Bittersüß - davor & danach 2. Adele Mann

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Bittersüß - davor & danach 2 - Adele Mann

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Zwei verdammt lange Monate.“

      „Ich weiß.“

      Unser angespannter Atem füllt den Raum. So lange ist mir die Fahrt bisher nie vorgekommen. Endlich öffnen sich die Aufzugtüren wieder und wir betreten die dritte Etage.

      „Hier sind wir. Zimmer 307.“ Er schnippt die Schlüsselkarte immer wieder gegen seinen Handballen und sieht mich dabei abwartend an.

      „Ich nehme an, du wirst jetzt nicht mit reinkommen.“

      Hitze schießt mir in die Wangen und meine Haut kribbelt, alleine bei der Vorstellung. Aber seine Annahme ist berechtigt, das kann ich nicht machen. Vorsichtig schüttle ich den Kopf.

      „Schon in Ordnung. Ich habe ja fast einen Monat Zeit, dich umzustimmen.“ Wieder dieses teuflische Lächeln.

      „Jan, ich …“ Doch weiter komme ich nicht. Er hat mich an die Wand im Flur vor seiner Suite gedrängt und sieht mir fest in die Augen. Seine Hände stützen sich links und rechts neben meinem Kopf ab. Eine sehr deutliche Ansage. Ich schlucke und halte die Luft an.

      „Nur damit das klar ist: Ich bin deinetwegen hier. Denn ich habe verdammt ernst gemeint, was ich dir am Telefon sagte. Ich gebe uns nicht auf, und ich kämpfe um dich. Das hier ist erst der Anfang, Ella … Also bereite dich darauf vor!“ Seine blauen Augen sehen eindringlich in meine.

      Kurz denke ich, dass er mich küssen wird, doch er lehnt sich nur weiter zu mir, bis ich seinen hektischen Atem an meinem Mund fühlen kann, ehe er sich langsam wieder zurückzieht. Ich kann nicht verhindern, dass mir ein Wimmern entkommt. Alleine der Gedanke, ihn zu küssen oder ihn wieder zu berühren, kehrt mein Innerstes nach außen.

      Jan stemmt sich von mir, sieht mich noch mal von oben bis unten an, ehe er die Karte ins Schloss steckt und in seinem Zimmer verschwindet.

      Was zur Hölle ist gerade passiert? Ich stehe zitternd, aufgebracht, verschwitzt und erregt im Hotelflur und habe das Gefühl, gleich schreien zu müssen.

      Ich habe mich doch vor zwei Monaten gefragt, ob ich mit meinen Gefühlen für Jan Herzog umgehen könnte. Jetzt habe ich die Antwort.

      Ich kann es nicht.

      Kapitel 4

       Ella – Wien, 2011

      Ich starre seit mindestens fünf Minuten mein eigenes Brieffach an und finde nicht den Mut, nachzusehen. Die letzten drei Tage quäle ich mich nun damit herum, nach Hause zu kommen und auf mein graues Kästchen zu starren, in der Angst, den Schlüssel darin zu finden und zu wissen, dass Jan ihn dort zurückgelassen hat. Alleine der Gedanke dreht mir den Magen um. Bisher war das ganze Theater umsonst. Aber schließlich ist es doch das, was ich will. Oder?

      Vorsichtig stecke ich den Schlüssel ins Schloss und öffne das Postfach. Erleichtert atme ich aus, als ich lediglich bunte Werbeprospekte zu sehen bekomme. Ich schnappe mir den Stoß und fühle, wie mir heiß und kalt wird, als ich auf dem Boden liegend meinen Wohnungsschlüssel sehe, ein Stück silbernes Metall, sonst nichts. Keine Nachricht.

      Verdammt, Ella! Als ob es da noch etwas zu sagen gebe.

      Was stimmt nur nicht mit mir? Seit Tagen heule ich mir die Augen aus dem Kopf, kann nicht mehr essen und fühle mich hundeelend. Nicht einmal an ihn denken kann ich, ohne dass ich mich leer und roh und wütend fühle. Wieso machte es mir dann so viel aus, den Schlüssel zu sehen und zu wissen, dass es damit nun endgültig vorbei ist?

      Kopfschüttelnd stecke ich den Zweitschlüssel ein und gehe rüber zu meiner Wohnung. Als ich sie betrete, ist alles wie immer. Der winzige Flur ist gemütlich warm und vertraut, doch der Hauptraum jagt mir eine Gänsehaut über den Rücken. Die verstreuten T-Shirts sind weg und auch seine Sporttasche, die immer neben dem Kleiderschrank stand. Sein MP3-Player, der heute Morgen noch auf der Kommode lag, ist verschwunden. Vorsichtig gehe ich nach hinten und werfe einen Blick in die Küche. Seine Lieblingstasse hat Jan mitgenommen, alles andere hat er dagelassen. Ich mache Licht im Bad und sehe sofort, dass all seine Sachen nicht mehr da sind. Es sind nur Kleinigkeiten, die niemandem außer mir auffallen würden, schließlich haben wir nicht zusammengewohnt. Dennoch schlägt es ein Loch in mein Inneres, das sich ohnehin leer anfühlt, seit ich diese verdammte SMS gelesen habe. Seit ich ihn für immer weggeschickt habe. Langsam gehe ich zurück und setze mich auf das Sofa. Ich habe immer noch meine Jacke an.

      Ich kann nicht glauben, dass er mich betrogen hat. Und doch ist es wahr. Ich habe es in seinen Augen gesehen. Noch nie hat etwas so wehgetan wie die Schuld, die ich dort erkennen musste. Und zu hören, dass er mich noch liebt. Der Gedanke verursacht ein Stechen in der Brust, das mir Angst macht, weil ich es nicht kontrollieren kann, genauso wenig wie die Tränen, die schon wieder hervorbrechen.

      Vor ein paar Tagen noch habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen, ob ich den Abschluss schaffe, und Jan hat mir erzählt, er wolle mit mir zur Feier meines so gut wie sicheren Abschlusses nach Budapest fahren, in das gleiche Hotel, in dem ich damals als Kind war. Damals war ich so glücklich, so verliebt und so dumm. Jetzt wird das alles nie passieren. Ich werde natürlich meinen Abschluss machen, das lasse ich mir von niemandem nehmen. Aber er wird nicht dabei sein. Noch habe ich es niemandem erzählt. Ich weiß nicht, wie ich es meiner Familie erklären soll. Erst letztes Wochenende habe ich meiner Mutter erzählt, dass wir vielleicht bald zusammenziehen, und jetzt …

      Wie kann man behaupten, jemanden zu lieben, und ihm das antun? Wie geht das? Verdammt noch mal. Ich bin so wütend.

      Außer mir schnappe ich mir das einzig ausgedruckte Foto von uns, das am Rand einer kleinen Pinnwand klebt, und drücke es so fest zusammen, bis es völlig ruiniert ist. So wie es jetzt aussieht, bis zur Unkenntlichkeit zerstört, genauso fühle ich mich.

      Ich möchte mich niemals wieder so fühlen. Ich möchte nie wieder auch nur ein Wort mit Jan wechseln, ihn nie wieder sehen. Ich verspreche mir selbst, hier und jetzt, niemals wieder so dumm zu sein, Jan zu vertrauen. Nie wieder.

      Kapitel 5

       Jan – Berlin, 2014

      „Ich weiß, deine Leute vom Housekeeping leisten gute Arbeit … Dennoch hat es eine Beschwerde zum Schuhputzdienst gegeben. Angeblich dauerte es zu lange, bis die Schuhe abgeholt waren.“

      Ella spricht mit einer etwas rundlichen Frau mit lockigen Haaren, die sie aufmerksam ansieht. Ihr Auftreten ist freundlich, aber bestimmt. Es ist sehr interessant, sie bei der Arbeit zu beobachten.

      Noch hat sie mich nicht entdeckt.

      „Ich werde es weitergeben, Frau Vogel. Aber es kann bestimmt nicht sehr lange gedauert haben, bis die Schuhe abgeholt wurden. Ich ordne immer an, dass meine Leute Runden machen sollen, falls die Rezeption mal vergisst, die Service-Anforderungen weiterzuleiten.“

      Die Frau, von der ich denke, dass sie das Housekeeping leitet, reibt sich über den Nacken und wirft Ella einen leicht nervösen Blick zu.

      „Das weiß ich doch, Frau Kadakis. Es handelt sich bei der Beschwerde um einen unserer anspruchsvolleren Gäste … Doch ich musste es zumindest erwähnen.“ Sanft lächelt Ella ihre Mitarbeiterin an und berührt kurz ihren Arm. Sie hat wirklich ein Händchen für Menschen.

      „Ich verstehe schon … Dann geh ich mal wieder

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