Ungehöriges. Ute-Maria Graupner
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„Sechs Euro.“ Der Blick zweier dunkler, strahlender Augen war noch auf Gabriela gerichtet, während ein Geldbeutel aus der Jeans hervor gekramt wurde. Wieder drehte sich der Unbekannte zum Schenker, und wieder sah Gabriela ein Stück Männerflanke eines muskulösen Körpers.
Der Dunkeläugige reichte ihr den Krug und hob den Seinen in der typischen Geste zum Anstoßen der Gläser. Gabriela ging darauf ein.
„Ich heiße Gabriela, und danke,“ sagte sie.
„Ich bin Udo, und bitte,“ erwiderte er.
Während um die Beiden herum die Versorgungsstände und Imbisse ihre Überbleibesel verstauten, erfuhr sie, dass ihr Ansprechpartner an der Uni arbeitete.
„Lass uns setzen,“ forderte Udo auf.
Sie saßen allein zwischen dem Geklapper von Geschirr spülenden, flinken Händen, die zu jenen armen Menschen gehörten, die das Konzert aus der Perspektive der Einnahmen betrachten mussten. Der übliche Smalltalk begann. Was man so am Wochenende machte, welche Musik man mochte, und dass der Abend angenehm lau und wohlwollend war.
„Darf ich dir sagen, dass du eine sehr erotische Ausstrahlung hast,“ sagte Udo.
„Darfst du!“ Gabrielas männliches Gegenüber blieb still.
„Na und, was ist jetzt? Du hast mich doch um eine Erlaubnis gebeten?“
Udo grinste: „Ich merke schon, dumm bist du nicht.“ Er schaute sie an, als ob er in Gabriela hinein schauen könnte. Sie liebte diese Art von Blick, der in ihr eine bekannte, angenehme Hitze erzeugte. Sie kostete die Momente aus, die Welle um Welle eines aufregend warmen Gefühls in ihr heranrollen ließen. Allein das war Genuss, egal was folgen würde. Du kannst dir ruhig Zeit lassen. Ich kann genießen.
„Du hast eine sehr erotische Ausstrahlung!“ Ah, er hat es noch mal gesagt. Die Spannung zwischen den Beiden wäre durch nichts zu durchbrechen gewesen. Es muss an den zu witternden Stoffen meines inneren Flimmerns liegen.
Über die geheimen Botschaften zwischen den Geschlechtern wunderte sich Gabriela nicht mehr. Sie hatte genug Erfahrung, dass sie da sein mussten, auch wenn sie nicht zu begreifen waren.
Sie kokettierte: „Du hast mich noch nicht bei Tageslicht gesehen.“
„Ausstrahlung ist Ausstrahlung,“ meinte ihr Gesprächspartner mit gelassener Stimme.
„Darf ich dich küssen?“
„Du kannst mich ja erst einmal um Erlaubnis bitten, ob du mir diese Frage stellen darfst.“ Gabriela wiegte langsam ihr lächelndes Gesicht hin und her. Sie wollte sie noch mal einmal hören, schon allein deswegen, weil sie das Vergnügen der warmen Wellen auslöste. Udo verzog sein Gesicht, als ob er eines von diesen Komplimenten in einem Heldenfilm gehört hatte. Eines von jenen, die dazu dienten, dass irgendein Bruce Willis im Anschluss eine große Herausforderung annehmen muss, der nur er gewachsen ist. Udo wendete sich in die entgegen gesetzte Richtung von Gabriela. Ganz langsam drehte er seinen Kopf zu ihr zurück. Sucht er nach neuen Worten?
„Darf ich die Frage stellen, ob ich dich küssen darf?“ Die Augenbrauen des Mannes zogen sich nach oben, als ob ein Maler auf einem Kunstwerk das Thema, Spannung, verewigen wollte.
„Ja, du darfst mir die Frage stellen.“
Udo beugte sich langsam über den für Open-Air-Konzerts üblichen Freiluft-Biertisch, an dem sich die Beiden gegenüber saßen.
Er war Gabrielas Mund schon ganz nahe. Wird er mich noch mal fragen? Sein Mund berührte ihre Unterlippe. Gabriela schob ihren Mund ebenso langsam entgegen. Seine Lippen zogen die ihren auseinander und ihre Zungen berührten sich. Dem Hauch von Berührung folgte das Verlangen seiner Zunge ihren Mund zu erobern. Gabriela erwiderte verlangend. Die Beiden waren getrennt durch das Holz des Tisches. Doch ihre Leidenschaft wäre auf eine ganze Tischgesellschaft übergeglitten, wenn es denn noch weitere Besucher auf dem Menschen leeren Platz geben hätte.
„Du hast mich nicht noch einmal gefragt, ob du mich küssen darfst,“ sagte Gabriela mit schnellem Atem, nach dem sie ihre Berührung gelöst hatten.
„Und darf ich?“
„Ja, ich bitte darum.“ Udo zog sie an dem Stoff ihrer Ärmel heran. Er hielt sie fest, während seine Zunge erneut in ihren Mund hinein glitt.
Die Geräusche des Geklappers verstummten allmählich. Ein Catering-Wagen nach dem anderen verließ die Innenstadt. Der verwaiste Platz wurde durch die Straßenlaternen erleuchtet. Man sah nur noch eine sich windende, menschliche Masse allein an einem Biertisch sitzen, die sich beim näheren Betrachten als zwei Wesen herausstellte, deren Oberkörper sich umschlangen, während ihre Unterkörper durch eine Tischplatte getrennt wurden.
„Ich kann nicht mehr,“ sagte Gabriela.
„Was jetzt schon?“ Udos Brauen zogen sich wieder nach oben.
„Ich brauch eine Toilette.“ Gabriela schaute sich um. Weit und breit keine Möglichkeit ihre Getränke der Leichtsinnigkeit wieder los zu werden.
„Komm!“ Udo zog sie am Arm nach oben.
Er schob sie vor sich her. Mit einem großen Schritt war er neben ihr und legte seinen Arm um ihre Schultern. Er war warm. Nein, er war heiß. Gabriela drückte sich unter seine Achselhöhle, als ob sie ganz darin verschwinden wollte.
Udo steuerte auf ein Lokal zu aus dem leichte Musik zu hören war. Sie kehrten ein.
Offensichtlich war er Stammgast hier. Während er locker am Tresen mit dem Schenker plauderte, verschwand Gabriela in die Richtung, die ihr der Barkeeper mit dem Finger wies.
„Was machen wir jetzt?“ fragte Udo, als sie wieder neben ihm am Tresen stand.
„Ich kann nichts mehr trinken.“ Gabriela zuckte mal wieder mit den Schultern.
„Damit habe ich schon gerechnet. Komm lass uns in den Park gehen.“
Eng umschlungen, bewegte sich eine pulsierende Einheit mit einem Damenrad durch die nächtliche Gasse. Es waren nur die schlürfenden Schritte und das Zischen sich aneinander reibender Stoffe zu hören. Immer wieder blieb die sich bewegende Masse stehen, zwei Köpfe rieben sich aneinander, so dass man auf innige Küsse schließen konnte. Sie bog ein in eine kleine Seitenstraße, die zum nahe gelegen Park führte. Der Abend war lau. Die Nacht war aufregend. Man hörte ein Flüstern. Das Rad fiel ins Gras. Dann ließ sich die dunkle Masse in eine Wiese an dem kleinen See im Park nieder. Wie zwei sich windende Schlangen glitten zwei Körper auf dem kleinen Flecken einer Männerjacke hin und her.
„Darf ich dir eine hypothetische Frage stellen?“ Udos Mund berührte Gabrielas Ohr. Sie reagierte auf das angenehme Kitzeln mit einer Windung ihrer Schulter.
„Ist es eine Erlaubnisfrage?“ hauchte sie zurück. Udos Lippen näherten sich denen von Gabriela. Die Lippen des Paares berührten sich, ohne sich wirklich zu berühren.
„Nein,