Bel-Ami. Guy de Maupassant

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Bel-Ami - Guy de Maupassant

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die bis an die Schulter reichte und diese mit kleinen weißen Schuppen bedeckte.

      Seine schlecht gebundene Krawatte schien er nicht das erstemal zu tragen. Mit der Grazie eines galanten alten Herrn küßte er Frau Forestier auf das Handgelenk und sein langes Haar fiel dabei wie ein Wasserfall auf den nackten Arm der jungen Dame. Nun erschien auch der Hausherr und entschuldigte sich für sein spätes Erscheinen. Er sei jedoch in der Redaktion durch den Fall Morel zurückgehalten worden. Der radikale Abgeordnete Morel hatte soeben den Minister wegen einer Kreditforderung für die Kolonisierung Algiers interpelliert.

      Der Diener meldete: »Es ist angerichtet!«

      Man ging in das Speisezimmer.

      Duroy saß bei Tisch zwischen Madame de Marelle und ihrer Tochter. Er fühlte sich von neuem verlegen, weil er fürchtete, irgendeinen Irrtum in der richtigen Handhabung von Gabel, Löffel oder Gläsern zu begehen. Vier Gläser standen vor ihm, von denen eins etwas matt bläulich war. Was mochte man wohl aus diesem trinken? Während der Suppe herrschte Schweigen, dann fragte Norbert de Varenne:

      »Haben Sie den Prozeß Gauthier gelesen?«

      Und nun redete man hin und her über diesen Ehebruchskandal, der durch eine Erpressung besonders verwickelt war. Man sprach nicht darüber, wie man im Familienkreis über Ereignisse spricht, die in den Zeitungen stehen, sondern wie man unter Ärzten über Krankheiten, unter Obsthändlern über Früchte spricht. Man war nicht entrüstet oder erstaunt über die Tatsachen, man forschte nur mit einer beruflichen Sorgfalt und mit vollständiger Gleichgültigkeit gegenüber dem Verbrechen selbst, nach dessen tieferen, verborgenen Ursachen. Man suchte einfach die Motive der Handlung zu erklären, all die psychischen Vorgänge, die dieses Drama veranlaßt hatten; es war sozusagen das wissenschaftliche Resultat einer besonderen Geistesverfassung. Auch die Damen nahmen an dieser Untersuchung regsten Anteil.

      Es wurden dann noch andere Ereignisse diskutiert, besprochen, von allen Seiten beleuchtet und nach ihrer Wichtigkeit beurteilt mit dem scharfen, praktischen Sinn der Zeitungsmenschen, der Nachrichtenhändler, des zeilenweisen Verschacherns der menschlichen Komödie, genau, wie man unter Kaufleuten die Gegenstände prüft und dreht und abschätzt, bevor man sie dem Publikum zum Verkauf anbietet. Dann kam das Gespräch auf ein Duell, und Jaques Rival ergriff das Wort. Das war sein Fach: niemand anders durfte diese Frage behandeln.

      Duroy traute sich nicht, an der Unterhaltung teilzunehmen. Er betrachtete ein paarmal seine Nachbarin, deren üppiger Busen ihn erregte. An ihrem Ohr hing ein Diamant, der durch einen dünnen Goldfaden gehalten wurde, wie ein Wassertropfen, der über das Fleisch geglitten war. Von Zeit zu Zeit machte sie eine Bemerkung, die stets ein Lächeln auf ihren Lippen hervorrief. Sie hatte einen witzigen, liebenswürdigen, schnell auffallenden Esprit, den Esprit eines alles wissenden Gassenjungen, der die Dinge mit Gleichmut betrachtet und mit leichtem, lustigem Spott über sie hinweggeht.

      Duroy versuchte vergeblich, ihr irgendein Kompliment zu sagen, und da er nichts fand, beschäftigte er sich mit ihrer Tochter; er goß ihr Wein ein, hielt ihr die Schüssel, bediente sie und erwies sich als aufmerksamer Nachbar. Das Kind war viel ernster als seine Mutter, dankte mit ruhiger Würde, nickte mit dem Kopf und sagte:

      »Sie sind sehr liebenswürdig...«, und dann lauschte sie wieder mit nachdenklichem Gesichtsausdruck der Unterhaltung der Erwachsenen.

      Das Essen war vortrefflich und fand allgemeinen Beifall. Herr Walter aß wie ein hungriger Wolf, sprach fast gar nichts und betrachtete unter seinem Kneifer mit schrägen Blicken die Speisen, die ihm serviert wurden. Norbert de Varenne wetteiferte mit ihm und ließ Sauce auf den Hemdeinsatz fallen.

      Forestier überwachte das Ganze mit lächelnder Aufmerksamkeit, er wechselte von Zeit zu Zeit mit seiner Frau Blicke des Einverständnisses, als wollte er sagen: »Siehst du, unser schwieriges, gemeinsames Werk klappt ausgezeichnet.«

      Die Gesichter wurden rot, die Stimmen laut. Alle Augenblicke flüsterte der Diener den Gästen ins Ohr: »Corton — Château Larose.«

      Duroy fand den Corton nach seinem Geschmack und ließ jedesmal sein Glas füllen. Eine angenehme, erwärmende Fröhlichkeit erfüllte ihn, eine heiße Freude, die ihm vom Magen in den Kopf stieg, durch seine Adern rann und ihn ganz durchdrang. Er fühlte sich von vollkommenstem Behagen erfüllt, von einem Behagen des Lebens und Denkens, des Körpers und der Seele.

      Und es überkam ihn ein Verlangen, zu sprechen, sich hervorzutun, gehört und geschätzt zu werden, wie diese Männer, deren geringste Bemerkungen lauten Beifall fanden.

      Die Unterhaltung ging unaufhörlich, sprang von einer Ansicht zur anderen, hatte nun alle Ereignisse des Tages erschöpft und dabei tausend Fragen gestreift. Dann kehrte sie zu der großen Interpellation des Herrn Morel über die Kolonisation in Algier zurück.

      Herr Walter machte zwischen zwei Gängen ein paar scherzhafte Bemerkungen, denn er war geistreich und für Witze veranlagt. Forestier erzählte über seinen Artikel vom nächsten Tage. Jaques Rival verlangte eine militärische Verwaltung mit Überlassung von Ländereien an alle Offiziere, die zwanzig Jahre im Kolonialdienst verbracht hatten.

      »Auf diese Weise«, sagte er, »werden sie eine energische Bevölkerung schaffen, die das Land seit längerer Zeit kennt und liebt, seine Sprache beherrscht und über alle Schwierigkeiten in kolonialen Fragen Bescheid weiß, an denen die Neulinge unfehlbar stolpern müssen.«

      Norbert de Varenne unterbrach ihn.

      »Ja ... sie werden über alles Bescheid wissen, nur nicht über die Landwirtschaft. Sie werden Arabisch verstehen, aber keine Ahnung davon haben, wie man Rüben pflanzt oder Getreide sät. Sie werden stark im Fechten sein und schwach im Düngen. Nein, dieses neue Land muß für jedermann offen sein. Die Tüchtigen werden dann dort ihren Weg machen, die anderen gehen eben zugrunde. Das ist ein soziales Gesetz.«

      Es folgte ein kurzes Schweigen. Man lächelte.

      George Duroy öffnete den Mund, und erstaunt über den Klang seiner Stimme, als ob er sich selbst noch nie hatte reden hören, sagte er:

      »Woran es da unten am meisten fehlt, das ist der gute Boden. Die wirklich fruchtbaren Ländereien kosten da gerade soviel wie in Frankreich und werden als Kapitalanlage von reichen Parisern aufgekauft. Die wirklich armen Kolonisten, die auswandern, um Brot zu gewinnen, sind auf die Wüste angewiesen, wo aus Mangel an Wasser gar nichts gedeiht.«

      Alle blickten ihn an; er fühlte, wie er rot wurde.

      Herr Walter fragte: »Kennen Sie Algier, mein Herr?«

      Er antwortete: »Jawohl, mein Herr, ich war dort achtundzwanzig Monate und habe mich in allen drei Provinzen aufgehalten.«

      Nun fragte ihn plötzlich Norbert de Varenne, der den Fall Morel vergaß, über die Einzelheiten in den Sitten der Eingeborenen, die er von einem Offizier erfahren hatte. Es handelte sich um Mzab, eine seltsame, kleine, arabische Republik inmitten der Sahara, im trockensten Teile jenes heißen Erdteiles.

      Duroy war zweimal in Mzab gewesen und erzählte nun von den Sitten dieses eigenartigen Landes, wo Wassertropfen Goldwert haben und jeder Bewohner zu allen öffentlichen Arbeiten verpflichtet ist und im Handel und Gewerbe eine Ehrlichkeit herrscht, wie man sie bei zivilisierten Völkern in Europa kaum kennt.

      Er sprach mit einem gewissen Schwung; der Wein und der Wunsch zu gefallen, trieben ihn an. Er erzählte Anekdoten aus dem Soldatenleben, Kriegsgeschichten und allerlei kleine Züge aus dem Leben der Araber. Er fand sogar ein paar farbige Ausdrücke zur Schilderung der weiten, gelben Wüstenebene, die unter der verzehrenden Sonnenglut

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