Himmel. Harald Winter

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Himmel - Harald Winter

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Jonathan weiter. Er versuchte sogar seine Geschwindigkeit noch zu steigern. Er hatte die Verwandlung vom Menschen, der glaubte seine Umgebung zu jeder Zeit zu beherrschen zur Beute die nicht anders konnte als zu fliehen endgültig vollzogen. Jahrtausende altes längst vergessenes Erbe brach sich seine Bahn und brachte Jonathan dem Tier näher, das auch nach unzähligen Generationen noch irgendwo in ihm war. Sein Kreischen brach ab, als er sich verschluckte und keuchend hustete. Er begann zu taumeln und musste schließlich völlig erschöpft stehen bleiben. Eine seltsame Gleichgültigkeit machte sich in seinen Gedanken breit und verdrängte die Panik. Sein Körper wappnete sich für das Unvermeidliche. Da war es wieder. Das Pochen das langsam näher kam. Und noch näher. Erneut hörte er den gleichmäßigen Atem seines Verfolgers. „Du hast die Dunkelheit gesehen“ sagte eine vertraute Stimme. Jonathan fuhr herum und starrte angestrengt zu der Stelle hin, an der der Sprecher stehen musste. War es tatsächlich der fette Kerl, der ihn irgendwie hierher in die Dunkelheit verfrachtet hatte, oder war es eine Täuschung, die ihn in Sicherheit wiegen sollte? Aber wozu sollte ein Jäger Beute täuschen, die ihm ohnehin nicht entkommen konnte? Vielleicht nur um sie zu verhöhnen. Jonathan unterdrückte den Impuls erneut zu fliehen – nur für den Fall, dass seine Vermutung stimmte und streckte stattdessen den Arm in die Richtung aus, aus der die Stimme gekommen war. Seine Fingerspitzen stießen gegen etwas Warmes, Weiches. Es fühlte sich an wie ein Mensch. Ein übergewichtiger, schwabbeliger Mensch. Es war der Dicke. Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, als es plötzlich hell wurde. Jonathan kniff die Augen zusammen, als sie wegen des gleißend hellen Lichts heftig zu tränen begannen. Erst nach und nach gewöhnte er sich wieder an das Licht und konnte es schließlich wagen die Augen wieder vollends zu öffnen. Vor ihm stand geduldig abwartend der fette Glatzkopf und lächelte ihn freundlich an. „Du hast es geschafft“ sagte der Kerl leichthin und ignorierte den mörderischen Ausdruck im Gesicht seines Gegenübers. „Was geschafft?“ zischte Jonathan. „Was geht hier eigentlich vor? Er trat drohend einen Schritt auf den Dicken zu, der daran aber keinen Anstoß zu nehmen schien und auch kein bisschen eingeschüchtert wirkte. Jonathan spürte wie die Unsicherheit, die er bei dem Anderen hatte hervorrufen wollen nun an ihm selbst zu nagen begann. Er begann sich zu fragen, was sich hinter der harmlosen Fassade des dicklichen Mannes verbergen mochte. An diesem Ort – oder all den verschiedenen Orten die sich innerhalb von was auch immer hintereinander reihten war nichts so wie es schien. Vielleicht war auch alles gar nicht real. Lag er in Wahrheit angeschnallt auf einem Bett, aufgegeben als hoffnungsloser Verrückter und fantasierte? „Was du hier siehst ist nicht Wirklich. Aber auch keine Fantasie. Es ist nichts, was du mit den Worten deiner Sprache ausdrücken könntest.“ Jonathan zuckte zusammen. Konnte der Kerl seine Gedanken lesen? Und was sollte das heißen, seine Sprache. Jonathans Theorie, dass sich alles was er momentan erlebte nur in seiner Fantasie abspielte erhielt dadurch neue Nahrung. Der glatzköpfige Kerl verhielt sich genau so wie man es von einer geheimnisvollen Figur in einem fantastischen Roman erwarten würde. Jonathan spürte wie er langsam ruhiger wurde. Es hatte keinen Sinn sich über Dinge aufzuregen, die gar nicht wirklich passierten. Es war völlig egal was hier mit ihm geschah. Wenn er aufwachte würde ohnehin alles wie weggewischt verschwinden. Und wenn er nicht mehr erwachte... nun, dann würde es auch irgendwann vorbei sein. Zum ersten mal seit – waren es Stunden oder Tage – fühlte er Müdigkeit in sich aufsteigen und gähnte ausgiebig. Seltsam; in einem Traum müde zu werden, den man träumt weil man nicht aufwachen kann. „Du kannst es nicht begreifen, also hör auf dir den Kopf darüber zu zerbrechen“ sagte der Dicke. Er hob abwehrend die Hand als Jonathan etwas erwidern wollte. „Ich habe meine Aufgabe erfüllt. Du kannst durch die Tür gehen.“ Er streckte einen Arm der kaum dünner als der Stamm eines mittleren Baumes war aus und deutete auf die Tür, die plötzlich ein Stück weit offen stand. Jonathan hatte keine Ahnung was sich dahinter befand, aber er setzte sich dennoch in Bewegung. Was hätte er auch sonst tun sollen. Er war froh, wenn er so schnell wie möglich aus der Gesellschaft dieses seltsamen Kerls verschwinden konnte bevor der ihn wieder mit einer unangenehmen Überraschung konfrontierte. Vielleicht traf er hinter der Tür auf einen geistig gesunden Menschen, der ihm sagen konnte was hier vorging und wie man diesen Ort ein für allemal verlassen konnte. Vielleicht war die Tür aber auch nur der Weg, der aus seiner Fantasie hinaus in die Wirklichkeit führte. Bevor er über die Schwelle trat blieb er unsicher stehen und sah noch einmal zurück. Der fette Glatzkopf grinste ihm immer noch mit diesem dümmlichen, irgendwie jovialen Gesichtsausdruck zu. Jonathan wandte sich von ihm ab, machte einen halben Schritt und blieb erneut stehen. Was wenn er tatsächlich erwachte nachdem er die Tür durchschritten hatte? Was wenn ihm das, was in der Realität auf ihn wartete überhaupt nicht gefiel? Für einen winzigen Augenblick dachte er daran hier zu bleiben. In diesem Nichts, in dem es nur ihn und den seltsamen Glatzkopf gab. Eine Umgebung in der kaum irgendwelche Probleme zu erwarten waren. Ewige Monotonie, bis er eines Tages starb. Er verwarf den Gedanken. Wenn er hier blieb würde er den Verstand verlieren und nur noch dahin dämmern. Ein Halb-Leben das gleichbedeutend war mit dem Tod. Über was denkst du da eigentlich nach verdammt? Du hattest einen Autounfall und bist irgendwie in Alices Wunderland geraten. Da stimmt doch etwas nicht. Jonathan wusste, dass die mahnende Stimme recht hatte. Er stolperte ziellos durch eine Welt, die es in dieser Form nicht geben konnte; nicht geben durfte, handelte aber dennoch nach den absurden Regeln die sie ihm aufzwang. Warum er das tat konnte er nicht genau sagen. Er spürte keinen äußeren Zwang, keinen Sog der Ereignisse Trotzdem verhielt er sich wie ein dressiertes Hündchen. Auch jetzt wo er darüber nachdachte verhielt er sich genau so wie es ein unsichtbarer Beobachter, für den er nicht mehr war als ein Versuchstier von ihm erwarten mochte. Er machte einen großen Schritt und trat endgültig durch die Tür.

      Jonathan wurde schwarz vor Augen und er spürte wie ihn ein starkes Schwindelgefühl erfasste. Es war nicht das Gefühl des Fallens das er beinahe schon erwartet hatte, sondern ein vager Eindruck davon, wie sich jemand fühlen musste, der einen Schlag gegen den Kopf bekam. Er verlor jedoch nicht das Bewusstsein, sondern verharrte in einem Zustand der irgendwo zwischen Wachsein und Besinnungslosigkeit lag. Wie lange dieses Entlanggleiten am Rande des Bewusstseins dauerte wusste er nicht zu sagen. Sekunden; Stunden; vielleicht sogar Tage. Irgendwann verschwand das Schwindelgefühl so schnell wie es gekommen war und er erhielt sein Augenlicht zurück. Über ihm war der Himmel. Oder zumindest etwas, das den Himmel darstellen sollte. Es sah aus wie ein Kind ihn sich in seinen Träumen vorstellen mochte. Das Blau war von einer unnatürlichen Intensität und der gelbe Ball der Sonne strahlte schwach genug, dass man direkt hinein sehen konnte ohne Gefahr zu laufen, die Augen dadurch zu schädigen. Jonathan drehte sich zur Seite und sah das saftige, beinahe leuchtende Grün von makellosen Grashalmen an deren Spitzen Tautropfen glitzerten. Es fehlten nur noch... zwei riesige Schmetterlinge die zu tanzen schienen wie ein verliebtes Paar schwebten vorbei. Jonathan verkrampfte sich für einen Moment und sah ihnen misstrauisch nach. „Also gut“ murmelte er und dachte intensiv an etwas Anderes. Nichts geschah. Es gab hier also niemanden, der seine Gedanken las und die Dinge nach seinen Vorstellungen erschuf. Diese Erkenntnis beruhigte ihn ein wenig. Das alles hier war nicht seine kindliche Fantasie. Jonathan setzte sich langsam auf und sah sich um. Er sah Bäume. Wiesen. Felder. Alles war makellos, sauber und … unglaublich intensiv. Das Gras der Wiesen war saftig und grün wie in einem Werbeprospekt für Urlaub auf dem Land. Die regelmäßigen Halme wogten sanft in einer warmen, gleichmäßigen Brise. Auf den Feldern stand goldenes Korn. Jonathan fühlte sich direkt in die Welt eines Märchens versetzt, das ihm seine Mutter vor langer Zeit vorgelesen hatte. Fehlte nur noch ein sprechender Baum und was noch so alles in der Geschichte vorgekommen war, an die er sich nicht mehr besonders gut erinnern konnte. Er blinzelte mehrmals und seufzte ergeben, als sich das merkwürdige Bild nicht auflöste um einer realistischeren Umgebung Platz zu machen. Er stand auf und kämpfte gegen das Zittern in seinen Beinen an bis es schließlich nachließ. Unschlüssig was er als nächstes Unternehmen sollte drehte er sich im Kreis und suchte nach irgend einem Punkt in der Landschaft der ein lohnenswertes Ziel abgeben mochte. Er konnte nur auf sein Gefühl hören. Eine andere Möglichkeit zur Orientierung gab es nicht. Als er die langsame Drehung beendet hatte war er überzeugt, nichts gesehen zu haben das auch nur im Geringsten sein Interesse weckte. Als er sich bereits halb entschlossen hatte einfach in irgend eine Richtung loszumarschieren, erschien etwas vor seinem inneren Auge das er flüchtig wahrgenommen haben musste. Er wusste nicht was es war; einfach ein Ding, das nicht in die Landschaft zu passen schien. Jonathan drehte sich noch

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