Himmel. Harald Winter

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Himmel - Harald Winter

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den Hals brechen, wenn es mich nicht gäbe.“ Jonathan spürte, dass ihn irgend etwas an der Tür magisch anzog. Er stand auf und ging langsam darauf zu, ohne sich auch nur einmal umzusehen. Einem Teil von ihm entging nicht, dass auch der fette Kerl aufgestanden war und ihm folgte. Jonathan war es egal. Im Moment gab es kaum etwas das ihn interessierte Bis auf diese verdammte Tür, die ihn magisch anzog. Einen Augenblick lang fühlte er sich wie eine Marionette, die an unsichtbaren Fäden tanzte wann immer ein unsichtbarer Puppenspieler das wollte. Jonathan blieb dicht vor der Tür stehen und streckte vorsichtig die Hand nach dem Knauf aus; bereit jederzeit zurück zu zucken falls... ja was eigentlich? Falls die Tür ihn angreifen sollte? Beinahe hätte er laut aufgelacht. Er musste aufhören hinter jedem Gegenstand mehr zu vermuten als tatsächlich dahinter steckte, bevor er begann sich vor seinem eigenen Schatten zu fürchten. Er legte die Hand auf den Knauf und drehte. Nichts geschah. Er drückte und zog so fest er konnte, aber auch damit erreichte er rein gar nichts. Weder der Knauf noch die Tür ließen sich von seinen Versuchen beeindrucken. Er hätte genau so gut versuchen können eine massive Wand zu verschieben. Jonathan versuchte es noch ein paar mal und gab schließlich keuchend auf. Resignierend wandte er sich ab und sah den fetten Kerl an, der ihm mit einem beinahe widerlich verständnisvollen Blick zusah. Jonathan fletschte verärgert die Zähne wie ein ausgehungertes Raubtier. „Was?“ fragte er zischend. Der Dicke hob beschwichtigend die Hand. „Ich habe dir doch gesagt, dass du mich brauchst um hinter diese Tür zu gelangen“ sagte er mit tadelndem Unterton. Er redet mit dir wie mit einem störrischen Kind. Jonathan wollte auffahren, aber er beherrschte sich. Vielleicht brauchte er diesen seltsamen Mann tatsächlich, wenn er diesen Ort verlassen wollte. Um wohin zu gelangen? An einen anderen Ort, der noch viel verrückter war als dieser hier? Oder führte diese Tür hinaus aus... seinem Traum? … seinem Wahn? … in die Realität? Ganz egal was davon zutraf; hier konnte er nicht bleiben. „Dann hilf mir“ sagte er so ruhig er konnte und machte eine auffordernde Geste. Der Dicke faltete die Hände als wollte er beten und richtete den Blick nach oben als gäbe es dort etwas Interessantes zu sehen. „Na endlich hast du verstanden“ sagte er mit gespielter Erleichterung. „Aber so einfach ist das nicht. Weißt du, der Berg ist da um die, die ankommen zu prüfen. Nur wer Mut beweist darf durch diese Tür gehen. Ich würde sagen, dass du diese Prüfung bestanden hast.“ Der fette Kerl grinste breit. „Aber es gibt noch etwas, das du tun musst“. Von einem Moment auf den anderen veränderte sich der Gesichtsausdruck des Dicken. Er wirkte plötzlich gar nicht mehr wie ein Vater, der sich um sein Kind sorgte. Seine Gesichtszüge strafften sich und alles weiche verschwand. Auch die sanften Augen des Mannes glitzerten nun wie Eis im Sonnenlicht. „Du musst die Dunkelheit sehen“ sagte er mit seltsam hohler Stimme. Das Licht verschwand als hätte es jemand einfach abgeschaltet. Jonathan hatte für einen Augenblick das Gefühl zu fallen bevor er wieder festen Boden unter den Füßen spürte. Er konnte nichts sehen. Er hob den Arm und wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum. Er fühlte die aufgewühlte Luft die über sein Gesicht strich aber er sah die Hand nicht. „Du musst die Dunkelheit sehen“ hatte der Mann gesagt. Nun, hier war sie. Ihm fiel etwas ein, was ihm sein Großvater einmal erzählt hatte. Dass man die Größe eines Raumes in völliger Dunkelheit ungefähr abschätzen konnte, wenn man ein lautes Geräusch machte und auf das Echo wartete. Ein Versuch konnte kaum schaden, wenn... Jonathan zuckte zusammen und lauschte angestrengt. Was wenn sich hier irgend etwas verbarg das ihm gefährlich werden konnte? Was wenn es nur darauf wartete dass er seinen Standort verriet, damit es ihn angreifen konnte? Oder war es darauf gar nicht angewiesen, weil es im Dunkeln genauso gut sehen konnte wie er im hellen Sonnenlicht? Er wusste nicht wie er auf den Gedanken kam, dass da überhaupt etwas war. Die Vorstellung erschien ihm kindisch und schmeckte nach einfacher Angst im Dunkeln, aber sie ließ ihn trotzdem nicht los. Je mehr er versuchte den Gedanken zu verdrängen, desto aufmerksamer lauschte er auf ein verdächtiges Geräusch das ihm verriet, dass er hier nicht alleine mit dem seltsamen Kerl in der Toga war. Als er tatsächlich etwas hörte stockte ihm der Atem und sein Herzschlag schien einige Takte auszusetzen. Da war ein Pochen. Ein seltsames, gleichmäßiges Pochen das näher zu kommen schien. Es klang wie etwas Hartes das in regelmäßigen Abständen auf dem Boden abgesetzt wurde. So als würde jemand einen Gehstock benutzen, den er bei jedem Schritt besonders hart aufsetzte. Oder... Reiß dich zusammen verdammt! Du bist kein kleiner Junge mehr. Er durfte sich nicht seiner Phantasie ergeben, die ihm ein ganzes Sammelsurium an schrecklichen Bildern vorgaukelte; alles war er jemals gelesen oder in Filmen gesehen hatte vermengte sich zu einem Kabinett des Grauens. Jonathan ballte die Hände zu Fäusten und atmete tief durch. Er hatte schon lange nicht mehr so viel Zeit in absoluter Dunkelheit verbringen müssen. Erstaunlich wie schnell die vergessenen Ängste der Kindheit unter den vielen Schichten der Erfahrung eines Erwachsenenlebens hervorbrachen wenn sich die äußeren Umstände ausreichend stark änderten. Das Pochen verschwand trotz dieses klaren Gedankens nicht sondern kam immer noch näher. Nicht mehr lange und der Ursprung des Geräusches würde direkt neben ihm angelangt sein. Was immer es auch war; bei seinem momentanen Glück war nicht anzunehmen, dass es etwas Gutes sein würde. Aber was konnte er schon dagegen tun? Er war völlig orientierungslos und lief bei jedem Schritt Gefahr sich zu verletzen oder Schlimmeres. Jonathan versuchte das Zittern das mittlerweile auch schon auf seine Zähne übergriff, die leise klapperten, in den Griff zu bekommen, aber er scheiterte kläglich. Die Angst hatte sich längst zu einem eiskalten Klumpen zusammengeballt, der seinen Magen vollständig auszufüllen schien. Ein letztes Mal hörte er das Pochen, ganz nahe jetzt, dann herrschte Stille. Jonathan lauschte angestrengt. Nein; es war nicht völlig still. Jemand oder etwas atmete zu seiner Linken. So nahe, dass Jonathan den Unbekannten oder was sonst hier herum strich berühren würde wenn er den Arm um eine Winzigkeit bewegte. Einen Moment lang konnte er den Impuls der ihn zwingen wollte in Panik zu fliehen zurückdrängen. Für einen kurzen Moment. Er biss sich auf die Lippen um nicht lauthals los zu schreien und rannte so schnell er nur konnte. Dass er sich den Schädel an einem Hindernis einrennen mochte interessierte ihn nicht mehr. Alles war besser als neben einem Wesen zu stehen, das man nicht sehen konnte und von dem man nicht wusste was es war. Es war die Erfüllung eines jeden kindlichen Alptraums. Jonathan wusste, dass es keine Monster gab; wenigstens sagte ihm das sein erwachsener Verstand der über einen langen Zeitraum darauf getrimmt worden war solche Möglichkeiten von vornherein auszuschließen; und dennoch rannte er wie von Furien gehetzt. Er verhielt sich genau wie ein verängstigtes Kind das vor den Auswüchsen der eigenen Fantasie davonlief. Fehlt nur noch, dass du dir in die Hosen pisst. Der zynische Part seiner inneren Stimme schien sich nicht von Unsichtbaren einschüchtern zu lassen und jagte immer noch seltsame Gedanken durch seinen Kopf wann immer sich eine Gelegenheit bot. Jonathan ignorierte die Stimme. Er war viel zu sehr damit beschäftigt ein Bein vor das andere zu setzen; eine Aufgabe die zunehmend schwerer wurde. Seine Muskeln brannten und er hatte langsam das Gefühl zu ersticken. Er war nie besonders sportlich gewesen und es grenzte schon fast an ein Wunder, dass er überhaupt so lange durchhielt. Was wenn du in Wahrheit im Kreis rennst? Diesmal fiel es Jonathan erheblich schwerer die Stimme zu ignorieren. Verdammt viel schwerer. Woher sollte er wissen wohin er rannte? Er konnte einen verfluchten Dreck sehen. Wenn er nur ganz leicht in irgend eine Richtung zog – vielleicht weil ein Bein um eine Winzigkeit kürzer war als das andere – dann brauchte das was vorher neben ihm aufgetaucht war nur darauf zu warten, dass er den Kreis vollendete. Jonathan wurde etwas langsamer und versuchte zu hören, ob ihm das Pochen, dass er vorhin gehört hatte folgte. Atmete da etwas hinter ihm, oder war das nur sein eigenes Keuchen? Unwillkürlich wandte er den Kopf und versuchte die Dunkelheit mit seinen Blicken zu durchdringen. Es war aussichtslos. Um ihn herum war auch jetzt nur absolute Schwärze. Fast so als wäre er in ein Fass voll schwarzer Tinte gestürzt. Er spürte feuchte Wärme, die über sein linkes Ohr strich. Die letzten Zweifel verschwanden wie weggewischt. Er war hier nicht alleine. Jemand oder etwas stand erneut direkt neben ihm. Noch näher als zuvor. Jonathan rannte erneut los. Sein Herz pochte wie wild und sein Atem raste. Es war ihm vollkommen egal, ob er im Kreis lief oder nicht. Er fühlte sich wie eine Fliege, die dem Netz der Spinne im letzten Moment entkommen war. Irgend etwas sagte ihm, dass er nicht stehen bleiben durfte, was immer auch geschah. Aber wie lange konnte er durchhalten? Wann würde er einfach aufgeben müssen? Panik rollte wie eine Welle heran und brandete gegen die Mauer der Vernunft, die seinen Verstand davor bewahrte in den Abgrund zu rutschen auf dessen Grund nur noch Instinkte herrschten. Als ihn etwas sanft wie eine Feder im Nacken berührte verlor er die Beherrschung und begann zu kreischen.

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