Heil mich, wenn du kannst. Melanie Weber-Tilse

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Heil mich, wenn du kannst - Melanie Weber-Tilse Heil mich - Reihe

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ich jetzt sage, dass diese Akten die Reste vom großen Chaos sind, klingt das erschreckend, oder?«

      Laura grinste. »Nur, wenn man nicht weiß, welchen großen Ansturm das Zentrum bereits in diesen wenigen Wochen erlebt hat, Ms. Weatherbee.«

      »Sagen Sie doch Susan zu mir. Und ja, ich schätze, Sie haben Recht. Annabell hatte mich gewarnt, dass es stressig werden könnte, als ich mich dazu entschieden habe, aus der Babypause heraus zumindest halbtags wieder arbeiten zu gehen!«

      »Ich freue mich sehr, dass Sie mit an Bord sind, Susan«, lächelte Laura. »Ich habe von Juliette erfahren, welche Geschichte Sie mit Annabell und Ihrem Verlobten verbindet. Ich finde wundervoll, wie sich alles zum Guten gewendet hat. Und dieses Zentrum ist ein Traum!«

      »Annabell hat ganze Arbeit geleistet, das stimmt. Aber ich würde gern jetzt über Ihre Aufgaben hier sprechen«, Susan griff nach einer Akte zu ihrer Linken und hielt sie ihr entgegen. »Heute ziehen nicht nur die vorerst letzten Patienten ein, sondern wir bekommen auch einen jungen Mann zu uns, der ... nun ja, Sozialstunden hier ableisten muss.«

      Laura griff nach der Akte und schlug sie auf. Das Bild eines jungen Mannes mit blonden Haaren und einem verwegenen Blick, schätzungsweise ungefähr in ihrem Alter, war an einem kurzen Bericht angeheftet. »Ryan Baker«, las sie leise.

      »Ryan ist der Bruder meiner Nanny Lorraine«, erklärte Susan. »Er hat eine etwas bewegte Vergangenheit hinter sich. Nach dem Tod seiner Eltern geriet er auf die schiefe Bahn und trat einer Gang bei, die nicht gut für ihn war. Dies ist hier eine Form von Bewährungsstrafe für ihn. Hätte er nicht dabei geholfen, die Bande hochgehen zu lassen, die vor vielen Jahren die Eltern meines Verlobten umgebracht haben, wäre er längst im Gefängnis.«

      Laura sah auf und begegnete Susans Blick. »Ich verstehe. Sie möchten, dass ich ihn unter meine Fittiche nehme?«

      »Ja, das möchte ich. Juliette«, jetzt lächelten beide Frauen, »hält große Stücke auf Sie und Ihre Zeugnisse sprechen für sich. Ryan ist ... nicht einfach, aber mein Verlobter und seine Schwester haben es sich in den Kopf gesetzt, dass wir ihn auf den rechten Weg zurückbringen können, und fühlen sich ihm gegenüber aus genannten Gründen zu Dank verpflichtet.«

      Laura nickte. »Verstehe. Ich werde schon mit Ryan zurechtkommen!«

      »Davon bin ich überzeugt! Er sollte um 9 Uhr hier eintreffen und es wäre mir sehr recht, wenn Sie ihn einarbeiten und ihm Aufgaben zuteilen könnten, Laura. Ich denke, dass Sie am besten beurteilen können, wobei Mr. Baker Ihnen eine Hilfe oder ein Hindernis sein wird. Sie haben volle Entscheidungsfreiheit, was das betrifft.«

      Laura schloss die Akte und erhob sich. »In Ordnung, ich werde mich darum kümmern.«

      Ein paar Minuten später eilte sie erneut den Gang entlang, diesmal auf dem Weg zum Pausenraum. Schon von weitem war leises Stimmengewirr zu hören, das aber immer deutlicher in Gekicher umschwenkte, je näher Laura dem Zimmer kam. Stirnrunzelnd blieb sie stehen. Was gab es denn am frühen Morgen schon zu kichern, und noch dazu so laut, dass man es durch die geschlossene Tür auf dem Gang hören konnte?

      Das Bild, das sich ihr bot, als sie die Tür nun öffnete und eintrat, war ... überraschend. Dort stand der junge Mann, den sie bislang nur von dem Foto kannte, das sie mitsamt der Akte augenblicklich fest an ihren Oberkörper drückte. Und er war umringt von einigen Schwesternschülerinnen, die ihn völlig verzückt anhimmelten. Ein leises Seufzen entfuhr ihr. Das fing ja schon gut an.

      Eines der Mädchen drehte sich nun, unauffällig, wie sie glaubte, sogar um und öffnete den obersten Knopf ihrer Schwesterntracht, nur um gleich darauf ihre üppige Oberweite mit den Händen etwas besser in Szene zu rücken. Mit einem dumpfen Knall ließ Laura die Tür ins Schloss fallen. »Was geht denn hier vor?«

      Wie ein Stall aufgescheuchter Hühner stoben die Schwestern auseinander, sie hatten Laura an der Stimme erkannt und augenblicklich kehrte Ruhe ein. Der junge Mann jedoch konnte nicht wissen, wen er da vor sich hatte. Sein Kopf hob sich zu ihr, seine Augen blitzten und ein charmantes Lächeln trat auf seine Lippen. »Das wird ja immer besser hier! Ich glaube, die Zeit, die ich hier absitzen muss, könnte doch noch recht angenehm werden.«

      Langsam machte Laura einige Schritte auf ihn zu. »Angenehm also, ja?«, fragte sie gedehnt. Ryans Blick glitt abschätzend über ihren Körper und sofort presste sie die Akte noch etwas fester an sich. »Ich bin Laura und auf Wunsch der Chefin ab sofort für Sie zuständig.«

      »Freut mich, dich kennenzulernen, Laura. Und ... ich mag deine Chefin jetzt schon!«, grinste ihr Gegenüber sie an. »Wir werden bestimmt eine Menge Spaß zusammen haben.«

      »Werden wir?« Ihre Augenbrauen hoben sich. »Das wird sich noch zeigen. Ich würde Sie fürs Erste jetzt bitten, mir zu folgen, damit ich Ihnen die Arbeitskleidung übergeben kann, Mr. Baker.«

      »Ich folge dir, wohin immer du willst«, Ryan winkte den Schwesternschülerinnen augenzwinkernd zu, was diese erneut kichern ließ. »Man sieht sich, Ladys!«

      Kopfschüttelnd wandte Laura sich ab und marschierte hinaus, ohne darauf zu achten, ob ihr neuer Schützling ihr nun folgte oder nicht.

      Leise Schritte hinter ihr machten jedoch deutlich, dass dem offenbar der Fall war und einen Moment später schloss Ryan zu ihr auf. »Du gehst auch zum Lachen in den Keller, oder?«, murrte er, kaum, dass er sie erreicht hatte.

      Abrupt blieb sie stehen und starrte ihn finster an. »Ich nehme meinen Job ernst, Mr. Baker, das ist ein großer Unterschied. Mir scheint, Sie verkennen den Ernst der Lage ein wenig!« Mit einer Hand klopfte sie auf die Akte, die sie noch immer an sich gepresst hielt. »Ihnen sollte etwas klar sein. Erstens ist das hier so etwas wie Ihre letzte Chance«, erklärte sie, »und zweitens sind wir hier in einem Zentrum für schwerkranke Menschen, Mr. Baker, und nicht bei der Partnerbörse!«

      Jetzt war es an Ryan, sie überrascht anzusehen. »Okay, okay«, er hob die Hände an, das Grinsen jedoch wich nicht aus seinem Gesicht. »Ich sehe schon, wir werden wohl doch nicht so viel Spaß haben, wie ich dachte!«

      Stirnrunzelnd wandte sich Laura von ihm ab und setzte sich wieder in Bewegung. Vor der Tür, die ins Lager führte, blieb sie stehen, nestelte ihren Schlüssel hervor und schloss auf. »Da Mrs. Weatherbee mich darum gebeten hat, Sie unter meine Fittiche zu nehmen, werden Ihre Arbeitszeiten mit denen von mir abgeglichen sein. Heißt, drei Tage Frühschicht von 6 bis 14 Uhr, einen Tag frei, drei Tage Nachtschicht von 22 bis 6 Uhr, einen Tag frei, und dann drei Tage in der Spätschicht von 14 bis 22 Uhr abends. Bei Krankheitsfall im Kollegium natürlich bedarfsweise auch austauschbar.« Ein leises Keuchen war von Ryan zu hören und nun war es an Laura, zu grinsen. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. »Soll ja niemand behaupten, wir würden unser Geld leicht verdienen, nicht wahr?«

      Sie öffnete die Tür und betrat das Lager, wo sie mit sicherem Blick die Dienstkleidung für Ryan heraussuchte und ihm dann reichte. »Wenn Sie sich umgezogen haben, werde ich Ihnen kurz das Zentrum zeigen und danach besuchen wir gemeinsam unseren ersten Patienten.«

      »Haben wir nur einen Patienten, um den wir uns kümmern werden?«

      Ein leises Lachen entwich ihr. »Nein, das lässt sich leider nicht realisieren. Die Kosten für eine solche Betreuung wären viel zu hoch, und da wir ausschließlich durch Spenden finanziert werden, müssen wir das im Auge behalten. Wir versuchen allerdings, den Wechsel so gering wie möglich zu halten, allein im Interesse der Patienten. Daher haben wir Teams gebildet, die im Drei-Schicht-System immer die gleichen Patienten betreuen.«

      Gefolgt von Ryan verließ sie den

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