Die Zwanzigste Stunde. Thomas Riedel

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Zwanzigste Stunde - Thomas Riedel страница 3

Автор:
Серия:
Издательство:
Die Zwanzigste Stunde - Thomas Riedel

Скачать книгу

vermutete er. »Sie wird schon auftauchen, wenn es ihr in den Kram passt.«

      »Ich sage dir: Mir gefällt die Sache nicht«, erwiderte Turnblower scharf.

      »Weißt du vielleicht, was man daran ändern könnte?«

      Turnblower blickte seinem Freund offen ins Gesicht. »Höre, Dwayne, ich habe schon seit einiger Zeit das Gefühl, dass du nicht sehr glücklich über den Stand der Dinge bist. Du darfst Margaret nicht heiraten, wenn es dir nicht unbedingt konveniert. Wir leben nicht mehr im Mittelalter, verstehst du?«

      »Ach, wirklich?« Dwaynes Ton klang bitter.

      »Dwayne, wenn ich dir auf irgendeine Weise behilflich sein kann …«

      »Lass' nur! … Margaret und ich werden heiraten und ein äußerst vergnügliches Leben führen. Du weißt schon, Soirées, Ausfahrten mit der Yacht, Whistpartien … Meine Güte!«

      »Dwayne!«

      »Verzeih'. Bekommt nicht jeder zukünftige Ehemann zu einem gewissen Zeitpunkt Lampenfieber? Ich glaube, ich werde mir heute Nacht noch einen netten kleinen Schwips zulegen.«

      Turnblower betrachtete ihn sorgenvoll. »Dwayne, du weißt hoffentlich, dass ich alles für dich tun würde. Wenn ich dir auf irgendeine Weise helfen kann, dann lass' es mich tun. Der Himmel weiß, dass ich dir niemals vergelten kann, was du früher für mich getan hast.«

      »Es gibt nichts zu tun«, entgegnete Dwayne, in sein Glas starrend. »Absolut nichts, Broderik.«

      »Am liebsten würde ich Margaret übers Knie legen und so richtig den Hintern versohlen, weil sie dich so behandelt«, bemerkte Turnblower grimmig.

      »Das würde ich mir gern anschauen!« Dwayne Straightbolt lachte trocken auf.

       *

      Vor dem Ausstellereingang parkte der dunkelgrüne Landauer der Newdales. Robert Merrivell, der seinen Mantelkragen hochgeklappt hatte, schritt auf dem Seitenpfad auf und ab. Ein Blick auf seine Taschenuhr zeigte ihm, dass es bereits nach ein Uhr war.

      Endlich erschien Darlene, beladen mit zwei Mänteln, einer großen Silbertrophäe und einem Köfferchen.

      Ganz Gentleman nahm Robert ihr die Last ab. »Ich dachte, du würdest überhaupt nicht mehr kommen«, bemerkte er ein wenig vorwurfsvoll.

      »Ich bin eigentlich noch gar nicht hier, Robert«, erwiderte sie und schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln. »Sei ein Engel, ja? Leg' die Sachen hinten in die Kutsche. Hier hast du die Schlüssel. Ich muss noch mit ein paar Leuten sprechen. Mit Rachel wegen Margaret telefonieren und einige berufliche Sachen erledigen. Es dauert bestimmt nicht lange.«

      »Es ist dein Schaden«, entgegnete er, »denn, wenn ich erst einmal angefangen habe zu reden, musst du mir bis zum Schluss zuhören. Vielleicht dauert es bis in die frühen Morgenstunden.«

      Für einen Augenblick legte sie ihre Hand in die seine. »Das wäre mir ganz gleich.« Dann kehrte sie rasch wieder ins Gebäude zurück.

      Robert trug die Sachen, die sie ihm übergeben hatte, zu dem in die Jahre gekommenen Landauer hinüber und schloss die Seitentüren zu den hinteren Sitzen auf. Ungefähr dreißig Sekunden lang stand er wie versteinert am offenen Schlag. Dann schlug er ihn schnell wieder zu, sah sich dabei kurz um und verstaute ihre Sachen in fliegender Hast im Kofferaufbau, zu dessen Schloss sich auch ein Schlüssel am Bund befand. Als er damit fertig war, schritt er über die Straße auf einen Bobby zu. »Kennen Sie Miss Newdale vom Ansehen?«, erkundigte er sich.

      »Die junge Lady, mit der Sie gerade gesprochen haben? … Natürlich.«

      »Bestellen Sie ihr doch bitte, dass ich nicht warten konnte«, trug er ihm auf. »Wenn sie herauskommt, sagen Sie ihr nur, dass ich nicht länger warten konnte.«

      »Sie nehmen den Wagen?«, fragte der Uniformierte nach.

      »Ja.« Robert kramte in seiner Tasche und holte eine Zwanzig-Shilling-Münze hervor. »Geben Sie ihr die und sagen Sie ihr, sie soll mit einem ›Hansom‹ heimfahren.«

      »Vielleicht gefällt es ihr ganz und gar nicht, versetzt zu werden«, bemerkte der Polizist.

      »Ja, vielleicht«, erwiderte Robert. Er ging zum Landauer zurück, stieg ein und fuhr in Richtung der ›Dukes Avenue‹ davon.

carriage_PNG19

      Kapitel 2

      Inspector Nicholas Flanders von der Mordkommission wälzte sich unruhig in seinem Bett und öffnete schließlich die Augen. Jemand klopfte ausdauernd an die Tür seiner Wohnung. Flanders richtete sich auf, knipste die Nachttischlampe an und blickte auf seine Armbanduhr: Viertel nach zwei!

      Er schlüpfte in seine Pantoffeln und zog sich einen blauen Morgenrock an. Das Klopfen hielt weiter an. Flanders hatte keine Eile. Er fuhr sich mit den Fingern durch seine kurzgeschnittenen roten Haare, strich den Kragen des Pyjamas glatt und schlurfte zur Tür.

      »Aufhören!«, schimpfte er. »Sie schlagen ja noch das Haus zusammen!« Er löste die Sicherheitskette und öffnete die Tür.

      Vor ihm stand ein alter Herr, der mit dem Elfenbeingriff seines Schirmes gegen die Tür gehämmert hatte. Zwischen der Krempe einer altmodischen, hohen braunen Melone und dem Astrachankragen eines langen schwarzen Mantels war nicht viel sichtbar. Aus der linken Tasche des Mantels schaute ein schwarzes Hörrohr hervor. Misstrauisch musterte der alte Gentleman Flanders. Hinter ihm stand ein junger Mann mit blassem, verzerrtem Gesicht.

      »Guten Tag, Mr. Bishop, oder vielmehr guten Morgen«, sagte Flanders. Seine sanften grauen Augen spiegelten Belustigung wider. Er blickte Bishops Begleiter an.

      »Dieser junge Narr hier heißt Merrivell. Robert Merrivell«, erklärte Bishop. »Kümmern Sie sich nicht um ihn, bis ich Sie etwas gefragt habe.«

      »Wenn Sie mich etwas zu fragen haben, sollten Sie besser eintreten.« Flanders drehte einen Schalter neben der Tür an.

      Ein merkwürdiger Raum wurde erhellt. Einstmals war er die große Küche einer herrschaftlichen Wohnung gewesen. Über dem Kamin hingen alle möglichen Kupferpfannen, offensichtlich zum Schmuck. Auf einem Tisch stand eine blaue Porzellanschale, die mit Pfeifen gefüllt war. Das Bett des Inspektors, das sich in einer Vertiefung zwischen den Fenstern befand, machte den Eindruck einer Schiffskoje. Am anderen Ende des Raumes war eine Tür, deren obere Hälfte aus Glas bestand und die in einen kleinen Garten führte.

      Flanders lud seine Besucher mit einer Handbewegung ein, auf einer Couch vor dem Kamin Platz zu nehmen. Er selbst machte sich daran, die Glut im Kamin neu zu entfachen.

      Bishop legte Hut, Schirm und Hörrohr auf den Tisch. Er zog seinen Mantel und einen gestrickten Schal aus, ergriff das Hörrohr wieder und nahm die Mitte der Couch ein.

      Robert Merrivell stand abwartend bei der Feuerstelle und starrte den Inspector an. Als dieser sich erhob, begegnete er seinem Blick.

      »Nun?«

Скачать книгу