Die Zwanzigste Stunde. Thomas Riedel

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Die Zwanzigste Stunde - Thomas Riedel

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       Inspector Flanders:

       Die Zwanzigste Stunde

      Kriminalroman

      Susan Smith & Thomas Riedel

      Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

      http://dnb.de abrufbar

       1. Auflage

       Covergestaltung:

      © 2019 Susann Smith & Thomas Riedel

       Coverfoto:

      © 2019 @ ysbrand, Depositphotos

       Impressum

      Copyright: © 2019 Susann Smith & Thomas Riedel

      Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

      ISBN siehe letzte Seite des Buchblocks

       »Die Liebe bricht herein wie Wetterblitzen,

       die Freundschaft kommt wie dämmernd Mondenlicht.

       Die Liebe will erwerben und besitzen,

       die Freundschaft opfert, doch sie fordert nicht.«

       Emanuel Geibel (1815 - 1884)

      Kapitel 1

       London, England, 1889

      Auf einem der abfallenden Eingangswege zur Nordseite der Arena im ›Alexandra-Park‹ stand ein junger Mann im Smoking, eine Zigarette zwischen den Lippen, die er anzuzünden vergaß.

      Eine auserlesene Menge hatte sich zu der großen Springkonkurrenz eingefunden, die alljährlich im November im Rahmen der ›Royal International Horse Show‹ stattfand. Ein Reiter nach dem anderen setzte im Parcours über die vielfachen Hindernisse, über Erdwälle, Hürden, Mauern, Triplebarren, Wassergräben und Oxer.

      »Miss Darlene Newdale, Nummer 43, auf ›Lucky Longtail‹«, dröhnte die Stimme des Ansagers aus dem Megaphon.

      Diese Ankündigung war die Ursache, dass der junge Mann vergaß, seine Zigarette anzuzünden. Seine wasserblauen Augen hingen an dem Mädchen, das einen braunen Wallach in den Ring führte, dessen starke, gut gewinkelte Hinterhand den guten Springer verriet – da deren Knochen so angeordnet waren, dass das Pferd sie gut ziehharmonikaartig zusammenschieben konnte.

      Als das Mädchen auf dem Rücken des Wallachs saß, sah es sehr schmal und zierlich aus. Aber die Art, wie seine behandschuhten Hände lässig die Zügel hielten, ließ auf Zähigkeit und Kraft schließen. Die blonden Haare waren unter einen steifen Hut gekämmt. Die Augen blickten kühl und gesammelt.

      Der junge Mann hatte seine Hände in die Taschen gesteckt. Er ließ keinen Blick von dem Mädchen, als ›Lucky Longtail‹ startete. Ohne jedwede Anstrengung flog der Wallach über das erste Hindernis. Sein Stil hatte etwas Vertraueneinflößendes. Darlene Newdales Hände hielten nur losen Kontakt mit seinem Maul.

      Weiter ging's, über die Mauern und über die Triplebarren. Die Menge hielt den Atem an, als der Wallach sich auf der Diagonalen dem Wassergraben näherte, bei dem ein Dutzend Konkurrenten den Sprung verweigert hatten. Die Ohren des Pferdes zuckten – aber es zögerte nicht. Ein Murmeln ging durch die Menge. Niemand wagte zu schreien, denn schon kam das nächste Hindernis an die Reihe: Ein Barren von vier Yard Höhe, der beim leichtesten Anrühren hinunterfiel.

      In tadellosem Anlauf nahm ›Lucky Longtail‹ das Hindernis.

      Ein einstimmiger Schrei der Begeisterung brauste auf. Der Wallach hatte den Parcours als erstes Pferd an diesem Abend fehlerlos geritten.

      Der junge Mann am Eingangsweg zog sein Taschentuch hervor und fuhr sich damit übers Gesicht. Als er sich abwandte, sah er sich einem Paar gegenüber, das ebenfalls in Abendkleidung daherkam. »Guten Abend, Merrivell! … Du kennst doch meine Frau, Robert?«

      Geistesabwesend begrüßte er die beiden. Seine Stimme war heiser vor Erregung.

      »Wahrhaftig«, sagte sein Bekannter, »dieses junge Ding versteht sich aufs Reiten.«

      »Allerdings«, erwiderte Robert nickend.

      »Ist Darlene nicht Margaret Newdales Schwester?«, erkundigte sich die junge Frau.

      »Ja.«

      Der Mann zwinkerte ihm zu. »Du hast dich doch mit ihr abgegeben, bevor du anfingst, dich Margaret zu widmen, nicht wahr?«

      Roberts Wagenmuskeln zuckten. »Kümmere dich gefälligst um deine eigenen Angelegenheiten«, wies er ihn brüsk zurecht und schritt weiter.

      Entgeistert starrte die junge Frau ihm nach, während ihr Mann herzhaft lachte.

       *

      Nach kurzem Zögern begab sich Robert Merrivell in den Gesellschaftsraum der ›Royal International Horse Show‹, wo an einem Ende einer Bar, die sich längs der Wand erstreckte, einige Gentlemen standen. Robert steuerte auf das andere Ende zu.

      »Whisky und einen Spritzer Soda«, sagte er. Er ließ die geschlossenen Hände auf der Mahagoniplatte ruhen, bis der Barmann sein Getränk brachte. Seine Finger hatten sich gerade um das Glas geschlossen, als jemand neben ihn trat.

      »Guten Abend, Mr. Straightbolt«, grüßte der Mann hinter dem Tresen. »Was darf es für Sie sein, Sir?«

      »Whisky«, erwiderte der Angesprochene mit einer wohllautenden, ruhigen Stimme.

      Roberts erhobene Hand stockte auf halbem Wege zum Mund. Für einen Augenblick hielt er sein Glas ganz still. Dann trank er es halb leer, bevor er es wieder absetzte. Er blickte den Mann an seiner Seite an. »Hallo, Dwayne«, murmelte er halblaut.

      »Hallo, Robert. Darlene hat ihre Sache wirklich gut gemacht«, meinte der große, breitschultrige Mann, mit den blonden, lockigen Haaren und Backenbart. Dwayne Straightbolt trug einen dunkelgrauen Gehrock und Zylinder. Er zeigte die freundliche Miene des Gesellschaftsmenschen. Einem Reporter gegenüber hätte er ohne Zögern folgende Angaben gemacht: vierzig Jahre alt, Besitzer eines der größten Privatvermögen Englands, erstklassiger Polospieler und Mitglied des ›Hurlingham Polo Comitee‹, Eigentümer einer Yacht und begeisterte Wasserratte, noch immer unverheiratet, obwohl unzählige Mütter in ihm die passende Partie für ihre Töchter sahen.

      »Nichts Neues, nehme ich an«, sagte Robert.

      Dwayne

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