Abrechnung in London. Thomas Riedel

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Abrechnung in London - Thomas Riedel

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und einen Haftbefehl gegen Sie erwirken … Wenn ich die Vorgänge hier schildere, dann können Sie mir glauben, dass er ganz gleich aller Freundschaft zu Ihnen, mit der Unterschrift keine Sekunde zögern wird!«, entgegnete Primes kalt. »Ich gebe Ihnen genau zwei Minuten Zeit … Vielleicht überlegen Sie es sich doch noch anders.«

      Der Psychiater stieß einen hörbaren Seufzer aus. Es hörte sich an, als ob ein Flusspferd die Luft abließe. »Gut, ich rede! Aber das werden Sie noch bereuen, Chief Inspector!«, stieß er vor Zorn bebend hervor.

      »Was suchten Sie hier?«, fragte Primes, die Drohung des Arztes geflissentlich überhörend.

      »Gestern wurde es länger im Labor … Ist das kleine Gebäude rechts … Jedenfalls war es gegen neun Uhr abends«, begann Dorsey, »da hörte ich eine Tür schlagen, blickte durchs Fenster und sah einen Mann fortgehen ...«

      »Kannten Sie ihn?«, wollte der Chief Inspector wissen.

      »Ja. Es handelte sich um Albert Stirling. Er war mal mein Chauffeur und ist Olivias Verlobter.«

      »Er arbeitet nicht mehr für Sie? Darf ich erfahren: Warum?«

      »Dafür gab es einen triftigen Grund. Es kam zu fortwährenden Unkorrektheiten, sodass ich ihn vor knapp vier Wochen entlassen musste und ihm jedes weitere Betreten meines Hauses verbot«, erklärte er. »Ich habe es Olivia, unserem Hausmädchen gesagt, aber sie ließ ihn dennoch ein.« Er sah Primes an und schenkte Bradley einen Seitenblick, der seinen steifen Hut mit zwei Fingern an der hochgezogenen Krempe immerzu langsam drehte. »Er wohnt übrigens in der ›Union Street‹, Nummer 31, unterm Dach. Ich nahm an, dass Olivia noch da sei und rief nach ihr. Ich wollte sie bitten, mir noch einen kleinen Imbiss zu machen. Das Licht brannte. Da sie nicht reagierte, suchte ich nach ihr … Nun, Sie können sich denken, wie erschrocken ich darüber war, als ich sie tot fand. Ich untersuchte sie oberflächlich … Meiner Meinung nach starb sie durch ein Gift.«

      »Können Sie mir erklären, warum Sie nicht direkt den Yard angerufen haben?« fragte Primes, während Bradley seinen Hut beiseitegelegt hatte und dazu übergegangen war, sich einige Notizen zu machen.

      »Genau das hatte ich vor, aber da vernahm ich Schritte. Ich nahm natürlich an, Stirling würde zurückkehren und versteckte mich im Nebenzimmer. Aber es war nicht Stirling, sondern Mr. Bradley, wie sich herausstellte. Jedenfalls ging ich von meinem Ex-Chauffeur aus und fragte mich, was er noch hier wollte? Also beobachtete ich ihn, jeden Moment darauf gefasst, dass er mich entdecken würde. Um das zu verhindern, löschte ich das Licht und wollte mich davonmachen, um von oben aus die Polizei zu rufen. Dann war ich der irrigen Meinung, Stirling sei wieder fort und betrat das Zimmer, weil sich hier auch ein Telefon befindet … Und dann kam es zur Schlägerei.«

      »Abgesehen davon, dass mir nicht einleuchtet, warum Sie der Meinung waren, Stirling sei wieder fort … Sie hätten schließlich seine Schritte hören müssen, zuvor taten Sie es ja auch … Warum riefen Sie nicht später an?«, forschte Primes nach, den Widerspruch der Aussage aufzeigend.

      »Ich wollte den Eindringling nicht entkommen lassen und wartete im Flur. Dann ging ich doch hinauf«, erwiderte Dorsey.

      »Erklären Sie mir, wie Ihr Etui auf den Beistelltisch gekommen ist … und der Zigarettenstummel in den Aschenbecher!« Primes ließ nicht locker.

      »Das kann ich nicht! Das Etui vermisse ich bereits seit einigen Tagen … Geraucht habe ich hier auch nicht«, erklärte Dorsey, der jetzt ruhiger geworden war.

      »Nun, Ihre Bedienstete wird dieses Kraut kaum angerührt haben!«, stellte der Chief Inspector fest. »Also, wer sonst?«

      »Stirling vielleicht«, warf Bradley ein.

      »Trug Ihre Hausangestellte einen Schmuck, eine Halskette vielleicht?« fragte Primes unvermittelt.

      Der Psychiater schien nachzudenken. »Ja, sicher!«, sagte er dann schnell. »Ein Collier mit schwarzen Perlen!«

      Primes sah seinen Freund kurz an und Bradley nickte unmerklich zur Bestätigung dessen, dass dies der Schmuck war, den er in Mrs. Dorseys Auftrag suchen sollte.

      »Und in diesem Punkt besteht kein Zweifel, Mr. Dorsey?«

      »Keiner!«

      »Haben Sie das Collier schon früher einmal an Ihrer Angestellten gesehen?«, forschte der Chief Inspector weiter.

      Dorsey schüttelte den Kopf.

      »Auch nicht an Ihrer Frau?«, fragte Bradley schnell.

      »An meiner Frau? Was für ein Unsinn! Ich muss schon sagen: Ihre Fragen sind reichlich merkwürdig!«, erwiderte Dorsey spitz und sah von einem zum anderen.

      »Kennen Sie einen gewissen Roger Kensington?« setzte Primes das Verhör fort und sah den Psychiater voll an.

      »Ja, natürlich«, räumte Dorsey ein. »Der Mann ist Junggeselle, von Beruf Chemiker … und ein echter Dandy, wie ich anmerken möchte. Er liebt es seine Kleidung und sein Auftreten zu kultivieren, hat Witz und Bonmot. Er hat schon fast etwas von Baudelaire«

      »Dessen luxuriöse Dandy-Existenz bekanntlich scheiterte, sodass ihm gerichtlich ein Vormund verpasst wurde«, bemerkte Bradley schmunzelnd.

      »Mag sein, dass es ihm irgendwann ähnlich ergeht. Wer kann das heute sagen?«, erwiderte Dorsey.

      »Ihre Frau kennt ihn auch?«, kam Primes auf das Wesentliche zurück.

      »Ich verbitte mir derart impertinente Fragen, Chief Inspector!«, donnerte Dorsey.

      »War Ihre Bedienstete Ihnen gegenüber jemals unaufrichtig, Mr. Dorsey?« fragte der Chief Inspector unverdrossen weiter.

      »Olivia ...? Äh, ja … doch!«, antwortete Dorsey verlegen, um dann plötzlich auszubrechen: »Aber Ihre Fragerei geht jetzt zu weit. Das ist ja nun wirklich sehr privat!«

      »Schon gut, Mr. Dorsey. Vorerst genügen mir Ihre Auskünfte«, erwiderte Primes deeskalierend. »Sie werden sich aber weiter zu meiner Verfügung halten!«

      »Soll das heißen, dass ...«, brauste der breite Mann wieder auf.

      »... dass Sie uns bitte Ihre Frau herunterschicken, Mr. Dorsey!«, schnitt ihm Bradleys Freund das Wort ab.

      Mit wuchtigen Schritten und Zornesröte im Gesicht stapfte der Psychiater aus dem Zimmer. Dabei brummte er etwas Unverständliches vor sich hin, was bei seinem Temperament ganz gewiss nichts Schmeichelhaftes für Bradley und Primes war.

      *

      »Den hast du aber ordentlich auf die Palme gebracht!«, stellte Bradley grinsend fest.

      »Warum mit Samthandschuhen anfassen, Colin? Du hältst ihn doch wohl nicht für unschuldig, oder?«, fragte Primes, ohne darauf einzugehen.

      »Für unschuldig nicht. Der stiefelte mit Sicherheit seiner Angestellten hinterher, wenn da nicht sogar mehr abgelaufen ist. Aber es scheint erstmal so, als habe sie den Schmuck und das Etui gestohlen. Was er sagt, klingt durchaus glaubhaft. Und es macht den Eindruck, dass er von der Existenz des Colliers keine Ahnung hatte.«

      Sein Freund nickte zustimmend, erwiderte aber zunächst nichts. »Dieser ehemalige Chauffeur Stirling hat das Etui gefunden und eine Zigarette daraus

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