Bel-Ami. Guy de Maupassant

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Bel-Ami - Guy de Maupassant

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ihn betrachtete. Sie standen so dicht beieinander, daß Duroy unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. Dann blieb er verblüfft stehen: es war sein eigenes Spiegelbild in einem hohen Wandspiegel, der im Flur des ersten Stockes eine lange Perspektive vortäuschte. Er zitterte vor lauter Freude, nie hätte er gedacht, daß er so vornehm und elegant aussehen könnte. Zu Hause, in seinem kleinen Rasierspiegel, dem einzigen, den er besaß, hatte er sich nicht richtig betrachten können und war nach einem flüchtigen Blick über die Mängel seiner improvisierten Gesellschaftstoilette außer sich geraten. Der Gedanke, lächerlich zu erscheinen, machte ihn verrückt. Als er sich aber plötzlich in dem Spiegel erblickte, hatte er sich nicht einmal erkannt, er hatte sich für einen anderen gehalten, für einen Herrn aus bester Gesellschaft, den er beim ersten Anblick für sehr elegant und schick hielt. Und jetzt, wo er sich sorgfältig betrachtete, fand er, daß die Gesamtwirkung tatsächlich zufriedenstellend war.

      Darauf studierte er seine Haltung, wie ein Schauspieler, der seine Rolle lernt. Er lächelte sich zu, reichte sich selber die Hand, machte verschiedene Gebärden, versuchte sich einzelne Gemütsbewegungen vorzuspielen: Erstaunen, Freude, Beifall; er beobachtete die Nuancen des Lächelns und studierte die stumme Sprache der Blicke, um sich bei Damen beliebt zu machen und ihnen anzudeuten, daß er sie liebt und bewundert.

      Eine Tür ging im Treppenflur auf. Er fürchtete, überrascht zu werden, und lief hastig hinauf, aus Angst, daß ihn ein Gast seines Freundes so gesehen hätte, wie er sich selbst Faxen vormachte. Er erreichte den zweiten Stock, bemerkte einen anderen Spiegel und mäßigte seine Schritte, um sich im Vorbeigehen wieder genau beobachten zu können. Seine Erscheinung kam ihm jetzt wirklich elegant vor. Sein Auftreten und seine Haltung waren gut. Und ein maßloses Selbstvertrauen und Übermut erfüllten seine Seele. Ja, mit diesem Äußeren und mit dem festen Willen, vorwärts zu kommen, mit seiner rücksichtslosen Energie und seinem unabhängigen Verstand mußte er Glück haben. Die Treppe zum dritten Stock wäre er am liebsten hinaufgesprungen. Vor dem dritten Spiegel blieb er nochmals stehen, drehte gewohnheitsmäßig den Schnurrbart, nahm seinen Zylinderhut ab, um seine Frisur glatt zu streichen und murmelte mit halblauter Stimme: »Ein glänzender Einfall.« Dann streckte er die Hand aus und klingelte.

      Die Tür ging fast im selben Moment auf und er befand sich vor einem ernsthaften, glattrasierten Diener in schwarzem Frack, der eine so tadellose Haltung zeigte, daß Duroy, ohne zu begreifen weshalb, von neuem dieselbe unerklärliche Unsicherheit und Verlegenheit fühlte; vielleicht durch den unbewußten Vergleich der Schnitte ihrer Anzüge hervorgerufen. Dieser Diener, der Lackschuhe trug, nahm Duroy den Überzieher ab, den dieser auf dem Arm getragen hatte, damit die Flecke nicht allzu sichtbar waren, und fragte ihn:

      »Wen darf ich melden?«

      Dann hob er den Türvorhang und rief den Namen in den Salon hinein.

      Aber Duroy verließ plötzlich alle seine Würde. Er fühlte sich vor Furcht gelähmt und atmete schwer. Er stand jetzt an der Schwelle eines neuen Lebens, von dem er geträumt und auf das er gehofft hatte.

      Trotzdem ging er weiter. Eine junge, blonde Dame stand ganz allein in einem großen hellerleuchteten Zimmer, das voller Topfpflanzen war, wie ein Treibhaus.

      Ganz außer Fassung gebracht, blieb er plötzlich stehen. Wer war diese Dame, die ihn lächelnd erwartete? Dann fiel ihm ein, daß Forestier verheiratet war, und der Gedanke, daß diese hübsche, elegante Blondine die Frau seines Freundes war, verblüffte ihn vollends.

      Er murmelte:

      »Madame, ich bin ...«

      Sie reichte ihm die Hand.

      »Ich weiß es, mein Herr. Charles hat mir erzählt, wie er Sie gestern getroffen hat, und ich bin sehr froh, daß er den guten Einfall hatte, Sie heute zum Diner einzuladen.«

      Er errötete bis an die Ohren und wußte absolut nicht, was er erwidern sollte. Er fühlte sich beobachtet, von Kopf bis zu den Füßen gemustert, abgeschätzt, gewogen. Er hatte Lust, sich zu entschuldigen, einen Grund zu erfinden, um die Nachlässigkeit seiner Kleidung zu erklären, aber er fand keinen, und wagte es nicht, diesen heiklen Punkt zu berühren. Er setzte sich in einen Armsessel, den sie ihm anbot, und als er unter sich den weichen und elastischen Samt des Polsters fühlte, als dessen Seitenlehnen ihn wie ein Paar zärtlicher Arme umfingen, da war es ihm, als sei er jetzt endlich in ein neues, reizvolles Leben getreten, als hätte er was Kostbares erobert, als sei er nun endlich etwas geworden; und er betrachtete Frau Forestier, deren Blicke unverwandt auf ihm ruhten. Sie trug ein hellblaues Kaschmirkleid, das ihre biegsame Figur und ihre volle Brust zur Geltung brachte. Durch die weißen Spitzen, mit denen der Kragen und die kurzen Ärmel besetzt waren, schimmerte das Fleisch ihrer Arme und ihres Busens, und die Haare, die auf dem Scheitel zusammengenommen waren und sich im Nacken leicht kräuselten, bildeten eine leichte Flaumwolke über dem Halse.

      Ihre Blicke beruhigten Duroy, sie erinnerten ihn, ohne daß er wußte warum, an den Blick des Mädchens, das er gestern in den Folies Bergère getroffen hatte. Madame Forestier hatte blaugraue Augen, von einem seltsamen Ausdruck, eine schmale Nase, starke Lippen, ein etwas fleischiges Kinn und unregelmäßige, verführerische Gesichtszüge voll Anmut, Liebenswürdigkeit und List. Es war eins von diesen Gesichtern, die mit jeder Linie einen besonderen Reiz und Schönheit ausdrücken und die mit jeder Bewegung etwas zu sagen oder zu verbergen scheinen. Nach einer kurzen Pause fragte sie ihn:

      »Sind Sie schon lange in Paris?«

      Er gewann allmählich seine Selbstbeherrschung wieder:

      »Seit einigen Monaten erst, Madame. Ich bin bei der Eisenbahn angestellt, aber Ihr Gatte hatte mir die Hoffnung gemacht, ich könnte mit seiner Hilfe Journalist werden.«

      Sie hatte ein noch ausdrucksvolleres und wohlwollenderes Lächeln und murmelte mit leiser Stimme:

      »Ich weiß.«

      Es klingelte von neuem und der Diener meldete: »Madame de Marelle.«

      Es war eine kleine Brünette, die mit flinken Bewegungen eintrat. Ihre Gestalt schien von Kopf bis zu den Füßen in ihrem ganz einfachen dunklen Kleide hervorzutreten. Nur eine rote Rose, die sie sich ins Haar gesteckt hatte, zog gewaltsam das Auge an. Sie unterstrich den Charakter ihres Aussehens, sie betonte ihr eigenartiges Wesen und gab ihr den lebhaften, schnellen Ausdruck, der zu ihr paßte. Ein kleines Mädchen in kurzem Kleide folgte ihr. Madame Forestier eilte ihr entgegen:

      »Guten Tag, Clotilde.«

      »Guten Tag, Madeleine.«

      Sie umarmten sich. Dann hielt das Kind seine Stirn zum Kusse hin, mit der Sicherheit einer Erwachsenen und sagte:

      »Guten Tag, Kusine.«

      Madame Forestier gab ihr einen Kuß und stellte dann vor:

      »Monsieur Georges Duroy, ein guter Freund von Charles, — Madame de Marelle, meine Freundin und Verwandte.«

      Sie fügte hinzu:

      »Sie wissen, wir sind hier ganz einfach unter uns, ohne Feierlichkeit und Zwang. Das ist selbstverständlich, nicht wahr?«

      Der junge Mann verbeugte sich.

      Doch die Tür ging von neuem auf und ein ganz kleiner, runder, dicker Herr erschien. Er führte am Arm eine große, schöne Frau, größer als er selbst, viel jünger, mit vornehmem Benehmen und ernstem Wesen. Das war Herr Walter, Deputierter, Finanzier, Geld- und Geschäftsmann, ein südfranzösischer Jude, Direktor der Vie Française, und seine Frau, geborene Basile-Ravalau, die Tochter des Bankiers gleichen Namens. Dann kamen gleich

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