Himmel. Harald Winter

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Himmel - Harald Winter

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dich! Ganz ruhig. Er will ohnehin dass du erfährst wo du bist. Will er eigentlich immer; früher oder später.“ „Wer...“ „Wer er ist? Er ist alles. Und nichts, denn ohne ihn würde nichts existieren.“ Jonathan verdrehte die Augen. Er verspürte keine Lust irgendwelche Rätsel zu lösen. Aber das musste er auch nicht. Sein Gegenüber war noch nicht fertig gewesen. „Du bezeichnest ihn als Gott“ sagte der fette Kerl mit ernster Stimme und ohne das Gesicht zu verziehen. Jonathan verschluckte sich und hustete krampfhaft. Er wusste nicht wie er auf das Gesagte reagieren sollte. Seine Überzeugung, dass er nach einem Unfall auf einer Intensivstation im Koma lag und für alle anderen unmerklich den Verstand verlor verstärkte sich. Vielleicht saß er auch in irgend einer Gummizelle und flüchtete vor der Realität in diese seltsame Scheinwelt. „Gott“ murmelte er abschätzig und schüttelte kaum merklich den Kopf. „Die meisten reagieren wie du“ sagte der fette, schwebende Mann. „Sogar die, die von sich behaupten zu glauben. Egal woran. Am schwersten zu überzeugen sind aber Typen wie du, die an gar nichts glauben, außer an das was sie mit eigenen Augen sehen können und das was sie in schlauen Büchern lesen. Es dauert lange, bis sie begreifen, dass sie sich geirrt haben.“ Der Dicke lachte keckernd. Seine kleine Ansprache brachte Jonathan nicht dazu, auch nur ein bisschen mehr daran zu glauben, dass er sich nicht in einem Traum, sondern... ja wo eigentlich? … im Himmel?... in der Hölle? befand. Seine Mutter hatte versucht ihn so zu erziehen, dass er zu einem Kirchgänger wurde, war aber an den Bemühungen seines Vaters gescheitert, dagegen anzugehen. Dieser Einfluss hatte ihn zu dem gemacht, was er heute war; viel mehr als ein Skeptiker. In seinem Verstand war kein Platz für etwas so absurdes wie Gott oder ein Leben nach dem Tod. Hingegen hatte er kein Problem damit an Sauerstoffmangel oder eine Gehirnverletzung zu glauben. Der fette Kerl beobachtete ihn aufmerksam, mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen. Aber die Augen beteiligten sich nicht daran; waren kühl und ohne eine Regung. Wie ein Forscher, der ein Insekt studierte, von dem er sicher war, wie es sich verhalten würde. Ohne großes Interesse, nur der Pflicht folgend. Jonathan fragte sich zum wiederholten mal, wie es dazu kam, dass er sich diesen Mann einbildete, oder was immer dieses Wesen auch war. Noch immer konnte er sich an nichts erinnern, das die Ursache dafür sein mochte. Kein Buch, keinen Film und keine Person, die er gekannt hatte. Es schien fast so, als wäre der Kerl da, um seine schöne Theorie vom Traum, in dem er gefangen war zum wanken zu bringen. Nicht nur mit Worten, sonder mit seiner bloßen Anwesenheit. Es musste versuchen mehr über den Mann in Erfahrung zu bringen. Und das ging nur, wenn er mit ihm redete. „Du willst mit also einreden, dass du von... Gott geschickt worden bist? Sind wie hier vielleicht... im... Himmel?“ Die Worte kamen nur stockend, als wollte seine Zunge sich weigern ihn dabei zu unterstützen, sie zu formulieren. Himmel. Gott. Was für ein Schwachsinn! „Du bist nicht zufällig Jesus?“ fragte er mit einer Stimme die vor Sarkasmus triefte. Ihm war plötzlich nach kindischem Kichern zumute. Er glaubte nicht mehr an Gott seit er zehn Jahre alt gewesen war. Damals hatte er verstanden, dass das alles nur eine Geschichte war. Eine Geschichte für Erwachsene, die über den fehlenden Sinn in ihrem Leben hinwegtäuschen sollte. Na gut. Den zweiten Teil hatte er erst mit 16 verstanden. Damals, als das Leben plötzlich meistens beschissen war und er sich immer wieder aus irgendwelchen völlig nichtigen Gründen gewünscht hatte tot zu sein. Ein Zustand, den die meisten Jugendlichen irgendwann durchmachten. Wozu auch immer das gut war. Was hatte die Natur davon, wenn sich alle Kinder irgendwann in tickende Zeitbomben verwandelten, die irgendwann zu einigermaßen zurechnungsfähigen Erwachsenen wurden wenn sie die Wirren der Pubertät überlebten und sich zwischen 18 und 30 nicht tot soffen, oder sonst etwas Bescheuertes taten. Und jetzt nachdem er endlich ein solcher Erwachsener geworden war wollte ihm jemand einreden, dass Gott jeden seiner Schritte in einer Welt, die problemlos einem LSD-Traum entsprungen sein konnte überwachte. „Man könnte durchaus sagen, dass das hier der Himmel ist“ sagte der fette Kerl und riss Jonathan jäh aus seinen Gedanken. „Ah“ sagte Jonathan wenig geistreich. Was sollte man auch erwidern, wenn einem jemand mitteilte, dass man sich am Ziel aller Wünsche von Millionen von Gläubigen befand? Er fragte sich langsam ernsthaft warum er sich all diese Dinge in seinem Koma-Traum oder was immer es auch war einbildete. Warum plötzlich diese Religionsgeschichte? Er ging nicht in die Kirche, las keine Bücher in denen der Glaube irgend eine besondere Rolle spielte; verdammt er befasste sich überhaupt nie mit dem Thema. Wieder einmal meldete sich die leise Stimme, die ihn davon überzeugen wollte, dass er nicht träumte, sondern sich in einer, wenn auch merkwürdigen Realität befand. Langsam begann sie ihm lästig zu werden. „Zerbrich dir nicht den Kopf“ sagte der dicke Mann. „Du wirst schon noch begreifen, glaub mir.“ Jonathan wusste nicht, was er darauf sagen sollte, ohne sein Gegenüber zu bitten sich seine weisen Worte sonst wohin zu stecken. Und er wollte es nicht riskieren den seltsamen Typen noch einmal zu verärgern; auch wenn er nur eine Traumgestalt war. Er wollte diesen unheimlichen, durchdringenden Blick nicht mehr auf sich spüren. „Was kommt als nächstes?“ fragte er stattdessen und bemühte sich seiner Stimme einen möglichst gelangweilten Ton zu verleihen. Dann wurde ihm bewusst wie lächerlich das doch war, angesichts dessen, dass der Andere seine Gedanken lesen konnte. „Das hängt ganz von dir ab“. Anhand der Mine des fetten Kerls war nicht zu erkennen, ob ihn die kindischen Versuche ihn zu täuschen belustigten oder verärgerten. „Wenn du einsiehst, dass du dich nicht mehr in deiner Welt aufhältst wird er dir den Weg zeigen. Wenn nicht... nun; dann musst du ihn wohl selbst finden.“ Der fette Kerl kicherte hämisch. Er hörte sich an wie eine dieser hoffnungslosen alte Frauen, die sich auch über das Unglück freuten, weil es Abwechslung in ihre trostlosen, leeren Tage brachte. Jonathan achtete kaum darauf. Er dachte über seine Optionen nach und kam zu dem Schluss, dass er den Weg, wohin auch immer der führte, wohl selbst würde finden müssen. Er konnte nicht plötzlich damit anfangen an etwas zu glauben, nur weil das jemand von ihm verlangte; schon gar nicht, wenn sich dahinter etwas verbarg das er insgeheim verachtete, so wie den Glauben an eine höhere Macht, die sich um die Menschen kümmerte, wie ein Schuljunge um seine Ameisenfarm. Mit dem Unterschied, dass der Gott von dem in der Bibel die Rede war eine gehörige Portion Sadismus in sein Wohlwollen gegenüber seinen Schäfchen mischte. „Nur ein Traum“ murmelte er. Das breite Grinsen im Gesicht des fetten Kerls verschwand und machte einem beinahe traurigen Ausdruck Platz. Er schien nicht verärgert darüber zu sein, dass Jonathan ihn für eine Ausgeburt seiner eigenen Fantasie hielt. Er schwebte ein Stück höher und breitete theatralisch die Arme aus. „Warum fällt es euch nur so schwer zu glauben? Natürlich kann es immer nur ein Traum sein. Oder eine Form von Wahn. Eine andere Möglichkeit kommt euch nicht in den Sinn. Es verwundert mich nicht im Geringsten, dass er damit aufgehört hat euch zu behandeln wie Kinder, denen man einfach nicht böse sein kann. Ihr verleumdet ihn fortwährend; fühlt euch sicher in eurer Welt voll von Maschinen und... Dingen. Dabei vergesst ihr, dass ihr diese Welt eines Tages verlassen müsst.“ Der fette Mann kicherte so heftig, dass er sich beinahe verschluckt hätte. Es klang wie das ins Absurde beschleunigte Kreischen einer Katze und hatte kaum etwas menschliches an sich. Jonathan wich unwillkürlich ein Stück zurück und versuchte krampfhaft das Zittern zu unterdrücken, das in Wellen durch seinen Körper raste und dabei eine ausgeprägte Gänsehaut zurückließ. Seit er ein Kind gewesen war hatte er keinen so realistischen Traum mehr geträumt. Alles wirkte so verdammt echt, dass es ihm mehr Angst machte als ihm lieb war. Er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Konnte er den fetten Kerl einfach ignorieren und weiter nach Linda suchen, ohne mit Konsequenzen zu rechnen? Oder war er dem Scheusal hilflos ausgeliefert? Da er das kichernde Ungeheuer nicht einfach fragen konnte blieb ihm wohl nichts anderes übrig als es einfach zu versuchen. Was dann geschah würde er dann schon sehen. Er konnte auch einfach hier bleiben und warten, bis sein Gegenüber ihm verriet, wie es weitergehen sollte, aber etwas in ihm sträubte sich dagegen. Wahrscheinlich war es einfach nur der Wunsch nicht mehr Zeit als nötig in der Gegenwart des fetten Kerls zu verbringen. Sich in der fremden Umgebung hoffnungslos zu verirren schien ihm immer noch besser, als noch eine einzige Sekunde länger hierzubleiben und sich das Gerede eines Mannes anzuhören, von dem er nicht viel mehr wusste, als dass er in der Lage war zu schweben. Vielleicht wusste er aber gerade damit auch schon zu viel. Einen Mann der die Fähigkeit besaß zu schweben konnte es nicht geben. Nicht in einer rationalen Welt, in der die Dinge sich an gewisse Gesetze hielten und nicht einfach beschlossen sich völlig anders zu verhalten. Jonathan wandte sich von seinem seltsamen Gegenüber ab und machte einen Schritt in jene Richtung, in die auch die Fußspuren verliefen. Die Fußspuren. Jonathan war ziemlich sicher, dass die

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