Ich hatte einen Traum. Juan Pablo Villalobos

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Ich hatte einen Traum - Juan Pablo Villalobos

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du?«

      »Fünfzehn.«

      »Ist deine Mama noch in den USA?«, hat Yoni gefragt.

      Der Fettsack hat ja gesagt und wieder das Taschentuch aus der Hose gezogen und sich den Schweiß vom Hals, von der Stirn und aus dem Gesicht gewischt. Yoni hat ihn angeschaut, als würde er sich über ihn lustig machen, und die Hand von seiner Kleinen gedrückt, damit sie ihn auch anschaut.

      »Die Leute im Viertel mögen deine Oma«, hat er zu ihm gesagt. »Alle haben Respekt vor ihr, aber damit solltest du nicht kommen, wenn du nicht willst, dass die Leute dich für eine Schwuchtel halten.«

      Die Kleine hat sich totgelacht. Ich mich auch. Der Fettsack hat sein Taschentuch zusammengeknüllt und in die Hosentasche gesteckt.

      »Ich bin krank, Yoni, ich hab was am Herzen, ich war beim Arzt, weil ich immer so erschöpft bin und anfange zu schwitzen.«

      »Ernsthaft?«

      »Ja, mein Herz ist zu groß, größer als normal.«

      »Setz dich, nicht dass du noch umkippst«, hat Yoni zu ihm gesagt und auf einen Stuhl gezeigt.

      »Ich hab’s eilig«, hat der Fettsack gesagt, »meine Oma wartet auf mich, ich muss nachmittags im Laden helfen, und ich bin schon spät dran, weil die Hausaufgaben so schwer waren und weil ich jetzt hier bin.«

      Yoni ist aus dem Sessel aufgestanden, in dem er gesessen hatte, hat den Teller mit den Pasteten auf den Tisch gestellt, ist zum Fettsack gegangen und hat ihn auf den Stuhl gestoßen.

      »Haben dich die Sackgesichter kontrolliert?«, hat er ihn gefragt.

      »Die kontrollieren alle«, hat er geantwortet und dabei fast geheult.

      »Und was hast du gesagt?«

      »Nichts.«

      Yoni hat mit der Zunge geschnalzt, man hat gemerkt, dass er genervt war.

      »Fängst du jetzt an zu flennen?«

      Der Fettsack hat geschnieft, aber so nach innen, als würde er Rotz schlucken.

      »Was hast du ihnen gesagt?«, hat Yoni noch mal gefragt.

      »Sie wollten wissen, wo ich hinwill, und haben mich zum Haus meines Klassenkameraden begleitet. Als sie gesehen haben, dass ich wirklich Hausaufgaben machen will, sind sie gegangen.«

      »Du erzählst mir doch keinen Scheiß, oder?«, hat Yoni gefragt.

      »Nein.«

      »Erinnerst du dich an Marco?«, hat Yoni zu ihm gesagt. »Wir haben ihn geschnappt, weil er bei den Sackgesichtern rumgehangen hat, und du weißt ja, was mit ihm passiert ist.«

      In dem Moment hat Yonis Handy geklingelt, und er ist in ein anderes Zimmer gegangen, damit keiner mithören konnte. Der Fettsack hat die Zeit genutzt, um sich die Stirn mit dem Taschentuch abzuwischen. Er war so fett, dass sein Hintern gar nicht auf den Stuhl passte. Dann ist Yoni zurückgekommen.

      »Du musst etwas für mich in der Pension aufbewahren.«

      »Das geht nicht«, hat der Fettsack geantwortet.

      »In einem der vielen Zimmer wirst du schon eine Ecke finden.«

      Der Fettsack hat nichts gesagt, er hat Yoni nicht mal angeschaut, während er mit ihm geredet hat, und die ganze Zeit nur auf den Boden gestarrt, als könnte dort jemand rauskommen, um ihn zu retten.

      »Es ist nur für eine Weile«, hat Yoni gesagt. »Oder bis morgen.«

      »Ich kann wirklich nicht, Yoni, wenn meine Oma Wind davon bekommt …«

      »Das war keine Frage«, hat Yoni ihn unterbrochen. »Ich hab gehört, dass die Bullen in der Gegend rumschnüffeln.«

      Er ist kurz irgendwo im Haus verschwunden und mit einer weißen Tüte zurückgekommen. Kaum war er im Zimmer, konnte man riechen, was in der Tüte war.

      »Du begleitest ihn«, hat Yoni zu mir gesagt. »Pass auf, dass er es versteckt, nicht dass er es unterwegs wegwirft.«

      Er hat den Rucksack vom Fettsack geschnappt, der auf dem Boden lag, und die Bücher und Hefte rausgenommen. Dann hat er die Tüte reingesteckt und den Rucksack wieder zugemacht.

      »Was ist das?«, hat der Fettsack gefragt.

      »Was glaubst du?«, hat Yoni geantwortet. »Riechst du’s nicht? Du gibst es Mecha, wenn er dich drum bittet, nachher oder morgen.«

      »Wem?«

      »Ihm!«, hat Yoni gesagt und auf mich gezeigt. »Muss ich ihn dir erst noch vorstellen? Los, haut ab.«

      Der Fettsack ist sitzen geblieben und hat Yoni angeschaut.

      »Worauf wartest du?«, hat Yoni gesagt.

      »Ich brauche meine Schulsachen.«

      »Kriegst du von Mecha, wenn du ihm die Tüte zurückgibst.«

      Der Fettsack ist aufgestanden und hat sich den Rucksack über die Schulter gehängt. Yoni hat auf Play gedrückt, und man hat jemanden schreien hören. Es war die Mutter des Jungen, der mit den Toten sprach, sie hatte gerade gesehen, wie er mit verdrehten Augen in einer unbekannten Sprache redete.

      Wir sind nach draußen gegangen, und es sah aus, als würde gleich eine Menge Regen runterkommen, es roch nach dem Essen, das die Nachbarin kochte, und ich hatte nichts zu Mittag gegessen.

      »Wo soll ich die Tüte verstecken?«, hat der Fettsack auf dem Weg zur Pension gefragt.

      »Das musst du doch wissen«, hab ich gesagt. »Hat Yoni nicht gesagt, ihr habt genug Zimmer?«

      »Aber die sind alle voll.«

      »Dann eben in deinem.«

      »Da schläft auch mein Bruder und mein Onkel. Mein Onkel wird was merken.«

      »Nicht mein Problem.«

      Wir sind um die Ecke gebogen und bis zur Mitte der Straße gelaufen. Der Laden war auf der anderen Seite. Es war einer von diesen Läden, die alles haben, Lebensmittel, Getränke, Haushaltswaren.

      »Es ist besser, wenn meine Oma dich nicht sieht«, hat der Fettsack gesagt.

      Ich hab die Straße überquert und bin in den Laden gegangen. Hinter dem Tresen saß eine alte Frau und hat ferngesehen. Sie hat mich angestarrt, als wäre der Teufel persönlich in ihrem Laden aufgetaucht. Ich hab mir ein paar Chipstüten und Limos geschnappt, während der Fettsack seine Oma gegrüßt und sich entschuldigt hat, weil er sich verspätet hatte. Der Fettsack war echt eine Schwuchtel. Ich bin ohne zu bezahlen rausgegangen und habe noch gehört, wie die Alte mir irgendwas hinterhergeschrien hat, aber ich bin einfach weitergegangen.

      Am nächsten Tag hab ich die Tüte nicht geholt, weil die Bullen weiter Ärger gemacht haben. Yoni hat gemeint, dass ihn irgendwer verpfiffen hat. Wir haben uns ein paar Tage verkrochen,

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