Die Zwanzigste Stunde. Thomas Riedel

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Die Zwanzigste Stunde - Thomas Riedel

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Salon zu tragen. In Darlenes Augen spiegelte sich der Schrecken, den ihr das Telefonat eingejagt hatte. »Es war Robert! Es handelt sich um Margaret. Er sagt, es sei ein Unglücksfall geschehen!«

      »Oh!«

      »Er erklärte nichts Näheres, sagte aber, ich müsse sofort kommen. Ich möchte nicht, dass die anderen etwas erfahren. Sag' ihnen … sag' ihnen, dass ich in der Ausstellung etwas liegengelassen hätte. Ich laufe rasch durch den Hinterausgang.«

      »Du kannst auf mich zählen, Liebes«, erwiderte Rachel. »Soll ich nicht mit dir kommen?«

      »Robert ist dort«, rief Darlene, die sich schon in der Halle befand. Rachels scharfer Ton konnte sie nicht aufhalten.

      »Hör', Darlene, wenn Margaret etwas zugestoßen ist, dann lass' es mich unverzüglich wissen, ja?«

      Darlene blickte über ihre Schulter zurück. »Ja. Robert machte ja nur eine dunkle Andeutung …« Sie schlüpfte in ihren Mantel.

      »Es ist wichtig«, rief Rachel ihr zu. »Denn wenn ihr etwas zugestoßen ist, kann ich vielleicht helfen.«

      »Ich weiß, dass du immer hilfsbereit bist, Rachel. Aber das ist unsere Sache.«

      »Du missverstehst mich, Darlene. Seit fast zwei Wochen peinigt mich schon die Angst, dass ihr etwas zustoßen könnte. Versprich mir, dass du mir sofort Bescheid sagen wirst!«

      »Ich verspreche es dir!«

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      Kapitel 3

      Bishop richtete sich auf der Couch in Inspector Flanders' Zimmer auf, als die Tür geöffnet wurde.

      Robert Merrivell, der noch immer seinen Mantel anhatte, stand vor dem Kamin, als müsste er sich wärmen.

      Flanders kam herein und warf Hut und Mantel auf einen Stuhl neben der Tür. »Haben Sie Miss Newdale informiert?«, erkundigte er sich, Robert anschauend.

      »Ja. Sie kommt her.«

      Bishop vollführte eine Bewegung der Ungeduld. »Also, … was ist nun los? Wollen Sie uns nicht wenigstens Auskunft geben?«

      »Es handelt sich wirklich um einen Mord«, erwiderte Flanders ruhig. »Sie wurde mit einem Seidenschal erwürgt. Ich vermute, mit ihrem eigenen.« Er stopfte sich abermals eine Pfeife. Seine Augen ruhten auf Robert. »Warum?«

      »Ich … ich verstehe nicht.«

      »Ich frage Sie, warum sie getötet wurde«, entgegnete Flanders. »Sie war noch jung, ungefähr drei- oder vierundzwanzig Jahre alt. Ihren Angaben nach stammt sie aus guter Familie. Sie ist also nicht die Art Mädchen, die auf diese Weise umzukommen pflegen.«

      »Fragen Sie diesen jungen Toren doch nicht nach Margaret, Inspector«, mischte Bishop sich kichernd ein. »Er ist sehr vertraut mit ihr und ihrer Schwester. Er ist mit all ihren Lebensumständen sehr vertraut.«

      »Wissen Sie, warum sie getötet wurde?«, wandte Flanders sich an Bishop.

      »Allerdings.«

      »Warum also?«

      »Weil jemand sie hasste oder weil sie für jemand gefährlich war.«

      »Wer ist der Betreffende?« Flanders' Stimme klang ergeben.

      »Wie zum Teufel, soll ich das wissen? Das ist Ihre Angelegenheit.«

      Flanders zuckte die Schultern und richtete seine Worte wieder an Robert. »Der Landauer ist zum Yard verbracht worden. Man wird die neue Fingerabdrucktechnik einsetzen und den Leichnam fotografieren. Allerdings bezweifle ich, dass man mit der Suche nach Fingerabdrücken Erfolg haben wird, nachdem Sie und Ihr Freund herumgewühlt haben.«

      »Das ist ohnehin zwecklos«, fiel Bishop bissig ein. »Sie wurde nicht in der Kutsche getötet. Mantel, Handschuhe und Tasche waren einfach hineingeworfen. Sie wurde irgendwo anders getötet … der Leichnam wurde im Landauer verstaut … die Sachen hinterhergeworfen.«

      »Das haben Sie also bemerkt?«

      »Ich habe noch gute Augen«, erklärte der alte Mann nachdrücklich. »Wie lange ist sie schon tot?«

      »Das werden wir erst erfahren, wenn der Bericht eingetroffen ist. Auf jeden Fall schätze ich, schon eine geraume Zeit … Vielleicht ein oder zwei Tage.«

      »Großer Gott!«, stieß Robert hervor.

      Flanders blickte ihn an.

      Robert befeuchtete seine Lippen. »Sie müssen wissen, Inspector, dass Margaret seit vorigem Mittwoch vermisst wird«, sagte er eifrig. »Seit drei Tagen haben Dwayne und ich sie in ganz London gesucht. Dwayne … Dwayne Straightbolt war mit ihr so gut wie verlobt.«

      »Und die Familie fand ihr Verschwinden nicht wichtig genug, um die Polizei zu benachrichtigen?«

      Robert blickte auf seine Kopfbedeckung nieder, die er in den Händen drehte. »Margaret war … Nun ja, sie war etwas merkwürdig, Sir. Sie verbrachte den größten Teil ihrer Zeit außer Haus. Sie hatte überall Freunde. Es sah ihr durchaus ähnlich, fortzugehen und niemanden zu benachrichtigen.«

      »Machten sich ihre Eltern denn keine Sorgen?«

      »Ihre Mutter ist schon lange tot. Die beiden Mädchen leben mit ihrem Vater und ihrer Tante, Miss Mabel Cartwell, zusammen. Den beiden hatte man gesagt, Margaret halte sich bei ihrer Freundin Rachel Evermer auf. Darlene wollte nicht, dass man der Familie vor der Zeit etwas von dem Verschwinden mitteilte. Margaret hatte schon oft genug für Sensationen gesorgt.«

      Bishop hielt die Augen geschlossen, als würde er schlafen. Jetzt öffnete er sie. Sie waren so hell und klar wie die eines Vogels. »Margaret war ein Wildfang und eine Herumtreiberin«, erklärte er, lehnte sich zurück und schloss die Augen wieder.

      Robert errötete.

      Flanders wartete ab.

      »Sie … sie war ein wenig wild, ja, und auch unbeherrscht«, räumte Robert ein. »Sie konnte die engen Verhältnisse zu Hause nicht ertragen. Früher waren die Newdales recht vermögend, bis das Maklergeschäft des Vaters in Konkurs ging und sie alles verloren.«

      »Woraufhin sich Douglas Newdale hinsetzte und nur noch herumjammerte«, bemerkte Bishop, ohne sich zu rühren. »Er ist ein Schwächling. Das habe ich ihm auch ins Gesicht gesagt. Jeder kann im Leben mal stürzen, aber dann heißt es: wieder aufzustehen!«

      »Darlene nahm die ganze Sache in die Hand«, berichtete Robert. »Sie besaßen Pferde. Mit Captain Broderik Turnblower zusammen, einem ehemaligen Kavallerieoffizier, eröffnete sie eine Reitschule und gaben Unterricht. Züchteten Pferde und verkauften sie. Dwayne Straightbolt, Turnblowers bester Freund, finanzierte das Geschäft. Es ist bis jetzt ganz gut gegangen, sodass sie Dwayne Geld zurückzahlen konnten. Immerhin haben sie hart zu arbeiten, ohne dass viel dabei herauskommt.

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