DAS GRANDHOTEL. Ursula Hass
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу DAS GRANDHOTEL - Ursula Hass страница 6
„Sie weiß es, sie kennt den Mordfall!“, sagte Ulla Sommer leise zu Peter Bloch, der sich ihr wieder genähert hatte. Norbert Neurer hatte sich auch Albert Rehlein und Peter Bloch angeschlossen. Axel Lehmann und Ansgar Hoch wechselten ebenfalls kurze Blicke miteinander. Sonja Netter wandte sich dann an Claudine Meister, als wollte sie etwas sagen. Aber beide wechselten keine Worte miteinander. Ulla Sommer registrierte alles. Sie allein war es, die sich nicht erinnern konnte, an welchen Mordfall dieser amerikanische Millionär anknüpfte. Sie hatte doch ein ganz passables und sehr gutes Gedächtnis. Doch sie schüttelte sich richtig, als sie daran dachte, dass sie mit diesen Leuten irgendetwas Schreckliches verband. Nur was, war hier die Frage, wie sie krampfhaft überlegte.
Der Hoteldirektor schloss dann sehr nachdenklich wieder die Tür der Bibliothek auf und alle waren wie erlöst, denn so eingeschlossen in diesem Raum mit dieser blechernen Stimme des Millionärs und den schweren Erinnerungen an einen Mordfall hatte die OIL-Gruppe sehr verunsichert.
Nun ging es in den Grand Salon. Dort sollte das Menü serviert werden, hörte sie den Direktor sagen. Eigentlich war ihr nicht mehr nach Essen zumute, aber man konnte ja mal sehen, was der Koch alles an Genüssen zaubern würde.
„Kommen Sie mit mir in den Speisesaal! Unser Küchenchef hat extra für Sie ein exzellentes Menü zusammengestellt, das soll sie nun ein bisschen belohnen für die schreckliche Nachricht, die Sie gerade vernommen haben. Es geht um einen Mordfall.“ Dabei betonte er diesen Mordfall mit einem eigentümlichen Unterton.
„Vergessen Sie nun den Mord, morgen erfahren Sie mehr vom Gastgeber!“, sprach der Direktor und verschwand kurz hinter einem Vorhang, der ein wahres Meisterwerk der Handwerkskunst darstellte. Denn der Brokatstoff war mit vielen Affenbildern und Schlangen kreiert worden. Dieses Motiv erinnerte ein bisschen an den Jugendstil, Anfang des 20. Jahrhunderts, aber auch daran, dass die Reisefreudigkeit in den Ländern damals groß war und besonders die Kolonien mit all ihren wilden Tieren sehr begehrenswert waren.
Vanessa und Vincent, die Servicekraft und der Page, verschwanden ebenfalls hinter diesem schwarzgrünen Vorhang, auf dem auch giftige Schlangen abgebildet waren. Die Augen der Kobras blitzten in einer grellgrünen Farbe, die zum dunklen, samtgrünen Vorhang einen künstlerischen Kontrast bildeten. Ihre Augen richteten sie auf ihre nächsten Opfer und ihre Zungen waren feuerrotspeiend. Ulla Sommer warf nur einen kurzen Blick auf diesen angsteinflößenden, aber doch auch aparten Vorhang. Sie fühlte, dass dieser schlangenspeiende Vorhang direkt in die Hölle führte.
Wo bin ich nur gelandet?, dachte sie und musste auch ein bisschen an ihren Mann denken, der zuhause saß und nichts von einem Mordfall wusste und von dieser geheimnisvollen Atmosphäre in diesem merkwürdigen, alten Hotel, das sie an eine mörderische Schlangengrube erinnerte.
„Sehen Sie eigentlich noch andere Gäste hier oder sind wir die einzigen?“, wandte sie sich wieder den drei Herren zu, die ihr in den Grand Salon gefolgt waren.
An ihrem Tisch angekommen, sah sie, dass sowohl Albert Rehlein, Norbert Neurer und Peter Bloch sowie Renate und Arnim Hermann, Axel Lehmann und Ansgar Hoch an ihrem Tisch Platz fanden.
Den weiteren großen runden Tisch belegten Annette Fischer und Josef Haas, Claudine Meister und Karl Feistel sowie Sonja Netter, Dominik John, Andreas Lichte sowie Klara Breuer.
Zunächst wurde die Suppe serviert. Es war eine badische Schneckensuppe, die früher auf jeder Speisekarte eines guten Hotels stand. Dazu wurde ein Weißer Burgunder aus dem Kaiserstuhl gereicht. Der etwas lieblich anmutende Weiße Burgunder, gereift in dieser sonnigen Landschaft, passte hervorragend zur sahnig-herben, mit Kräutern gewürzten Schneckensuppe.
Das Hauptgericht bestand aus einem schwäbischen Rostbraten mit selbstgemachten Spätzle und Bubenspitzle und dazu gab es ein sehr reichhaltiges Salatbuffet, an dem sich die Gäste selbst bedienen konnten. Zum Hauptgericht konnten die Gäste zwischen einem Spätburgunder Rotwein und einem Grauen Burgunder auswählen.
Vanessa und Vincent bedienten die Gäste hervorragend. Und so langsam war auch bei Ulla Sommer dieser schwarz-grüne Vorhang, der nach Nirgendwo oder in die Hölle führte und bei ihr Ängste hervorgerufen hatte, vergessen und sie widmete sich ihrem Essen.
Zum Nachtisch gab es Vanilleeis und heiße Himbeeren, auch so ein Klassiker aus den Achtziger und Neunziger Jahren.
Ulla Sommer fing eine lebhafte Unterhaltung mit den Gästen an ihrem Tisch an, an der sich Renate und Arnim Hermann aber nicht beteiligten. Immer wieder schaute Arnim Hermann zu Ulla Sommer herüber, doch sie erwiderte seinen Blick nicht, denn dieser Arnim mit seinen krausen Haaren erinnerte sie an jemanden, an den sie sich aber nicht erinnern wollte.
„Manches vergisst man auch oder man will nicht mehr daran erinnert werden“, murmelte sie leise und dachte dabei an den Mordfall, wobei sie von den weiteren Herren am Tisch eifrig beobachtet wurde.
„Dieser 23. August, der geht mir eigentlich nicht mehr aus dem Kopf“, sagte sie zu Peter Bloch, der nickte, denn auch er konnte keine Erinnerung mit einem 23. August verbinden, wie er betonte.
Auch am Nebentisch widmete man sich ziemlich schweigsam dem Menü. Plötzlich stand Karl Feistel am Nebentisch auf und Claudine Meister schaute ihm nur nachdenklich hinterher.
Irgendwie kennen sich Claudine Meister und Karl Feistel, überlegte sie, sagte aber nichts zu den weiteren Personen an Tisch Eins, die eifrig auch noch ihren Nachtisch löffelten.
Zum Schluss gab es noch Kaffee und einen englischen Plumpudding-Kuchen, der jedoch etwas fest geraten war.
„Wenn wir jeden Tag so ein umfangreiches und sehr exzellentes Menü bekommen, dann muss ich meine Hosen erweitern lassen“, raunte gut gelaunt Albert Rehlein in die Runde.
„Woher kommen denn Sie, Herr Rehlein? Ich konnte bei Ihnen noch keinen typischen Dialekt heraushören“, sprach Ulla Sommer nun zu Rehlein, den sie eigentlich noch am sympathischsten fand.
„Ich wohne eigentlich in Freiburg, war aber auch öfters in Mannheim bei meiner Mutter.“
„Lebt Ihre Mutter noch?“, fragte sie gleich weiter. Doch dies verneinte Albert Rehlein heftig, wobei er ziemlich traurig in die Runde blickte.
Auch Ulla Sommer erzählte von ihrem Mann, der eigentlich auch mitreisen wollte, aber dann doch wieder zurücktrat, weil er keinen Betreuer für den Hund gefunden hatte.
Wortkarg blieben bei den Gesprächen Renate und Arnim Hermann. Ulla Sommer blickte immer wieder zu diesem seltsamen Paar hin, wobei die Frau ja einen sehr netten Eindruck auf sie machte. Ihr Mann hingegen schaute immer wieder verschämt auf den Boden, wenn sie ihr Augenmerk auf ihn richtete. Weshalb kann er mir nicht in die Augen schauen, was hat er denn zu verbergen?, dachte sie. Seltsame Leute!, überlegte sie weiter, ließ sich aber nichts anmerken und war weiterhin auch freundlich zu ihren Tischnachbarn.
Als alle gerade so gemütlich zusammensaßen, Kaffee und einen Grappa tranken, hörten sie wie jemand lauthals aufschrie. Vielleicht hatten die Leute dieser Gruppe den Schrei in diesem so stillen und lautlosen Hotel zuerst gar nicht wahrgenommen, weil er ganz und gar nicht zu diesem Hotel passte. Aber