Himmel. Harald Winter

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Himmel - Harald Winter

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erkennen, was er eigentlich anstarrte. Er musste näher heran. Seine Beine setzten sich bereits in Bewegung bevor der Gedanke zu ende gedacht war. Sein ganzer Körper schien sich danach zu sehnen, dass etwas geschah. Egal was. Die monotone, perfekte Landschaft um ihn herum begann bereits an seinen Nerven zu zerren. Ohne, dass er es wollte beschleunigten sich seine Schritte immer weiter, bis er schließlich beinahe rannte. Das Ding auf das er sich zu bewegte zog ihn an wie eine Fata Morgana einen verdurstenden in der Wüste. Er hoffte, dass sich sein Ziel nicht als ebenso flüchtig erwies. Zumindest hielt es sich an die grundlegenden Naturgesetze und wurde langsam größer, während Jonathan näher kam. Die vorher noch verschwommenen Linien ordneten sich zu etwas das für einen Menschen des 21. Jahrhunderts unverkennbar war. Ein Auto. Ein verdammtes Auto. Mitten im Nirgendwo. Jonathan unterdrückte den Impuls sich die Augen zu reiben. Das Ding würde ja doch nicht verschwinden. Zumindest hoffte er das es sich damit verhielt wie mit allem hier. Vielleicht konnte er einfach einsteigen, den Motor starten und den Fuß auf das Gaspedal drücken. Egal wohin er fuhr; nur die Bewegung zählte, wo der Stillstand unerträglich war. Jonathan spürte wie sich sein Herzschlag beschleunigte und eine gewisse Nervosität von ihm Besitz ergriff. Zum ersten Mal seitdem er aufgewacht war stieß er auf etwas das einen Hauch von Normalität in diese seltsame Umgebung brachte. Ein Gegenstand der für ihn so normal war, dass er ihn unter anderen Umständen keines zweiten Blickes gewürdigt hätte erschien ihm plötzlich wie ein kleines Wunder. Und dieses Wunder stand nun direkt vor ihm, nur noch wenige Schritte entfernt. Die Kraft wich aus seinen Beinen als würde sie von einem gierigen Vampir heraus gesaugt. Er blieb stehen. Während er in Gedanken gewesen war hatte er nur am Rand seiner Wahrnehmung bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Erst jetzt erkannte er was es war. Dieses Auto würde niemals mehr irgendwohin fahren. Weder mit ihm noch ohne ihn. Das Ding war ein Wrack. „Totalschaden Mann. Vergiss es!“ hätte Garry in der Werkstatt gesagt, in der Jonathan seinen eigenen Wagen reparieren ließ wenn es mal wieder sein musste, weil das verdammte Ding wie so oft nicht anspringen wollte. Garry hätte sich schaudernd abgewandt, sich bekreuzigt und „Gott hab sie selig“ gemurmelt. Garry liebte die Autos, über die er redete wie über Frauen, mehr als die Menschen. Jonathan konnte sich nicht abwenden. Das Wrack zog ihn in seinen … ihren? Bann. Mit äußerster Mühe gelang es ihm ein unwilliges Bein vor das andere zu setzen. Ein Schritt. Und noch einer. War das Blut? Auf der gesplitterten Scheibe die schief in der vorderen Tür der Beifahrerseite hing klebte etwas, das wie eingetrocknetes Blut aussah. Hör auf dich selbst zu belügen. Du weißt verdammt gut, dass das Blut ist. Jonathan blinzelte nervös. Seine Augen fühlten sich trocken an. Er ließ seinen Blick an dem verbogenen Blech entlang gleiten. Er begann heftig zu zittern als das Erkennen wie ein greller Lichtblitz durch sein gelähmtes Gehirn fuhr. Er kannte diesen Wagen. Das Modell; die Farbe. Er selbst hatte genau so einen gefahren. Ganz genau so einen. Er kniff die Augen zusammen. Suchte nach etwas. Und da war es. Ein Kratzer in Form eines U, genau unter dem Türgriff. Die Stelle an der Linda... Jonathan hielt den Atem an. Das war doch unmöglich. Das war sein eigener verdammter Wagen. Der Unfall... war das was da vor ihm stand das Ergebnis? Was wenn er die Hand ausstreckte und die Tür öffnete? Würde er sich selbst hinter dem Steuer sehen? Das leere, blicklose Gesicht eines Toten, verklebt mit getrocknetem Blut? Würde sie auf dem Beifahrersitz sein? Mit verrenkten Gliedern und gebrochenen Augen? Ohne es zu wollen streckte er den Arm aus. Seine Finger näherten sich dem Griff, der als eines der wenigen Dinge heil geblieben zu sein schien. „Komm schon. Lass mich nicht länger warten“ schien das kalte Glänzen zu sagen. Jonathan konnte der Verlockung nicht widerstehen. Seine Neugierde war stärker als seine Angst vor dem was er sehen würde. Seine Finger schlossen sich um den Griff zu zogen daran. Die verzogene Tür leistete widerstand öffnete sich aber dennoch mit einem schnarrenden Geräusch als er seine Bemühungen verstärkte. Jonathan stolperte rückwärts und starrte mit leicht geöffnetem Mund in das Innere des Wagens. In seinem Gesicht zuckte es, als wäre unter seiner Haut etwas lebendig geworden, das nicht unter seiner Kontrolle stand. Der Beifahrersitz war leer. Auf dem Armaturenbrett klebte Blut. Aber auf dem Fahrersitz saß jemand. Reglos, nach vorne gebeugt, beinahe über dem Lenkrad hängend, wie jemand der einfach nur eingeschlafen war. Jonathan konnte das Gesicht des Mannes nicht sehen, aber er wusste trotzdem wer er war; hatte es bereits einen Augenblick nach dem er die Tür geöffnet hatte gewusst. Am Steuer des zerstörten Wagens saß er selbst. Das war sein eigener Wagen den er gelenkt hatte bevor … vor was? … bevor er an diesen seltsamen Ort katapultiert worden war. Alles in ihm schrie danach die Tür zuzuschlagen und so schnell er konnte davon zu rennen, aber er konnte sich nicht bewegen. Wie ein hypnotisiertes Kaninchen starrte er sich unverwandt selbst an während sich die Gedanken in seinem Kopf jagten. Die Ausgabe seiner Selbst auf dem Fahrersitz trug die selbe Kleidung wie er. Über die Wange des Jonathans im Wagen verlief eine dünne bereits getrocknete Blutspur und irgend etwas das er nicht genau erkennen konnte schien sich in den Unterleib des Anderen … das bist du selbst Mann ... gebohrt zu haben. Jonathan versuchte die Hand auszustrecken, aber auf seinem Arm schien ein tonnenschweres Gewicht zu lasten. Er konnte sich einfach nicht selbst berühren. Der du bist tot. Das siehst du doch. Es stimmte. Der Mann in dem Wagen sah nicht sonderlich lebendig aus. Aus seinem Gesicht war jede Farbe gewichen und er bewegte sich kein bisschen. Tot. Jonathan bekam das Wort nicht aus seinem Kopf. Es hatte einen seltsamen Klang. Er hatte einen Unfall gehabt und war gestorben. Und jetzt stand er hier vor seinem Wagen und starrte seinen eigenen Leichnam an. War es das was man als außerkörperliche Erfahrung bezeichnete? Das wovon die klinisch toten, die das Glück hatten wieder zu erwachen berichteten? Und wenn das dort drinnen wirklich er selbst war, wo war dann Linda? Vor allem wenn das ihr Blut ist sagte eine makabere Stimme in seinem Kopf. Er musste sie suchen. Es gab ohnehin nichts anderes was er tun konnte. Auch wenn das alles vollkommen absurd war, so musste er doch irgend etwas tun. Vielleicht hörte der Schrecken dann auf. Oder er begann genau dann, wenn er sie fand.

      Jonathan lief im Kreis. In ständig größer werdenden Kreisen besser gesagt. Vom Wrack des Wagens aus hatte er begonnen die Gegend so systematisch abzusuchen wie es ihm ohne jegliche Orientierungspunkte möglich war. Auch hier hinter der Tür gab es jede Menge … Nichts. Genau wie auf der anderen Seite. Der Unterschied bestand darin, dass hier kein Nebel war. Ob das wirklich eine Verbesserung war getraute Jonathan sich nicht zu sagen. Vorher hatte er wenigstens nicht genau gesehen woran er war. Ohne den Nebel begrenzte nur die schärfe seiner Augen seine Möglichkeiten der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Da war nur der Wagen, im Moment irgendwo links von ihm und sonst nichts. Linda konnte er nur dann übersehen wenn sie weit genug von ihm entfernt flach auf dem Boden lag. Deshalb die Kreise. Jonathan gab sich keinen Illusionen hin. Diese Suche konnte er im besten Fall einige wenige Tage aufrecht halten bevor ihn die Kräfte verließen und er einfach zusammen brach. Egal wohin er schaute, da war Nichts zwischen ihm und dem Horizont das groß genug war, als dass er es auf die Entfernung hätte erkennen können. Er hatte keine Ahnung wie weit dieser Horizont entfernt war, aber die Strecke war sicher lang genug, um ihn vor unlösbare Probleme zu stellen, wenn er sie zu Fuß zurücklegen wollte; ohne Wasser und Nahrung. Wenn Linda weit genug entfernt war, konnte er hier im Kreis laufen bis er verdurstete oder einen Schlaganfall erlitt, ohne ihr jemals auch nur nahe zu kommen. Er kniff die Augen zusammen, als sich Tränen der Wut in seinen Augenwinkeln sammelten. Das Blut pochte in seinen Ohren; ihm wurde unsäglich heiß und er verspürte den Drang sich das Hemd vom Leib zu reißen, um sich abzukühlen. Womit hatte er es verdient, dass er hier gelandet war? Wer war dafür verantwortlich und warum zeigte er sich nicht endlich? Was konnte jemand davon haben ihn im Nirgendwo auszusetzen und ihn dann seinem Schicksal zu überlassen? Warum hatte er ihn nicht einfach umgebracht? Ganz abgesehen davon, dass du vielleicht bereits tot bist. Das wäre eindeutig schneller gegangen. „Was soll das?“ schrie er mit sich überschlagender Stimme. Etwas von seiner Wut strömte ebenfalls aus ihm heraus und er wurde wieder ruhiger; genug um nicht auszurasten und etwas Unüberlegtes zu tun, das ihn auch nicht weiterbringen würde. Nein. Er musste nach ihr suchen bis ihn die Kräfte verließen. Auch wenn er sie nicht fand hatte er es wenigstens versucht.

      Jonathan blieb stehen als wäre er gegen eine Mauer gerannt, als plötzlich jemand, den er nicht sehen konnte lauthals lachte. Er drehte sich einmal um die eigene Achse und stierte mit tief in den Höhlen liegenden Augen in die Leere, die ihn immer noch umgab. Seine Kräfte ließen besorgniserregend schnell nach. Seiner Schätzung nach, hatte er sich bei

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