Himmel. Harald Winter

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Himmel - Harald Winter

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ihnen weiter zu folgen. Was solls. Er machte noch einen vorsichtigen Schritt und blieb wieder stehen. Er wartete darauf, dass der fette Kerl etwas sagte, oder sonst irgend etwas unternahm, um ihn aufzuhalten. Den stärker werdenden Impuls sich umzudrehen unterdrückte er. Er wollte nicht in das grinsende Gesicht mit den kalten Augen sehen, unter deren Blick alle Kraft die er gesammelt hatte gefror. Noch ein Schritt. Stehen bleiben; kürzer diesmal; dann gleich zwei Schritte hintereinander; nur noch ein kurzes Innehalten. Dann war die Grenze überwunden. Sein Kopf hörte auf sich ständig drehen zu wollen und blieb starr nach vorne gerichtet. Seine Augen suchten nach den Fußspuren die ihm den Weg wiesen. Der schwebende Mann ließ ihn gehen; sicher nicht ohne eine Absicht damit zu verfolgen, die Jonathan nicht erkannte. Obwohl es dein eigener Traum ist. Ist das nicht irgendwie seltsam? Wie lange dauert so ein verdammtes Koma eigentlich; oder die Narkose der ich sicher nicht zugestimmt habe? Jonathan hatte das Gefühl, dass er nun schon eine Ewigkeit lang in diesem Traum gefangen war. Sicherlich mehr als nur ein paar Stunden; eher Tage. Das Wort Wachkoma hallte immer wieder durch die tieferen Schichten seiner Gedanken und machte ihn dabei von Mal zu Mal ein klein wenig nervöser. Er wollte... konnte sich nicht vorstellen, dass das hier niemals mehr endete und er in dieser Fantasiewelt gefangen war, bis er seinen letzten Atemzug tat. Niemand der seinen regungslosen Körper sah, würde erkennen was hinter der ewig gleichen Maske eines Gesichts, in dem sich kein Muskel bewegte vorging. Keiner würde wissen, dass er in einem Gefängnis umherirrte, das sein eigener Geist geschaffen hatte, auf der Suche nach einem anderen Menschen, den er natürlich niemals wirklich finden konnte. Für einen Moment war er versucht einfach nur lauthals zu schreien, bis ihn seine Stimme im Stich ließ. Aber wer würde ihn schon hören? Links und rechts ragten Felswände bis in schwindelnde Höhen auf und hinter ihm war irgendwo der fette Kerl. Was vor ihm lag wusste er nicht, aber vermutlich konnte er auch dort nicht mit einem interessierten Zuhörer rechnen. Wut verlor ihre Macht, wenn es nichts gab, an dem sie sich entladen konnte. Jonathan straffte die Schultern und ging weiter. Es gab ohnehin nichts anderes, was er hätte tun können. Die einzige Alternative war, zu dem fetten Monstrum zurückzukehren, das ihn mit kalten Augen anstarren würde, während es ihm einen Vortrag über den Glauben hielt. Danach verspürte Jonathan nicht das geringste Bedürfnis.

      Jonathan atmete auf, als die Felswände, die den Weg bisher gesäumt hatten endlich zurückwichen und das Gefühl erdrückt zu werden in gleichem Maße nachließ. Mit jedem Schritt den er zurücklegte wurde der Abstand zwischen den Wänden größer. Es war als würde er einen Trichter in der falschen Richtung durchqueren. Der Winkel in dem die Wände auseinander strebten wurde immer größer, bis sich vor Jonathan eine unübersehbar große Ebene ausbreitete, die bis zum Horizont und darüber hinaus erstreckte. Aber das war es nicht, was ihn dazu brachte erstaunt innezuhalten. „Was zum...“ murmelte er und bemerkte nicht, dass sein Mund offen stehen blieb. Er wandte den Kopf hin und her, aber egal wohin er den Blick richtete zeigte sich doch überall das gleiche Bild. Grabsteine, Kreuze und Hügel aus frisch aufgeschütteter Erde. Das da vor ihm war nichts anderes als ein gigantischer Friedhof. Der größte den er jemals gesehen hatte; jemals sehen würde. So etwas konnte nicht wirklich existieren. Niemand würde auf die verrückte Idee kommen einen Totenacker anzulegen, der die Fläche eines kleinen Landes einnahm. Das war ziemlich abgedreht, selbst für einen Traum. Jonathan rieb sich die Augen, blinzelte und stellte seufzend fest, dass er immer noch auf den größten Friedhof aller Zeiten starrte. Er sah kurz nach unten und vergewisserte sich, dass die Fußspuren, denen er folgte auch wirklich dort hinaus, in das Meer aus kleinen Hügeln und religiösen Symbolen eines Totenkults wiesen. Sie taten es. Wenn die Spur nicht irgendwo unerwartet die Richtung, dann würde er ihr mitten durch die Ruhestätte der unzähligen Begrabenen folgen müssen. Er hatte sich nie vor Friedhöfen gefürchtet; warum auch?; aber jetzt konnte er das unangenehme Gefühl, das langsam aus seinem Magen empor kroch nicht vertreiben. Ach komm schon. Gib einfach zu, dass du die Hosen schon jetzt voll hast. Das war angesichts dessen, dass er sich nicht in der realen Welt aufhielt keine Schande. Hier konnte wer weiß was passieren. Vielleicht erhoben sich die Toten aus ihren Gräbern und zerrten ihn mit hinab in die feuchte Dunkelheit oder taten etwas anderes, kaum weniger Unerfreuliches. Wie hieß es doch immer in den Geschichten? Stirbst du im Traum, dann stirbst du auch in der wirklichen Welt. Vielleicht nicht genau in diesen Worten, aber es traf den Kern der Sache. Hatte wahrscheinlich etwas mit der Angst und dem Stress den sie auslöste zu tun. Jonathan erinnerte sich daran, dass er das mit der Angst mal in irgend einem Magazin über Psychologie gelesen hatte. Linda kaufte diese Magazine manchmal, wenn sie das Bedürfnis hatte etwas für ihre Bildung zu tun. Für gewöhnlich las sie ein oder zwei Artikel und warf die Zeitschrift dann auf einen Stapel, der in irgend einer Ecke verstaubte. Manchmal warf er auch mal einen Blick hinein und las die Titel der Artikel; vielleicht auch mal die ersten Sätze, aber kaum jemals mehr. Hin und wieder blieb dann auch etwas hängen, mit dem er wenn er Glück hatte irgendwann angeben konnte. In der Situation in der er sich befand wäre es ihm lieber gewesen, er hätte den ganzen Stapel durchgearbeitet und würde wirklich etwas von der menschlichen Psyche, am Besten seiner eigenen, verstehen. Vielleicht hätte er dann gewusst wie groß die Gefahr war, dass ihm wirklich etwas zustieß. Vielleicht hätte er dann auch einen Weg gefunden, der aus dieser Traumwelt herausführte. Jonathan schloss ergeben die Augen und atmete einige Male tief durch. Im Augenblick gab es nur einen einzigen Weg für ihn und der führte ihn weiter in den wirren Traum hinein. Zuerst ging er nur zögerlich weiter während sein Blick unstet umher irrte und nach verdächtigen Bewegungen suchte. Jeder Grabstein und jedes Kreuz erschienen ihm bedrohlich und düster. Als nach einiger Zeit noch immer nichts geschehen war gab er seine Vorsicht auf und beschleunigte seine Schritte. Um ihn herum gab es nichts mehr anderes als Gräber. So viele, als wären alle Menschen die jemals gestorben waren hier begraben. Und dann begriff er. Vielleicht war es das. Er bildete sich ein, an dem Ort zu sein, an den alle irgendwann einmal kommen mussten. Aber auch hier gab es kein Leben nach dem Tod. Nur ein anderes Loch in der Erde, in dem die leeren Hüllen verrotteten. Jonathan musste trotz der bedrückenden Umgebung grinsen. Auch im Traum blieb er einigen seiner Prinzipien treu und fand Wege absurde Konzepte wie ein Leben nach dem Tod durch etwas anderes zu ersetzen. Etwas Fantasy war in Ordnung, aber es durfte nicht ins religiöse abgleiten. Das Grinsen verharrte nicht lange auf seinem Gesicht. Schnell gewannen die stumme Drohung und eine Gefühl von Traurigkeit von dem er nicht genau wusste woher es kam die Oberhand. Er blieb vor einem der Gräber stehen und las die Inschrift auf dem makellosen Grabstein, der aussah als wäre er gerade erst fertig gestellt worden. Jonathan Ross, 1961-2009 stand da. Sonst nichts. Nur der Name und die Zahlen. Unglaublich, welche Details in diesem Traum steckten. So etwas hatte er noch nie erlebt. Egal wohin er sich wandte; es gab keine blinden Flecken, keine Sprünge die sie sonst so oft in seinen Träumen auftraten. Kaum jemand träumte eine Geschichte vom Anfang bis zum Ende, mit all ihren Nuancen und Zwischenstufen. Das war auch gar nicht möglich, da sonst die meisten Träume den Rahmen einer einzigen Nacht gesprengt hätten. Es gab aber auch Anzeichen, die zeigten, dass er sich in einer Welt aufhielt, die seiner Vorstellung entsprang. Warum zum Beispiel war er noch nicht halb wahnsinnig vor Durst? Warum ließ der Hunger nicht längst seinen Magen knurren? Doch nur deshalb, weil er solche Details nicht in seinen Traum einbaute. Und vorhin war er eine Schlucht hinabgestürzt und hatte sich dabei nicht einmal verletzt. Nein. Nichts hier existierte wirklich. Auch nicht die unzähligen Toten die überall um ihn herum begraben waren. Als er sich aus aus dem Wust seiner Gedanken befreit hatte und eben weitergehen wollte, nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Zuerst glaubte er, dass der fette Kerl ihn aufgestöbert hatte um sich weiter über ihn lustig zu machen, aber als er genauer hinsah wünschte er sich es wäre nur das gewesen. Seine Augen weiteten sich, als wollten sie aus den Höhlen fallen. Das was dort drüben, nur wenige Meter von ihm entfernt vor sich ging hätte gut und gerne in einen beliebigen Gruselfilm gepasst. Aus der lockeren Erde grub sich eine Hand, die nur noch aus Knochen zu bestehen schien. Irgend etwas versuchte sich aus dem verdammten Grab zu befreien. Er wollte schreien, aber seine Stimmbänder waren wie gelähmt. Er brachte nicht einmal ein Krächzen hervor. Wie hypnotisiert starrte er auf die bleiche Hand, der nun langsam ein mit Erde beschmierter Arm folgte. Jonathan blinzelte angestrengt, aber das Bild verschwand nicht. Er versuchte sich zu erinnern, aus welchem Film er eine solche Szene kannte. Oder war es ein Buch gewesen? Irgendwoher musste sein Unterbewusstsein die Idee für das nehmen, was es ihm vorgaukelte. Wenn er... falls er wieder erwachte würde er darüber nachdenken seine Gewohnheiten

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