag, wo kommen die überhaupt her? Ich meine, wie gelangt eine Maus auf ein Schiff, das glatte Bordwände hat und auch noch im Salzwasser schwimmt?«

      »Über die Taue, schätze ich mal. Für eine Maus ist ein armdickes Schiffstau ja wie für uns eine Autobahn.«

      »Und da klettern sie rauf...«

      »Da klettern sie wohl rauf«, sagte Jochen zur Bestätigung und zog den Zopfgummi um seinen ellenlangen Pferdeschwanz straffer. Adam beneidete ihn heimlich um diese Haarpracht. Hätte er früher gewusst, dass solche Rockermähnen beim Bordpersonal erlaubt waren, hätte er die seine nicht diesem Friseur in Hamburg geopfert, sondern sich erst einmal mit einem straffen Dutt durchgeschummelt. Halbmeterlange Locken, eine kringeliger als die andere, das reinste Engelshaar...

      Der Friseur hatte beim Abschneiden schon ein gewisses Leuchten in den Augen gehabt! »He, was machen Sie da?«, hatte er Adam am Ende der durchaus schmerzlichen Prozedur gefragt. Tausche Rockermähne gegen zahmen Stufenschnitt... Oh Gott, was tat man nicht alles fürs nackte Überleben!

      »Ich nehm sie mit und schenk sie meiner Braut.« In Wahrheit hatte er keine und auch kein Verlangen nach einer. »Was dagegen?« Damit hatte er entschlossen nach dem Lockenpuschel gegriffen, den der Friseur säuberlich auf dem Wagen abgelegt hatte, auf dem er normalerweise seine Lockenwickler verwahrte. Hätte er sie nicht so sorgfältig auf diesem Wagen deponiert, Adam wäre nie und nimmer auf die Idee gekommen, die ihm gerade durch den Kopf ging.

      »Aber - aber, guter Mann...«

      »Asbeck heiß ich, mein Herr.«

      »Also, Herr Asbeck - würden Sie mir diese Haare unter Umständen überlassen?«

      »Pffhhh... wieso sollte ich? Vielleicht machen Sie dann eine Voodoo-Puppe draus und ich werde aus heiterem Himmel krank, oder mich trifft ein Hexenschuss. Nein, die nehm ich lieber mit.«

      »Halt, warten Sie: Ich geb Ihnen fünfzig Euro dafür.«

      »Ja, wow! Soviel gleich?« Das war klar ironisch gemeint. Adam wusste ziemlich genau, worauf das hinauslaufen würde. »Und für was, bitteschön, wollen Sie die haben?«

      »Das ist europäisches Echthaar. Für Perücken eben oder Extensions. Sonst kriegt man auf dem Markt praktisch nur Ware aus Asien, Indien hauptsächlich. Aber solche Korkenzieherlocken - das ist schon sagenhaft!«

      »Fünfhundert«, sagte Adam.

      »Wie bitte?«

      »Für fünfhundert überlasse ich sie Ihnen. Dauerwellen müssen Sie die ja auch nicht mehr, da sparen Sie sich schon einen Haufen Arbeit. Aber auch nur, weil keine Haarwurzeln dran sind. Wegen Voodoo, Sie wissen schon.«

      Da waren sie dann aber doch nicht handelseins geworden, weswegen Adam das Friseurgeschäft nach zähen Verhandlungen eine Viertelstunde später mit einer Plastiktüte verlassen hatte, in welcher seine verlorene Mähne steckte. Fantastillionen laufende Meter goldblondes Lockenhaar...

      Tempi passati! »Wieso, Jochen, haben sie dir diese Frisur durchgehen lassen? Bei mir hat es bei der Bewerbung geheißen, das passe nicht zum Stil der ›Symphony‹.«

      »Tja, vielleicht, weil ich als Animateur angefangen habe ursprünglich. Da ist es von Vorteil, wenn man ein wenig hengstmäßig ausschaut, gerade bei den älteren Damen ist der Look recht beliebt.«

      »Klar: Die sind alle noch mit den Stones und den Doors groß geworden. Aber wieso fängst du als Animateur stattdessen Bordgangster?«

      »Weil das einfach stinkfad war, und weil ich mich weiterentwickeln wollte... Schau, Alice ist auch so ein Fall.« Seine Freundin. Eine hübsche Blondine, nicht allzu groß. Jochen hätte sie sich direkt unter die Achsel klemmen und sie mittragen können. Und außerdem konnte er von Glück sagen, dass Adam in seinem früheren Leben schon den Weibsbildern komplett abgeschworen hatte. Größenmäßig hätte sie nämlich perfekt zu ihm gepasst, die Alice. Eine schöne Handbreit kleiner als er, wenn sie keine allzu hohen Absätze trug.

      Aber er hatte den Frauen ja adieu gesagt. Und Gott sei Dank wusste sein Hirn das immer noch.

      »Sie hat als Hostess angefangen, und dann hat sie sich bald bei unserer Truppe beworben. Weil sie eben eine gewisse Abenteuerlust im Blut hat. Und du?«

      »Ich hab auch eine Abenteuerlust im Blut, drum hab ich mich gleich von Anfang an bei dieser Truppe beworben. Und dafür sage und schreibe fünfzig Zentimeter Lockenmähne geopfert.«

      »Was hast du eigentlich vorher gemacht?«

      »Ordnungsamt, aber das hat hinten und vorne nicht gepasst«, erwiderte Adam. »Betrunkene, vollgekotzte Teenager von den Parkbänken sammeln... Irgendwann war's genug.« Das hatte er als Polizist auch öfter gehabt, deswegen war der Ausdruck von Abscheu in seinem hübschen Gesicht überhaupt nicht gespielt. Sonst aber kribbelte es ihm unter den Zehennägeln. Der Pampf, der sich hier Bayerisch Creme schimpfte, wollte ihm nicht mehr recht die Gurgel runter. Jochen ins Gesicht zu lügen, kam ihn richtig hart an. »Und ich mag auch nicht drüber reden. Lass uns nochmal auf die Mäuse zurückkommen. Wie können die so weit nach oben gelangen?«

      »Treppen - oder sie fahren im Lift mit.«

      »Witzbold! Im Lift - das würde vielleicht ein Gekreische geben! Siebzig Prozent der Passagiere sind weiblich und in einem Alter, wo man noch mit der Angst vor Mäusen aufgewachsen ist, wegen Pest oder sowas.«

      »Ach geh, wegen Pest doch auch wieder nicht mehr. Oder...?«

      »Aber apropos Lift - wieso haben wir überhaupt diese beiden seitlichen Treppenhäuser? Die sind doch irgendwie unelegant. Bei den meisten Schiffen sind die Treppen mehr mittig und offener, oder? Richtig schöne haben wir nur zusätzlich im Foyer, über gerade mal vier Decks.«

      Auch hier wusste Jochen Bescheid. »Da waren ursprünglich Panorama-Treppen geplant, voll verglast bis runter auf Deck drei. Das sollte nachträglich nach der Jungfernfahrt eingebaut werden, weil die Werft sonst nicht rechtzeitig fertig geworden wäre. Und dann hat jemand vom Vorstand Zweifel angemeldet, ob die Statik das hergibt. Genau weiß ich das auch nicht, wird halt so gemunkelt. Und dass das niemand mehr richtig berechnen hat können, weil nämlich nach ebendieser Jungfernfahrt der Schiffsbaumeister nicht mehr auffindbar war. Der Konstrukteur der ›Symphony‹.«

      »Ach, sag bloß!« Es gehörte von jeher zu Adams hervorragenden Eigenschaften, gut zuhören zu können. Und dann zur rechten Zeit die richtigen Fragen zu stellen.

      »Ja, das ist noch ein Argument mehr für den Bordklabautermann - wenn nicht das erste überhaupt«, meinte Jochen. »Dass selbst der Schiffsarchitekt spurlos verschwunden ist, nachdem sie fertig war, unsere schöne Lady. Seit viereinhalb Jahren schon. Nach dem Stapellauf war er weg, samt den Konstruktionsplänen. Untergetaucht nach einem Nervenzusammenbruch, heißt es. An dem Schiff ist wirklich so manches seltsam. Es passieren komische Sachen. Und das hat sich eben auch in Hamburg schon rumgesprochen. Du bist zum Beispiel für zwei Mann nachgerückt.«

      »Na, bravo! Aber wenn man eh schon

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