Bittersüß - davor & danach 2. Adele Mann
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„Scheint, als hättest du hier alles im Griff.“
„Ja. Es … Es läuft ganz gut so weit. Am Anfang hat es gedauert, bis sie mich akzeptiert haben, vermutlich weil ich deutlich jünger bin als meine Vorgängerin.“ Offenbar unbewusst wiegt sie sich kaum merkbar hin und her. Ihre Stimme klingt unglaublich vertraut, als wäre sie so etwas wie ein Zuhause für mich. Das Gefühl ist schwer zu ignorieren. Zusammen mit meinem Hunger nach ihr treibt es mich an, weiterzumachen. Ihr endlich wieder näherzukommen.
„Dann denkst du, dass die Entscheidung, hierherzukommen, richtig war?“, frage ich sie herausfordernd, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich die Antwort hören will.
„Jan“, seufzt sie und blickt weg von mir, ehe sie sich zu mir an den runden Tisch setzt.
„Schon gut. Ich fange nicht damit an. Schließlich habe ich es akzeptiert.“ Wenn es sein muss, lüge ich, um sie zurückzubekommen. Ich werde alles tun, was ich tun muss. Alles. Zuerst aber soll sie sehen, dass ich nicht mehr der bemitleidenswerte Kerl bin, den sie vor ein paar Monaten wiedergetroffen hat.
Während sie mit ihren nervösen Fingern das Leinentischtuch bearbeitet, lasse ich meine Hände so ruhig es geht auf dem Tisch liegen. Denn wenn ich das nicht tue, muss ich sie anfassen, und ich denke, dafür ist es noch etwas zu früh.
„Ich bin vor allem deinetwegen hier. Aber ich habe noch einen weiteren guten Grund, um in Berlin zu sein“, deute ich an. Damit gehört mir ihre Aufmerksamkeit.
„Welchen anderen Grund denn?“ Erwartungsvoll sieht sie mich an. Ihre Augen funkeln voller Neugier.
„Ich habe vor einem Monat Kontakt zu jemandem aufgenommen, den ich noch vom Studium kenne. Er hat sich selbstständig gemacht und sucht nach einem weiteren Partner für sein Architekturbüro. Ich werde mir einen Firmenkredit aufnehmen und mich hoffentlich bald bei ihm einkaufen. Aber zuerst muss sein anderer Partner zustimmen. Der lebt in Berlin. Die Firma arbeitet inzwischen in Österreich und Deutschland.“
Gut, sie ist überrascht. Das habe ich nicht anders erwartet. Ella soll sehen, dass ich mein Leben im Griff habe. Dass ich wieder ein Mann bin, der klarkommt, der eine Frau wie sie verdient.
„Das klingt ja toll … Ich kann es gar nicht fassen. Du … du wirst wieder als Architekt arbeiten“, murmelt sie aufgeregt. Ich nicke und schenke ihr dabei ein zufriedenes Lächeln. Wenn ich spüre, dass sie stolz auf mich ist, fühle ich mich etwas wert. Nur Ella kann mich das fühlen lassen.
„Aber wieso der Firmenkredit … Ich meine … Was ist mit …“
„… dem Geld meiner Eltern?“, helfe ich ihr aus der Verlegenheit, es aussprechen zu müssen.
„Das spielt keine Rolle mehr. Zwischen ihnen und mir sind die Brücken endgültig abgebrochen.“
Ella wird blass und fasst sich an den Hals. Ihre schlanken Finger auf dem Tisch verspannen sich.
„Du hast mit ihnen gebrochen?“, fragt sie vorsichtig nach.
„Ja. Ich habe den Wagen, den ich von ihnen habe, zurückgegeben und mir einen neuen geleast, auf meinen Namen. Außerdem bin ich an die Erbschaft meines Onkels gegangen. Er ist schon vor Jahren gestorben und hat mir einiges an Geld vermacht, weil er keine eigenen Kinder hatte. Es hat gereicht, um meine Wohnung zu kaufen, um den Aufenthalt hier zu finanzieren und um auszukommen, bis ich bei Hannes anfangen kann. So heißt mein alter Studienfreund übrigens.“
Ella schüttelt den Kopf, als müsse sie die neuen Informationen erst zurechtrücken. Ich gebe zu, es ist viel auf einmal. Aber ich war auch sehr beschäftigt in den letzten acht Wochen.
„Und du verschwendest einen Teil deiner Erbschaft, um hier fast einen Monat lang im Hotel zu leben?“ Fassungslos blickt sie mir in die Augen. Sie sind sanft und schön, genau wie in meiner Erinnerung.
„Ich sehe das keineswegs als Verschwendung an, Ella.“
Es ist Zeit, mir zu nehmen, was ich will, was ich brauche.
Ella
Ich kann einfach nicht glauben, was ich da höre. Wie ist das nur möglich, wie kann er das alles geschafft haben – in nur acht Wochen? Aber kann es richtig sein, dass er mit seiner Familie bricht? Sicher, sie sind abscheulich. Aber sie sind dennoch die einzige Familie, die er hat. Für mich klingt das alles nach einer Übersprungshandlung, die er vielleicht schon bald bereuen könnte. Das ist alles zu viel auf einmal. Der potenzielle neue Job, sein neu erwachtes Selbstbewusstsein, er hier, nur Zentimeter von mir entfernt. Ich habe das Gefühl, von einem Güterzug überrollt zu werden.
„Ich sehe das keineswegs als Verschwendung an, Ella.“
Seine letzten Worte hallen in meinem Kopf nach. Wie ernst und entschlossen Jan klingt. Ich kann es mir nicht erklären, aber es macht mir Angst. Die Art, wie er mich ansieht, lässt mein Herz so schnell schlagen, dass Hitze ausbricht. Ich habe das Gefühl zu verglühen, dabei sieht er mich bloß an. Das Schweigen dehnt sich zwischen uns aus, bis es fast schon schmerzhaft wird. Ich habe das Gefühl, etwas sagen zu müssen, doch die herausfordernde und selbstbewusste Ella, die ich vor ein paar Monaten entdeckt habe, scheint sich völlig in mir verkrochen zu haben, und der anderen Ella will einfach nichts einfallen. Also sitzt sie da, malträtiert das schöne Tischtuch und starrt in Jans blaue Augen.
Als er sich ein Stück nach vorn lehnt, klopft mir das Herz bis zum Hals.
„Ich wünschte, du würdest endlich etwas sagen. Denn so langsam komme ich mir vor, als stünde ich mit meinem Verlangen alleine da.“ Mit einem gequälten Lächeln legt er sanft eine Hand auf mein Knie.
„Oder irre ich mich und du teilst mein Verlangen?“
Seine Finger wandern erregend langsam meinen Oberschenkel hoch. Ich starre seiner Hand nach, die eine heiße Spur auf meiner Haut hinterlässt. Trotz meiner Unsicherheit und Angst würde Jan ein feuchtes Höschen vorfinden, wenn er seinen schamlosen Weg meinen Schenkel entlang fortsetzte. Erschrocken keuche ich, als mir wieder dämmert, wo wir uns eigentlich befinden. In der Hotelbar, an meinem Arbeitsplatz.
„Jan, nicht hier! Das kannst du nicht machen!“, ermahne ich ihn und stoppe seine Finger, indem ich meine Hand darüberlege. Wie gut es sich anfühlt, seine Hand zu berühren. Seine Finger fühlen sich rauer an als früher.
„Du lässt mir keine Wahl. Sprich mit mir, Ella!“ Fordernd bohrt sich sein Blick in mein Gesicht. Jan muss doch die roten Wangen sehen, die sein provokantes Verhalten hervorrufen. Ich fühle Hitze und Scham jedenfalls deutlich.
„Ich hatte schon aufgegeben … Die ganze Zeit habe ich auf eine Nachricht gewartet, Jan. Und als nichts kam, da habe ich …“ Bemüht atme ich