Der Sohn des Gaucho. Franz Treller

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Der Sohn des Gaucho - Franz Treller

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Juan etwas sagen konnte, ward wieder Ruderschlag vernehmbar. Gleich darauf drang schwacher Lichtschein durch das Schilf und beleuchtete die Kronen der Bäume zu ihren Häuptern. Offenbar war es den Leuten in der Barquilla gelungen, die Fackeln wieder in Brand zu setzen.

      Das Boot kam stromauf; Don Juan und Sancho regten sich nicht. Nach einigen Minuten drangen Stimmen zu ihnen herüber. »Sie sind nach Entre Rios hinüber«, sagte jemand. »Ich glaube eher, sie sind drüben an Land gegangen«, antwortete ein anderer. »Kaum denkbar«, kam es zurück, »dann wären sie uns in die Fänge gelaufen.« »Ich weiß nicht, was Don Francisco anstellt, wenn wir ohne die Frau und das Kind zurückkommen«, sagte der, dessen Stimme zuerst hörbar geworden war. »Um so mehr, als der Majordomo mit dem anderen Jungen in den Wald entkommen ist«, sagte ein anderer. »Und wenn die Schufte nun auf einer dieser Inseln steckten?« äußerte der erste.

      »So närrisch werden sie kaum sein; da wären sie morgen früh schon gefangen«, entgegnete der zweite.

      »Ein Gaucho ist dabei«, knurrte einer der Männer, »nur diese verdammten Wüstensöhne verstehen die Bolas mit solcher Sicherheit zu werfen.« Juan lächelte grimmig, als er das Lob vernahm.

      Die Barke rauschte am Standort der Männer vorüber, das Geräusch der Ruder wurde schwächer und verklang schließlich ganz.

      »Was nun, Don Juan?« fragte Pati.

      »Wir müssen den Strom hinab«, entgegnete der Gaucho; »morgen ist wahrscheinlich eine ganze Flotte auf dem Parana und macht Jagd auf uns.«

      »Also den Strom hinab.«

      »Was meinst du, wie lange brauchen wir bis Santa Fé?«

      »Schätze, drei bis vier Stunden.«

      »Ausgezeichnet.«

      »Aber die Frau und das Kind?«

      »Die Tote müssen wir natürlich hier lassen«, sagte Juan, »das Kind nehmen wir mit. Wir werden ja erfahren, wer Mutter und Kind sind.«

      »Ich will noch einmal nach ihnen sehen.« Pati beugte sich nieder; der Himmel hatte sich aufgehellt; einige Sterne wurden sichtbar. Pati sah: es war eine junge, schöne Frau, die dort lag. An ihrem Hals und an ihren Händen blitzte etwas. Sorgfältig löste er ein Medaillon von ihrem Nacken und einige Ringe von ihrer Hand. Er reichte Juan den Schmuck. »Bewahre das«, sagte er, »es gehört dem Kind.« Don Juan öffnete den kleinen Lederbeutel, den er auf der Brust trug, und verwahrte die Sachen. Nicht ohne Mühe befreite Pati das ruhig atmende Kind aus dem starren Arm der toten Mutter, wickelte es in seinen Poncho und übergab es dem Gaucho, der es sanft in seinem eigenen Boot bettete, wo es ruhig weiterschlief. Pati schnitt mit seinem Messer Schilfbündel ab und bedeckte mit ihnen den Leichnam. Beide Männer zogen die Hüte und sprachen ein kurzes Gebet. Dann trieben sie das Boot mit der Frau auf den Strom hinaus, der still und gleichmäßig seine Fluten nach Süden trug.

      Gleich darauf griff Pati zum Ruder; unter seinen gleichmäßigen Schlägen glitt das leichte Kanu den Fluß hinab. Einige Stunden später nahte es sich bereits Santa Fé. »Wollen wir das Kind nicht hier lassen?« fragte Pati. »Was wollen wir damit anfangen?«

      »Es hier lassen, hieße, es seinem Verderben überliefern«, entgegnete Don Juan. »Es ist ja kein Zweifel, daß es diesem würdigen Don Francisco – ich habe mir den Namen und auch die Erscheinung gemerkt – hauptsächlich darauf ankam, die Kinder der getöteten Frau in seine Gewalt zu bringen. Glaube mir, Pati, hier sind finstere Kräfte am Werk; es dürfte gefährlich sein, sich damit anzulegen. Noch immer herrscht Bürgerkrieg, und man weiß nicht, wer Freund und Feind ist, außer in der Schlacht.«

      »Nun, wir werden jedenfalls erfahren, wo der Überfall ausgeführt worden ist und durch wen«, sagte Pati.

      »Das erste vielleicht«, entgegnete Juan, »das zweite – wer weiß! Von Santa Fé aus kennst du die Ufer?« »Wie meine Tasche.«

      »Dann suche südwärts der Stadt am rechten Ufer noch vor Tagesanbruch ein sicheres Plätzchen aus.«

      »Werd‘ es schon finden.«

      »Wenn du irgendeinen verläßlichen Freund in der Nähe hättest – «, überlegte Juan.

      »Ich weiß nicht«, sagte Pati, »früher wohnte da in der Gegend ein alter Freund meiner Pflegeeltern, ein Neger, Pedro Mendoza; für dessen Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit könnte ich bürgen. Ob er aber noch hier wohnt, ja, ob er überhaupt noch am Leben ist, weiß ich nicht.«

      »Wir wollen jedenfalls nachsehen«, sagte Don Juan. »Vielleicht erfahren wir dort schon einiges, was uns interessiert.«

      Sie fuhren an Santa Fé vorüber, ohne bisher einem anderen Fahrzeug begegnet zu sein. Als der Tag graute, hielt sich Pati dicht am rechten Ufer und bog nach genauer Umschau schließlich in einen Bach ein. Schon nach kurzer Zeit gewahrten sie einige Kanus, dahinter am Ufer eine kleine, von einem Garten umgebene Hütte. Pati stieg aus, ging an eines der niedrigen Fenster und pochte leise. Die Tür öffnete sich, und ein alter Neger trat in ihren Rahmen, Juan sah vom Boot aus, wie beide Männer sich umarmten. Gott sei Dank! dachte er.

      Es war wirklich der alte Pedro; er hieß auch Juan wortreich willkommen; der trug das Kind, das leise weinte, in das Haus. Es war ein etwa einjähriger Junge. Pedros Frau, die herbeigeeilt war, schlug vor Staunen die Hände zusammen, gleich darauf nahm sie das kleine Geschöpf in mütterliche Obhut.

      Auf Don Juans Rat hatte Pati dem Neger nur das Notwendigste mitgeteilt. Sie hätten nach beendetem Feldzug das Heer verlassen und unweit Santa Fé auf dem Strom treibend ein Boot mit einer toten jungen Frau und dem kleinen Jungen gefunden, hatte er gesagt.

      Sie könnten sich selbstverständlich einstweilen in seiner Hütte verborgen halten, sagte Pedro. Er selbst begab sich unverzüglich in seinem Segelboot nach Santa Fé, um dort vorsichtig nach Ereignissen zu forschen, welche die Abtrift eines Bootes mit einer toten Frau und einem lebenden Kind zur Folge gehabt haben könnten. Er verließ sich dabei vor allem auf seine schwarzen Stammesgenossen.

      Erst spät in der Nacht kehrte der Alte zurück. Er brachte überraschende Nachricht, von Entre Rios aus sei eine starke Schar Unitarier unter General Las Palinas über den Strom gesetzt, die Estanzia nach Estanzia zerstöre und in Eilmärschen auf Santa Fé zurücke, wo man sich bereits zur Verteidigung anschicke. Es sei in aller Eile nach Buenos Aires um Hilfe gesandt und die Landbewohner seien zum Kampf aufgerufen worden. Über eine ermordete Frau und deren Kind hatte er nichts erfahren können.

      Don Juan hörte sich diesen Bericht an, dann sagte er nach einigem Nachdenken: »Besorge mir ein gutes Pferd, Pedro, oder sage mir, wo eines zu finden ist. Morgen früh reite ich.«

      »Nimm zwei Pferde, Pedro«, sagte Pati, »ich reite mit.«

      Aber das Kind! Was sollte mit dem Kind geschehen?

      Das Kind wolle sie behalten, erklärte die alte Negerin, sie wolle es pflegen, als ob es ihr eigenes sei.

      »Gut, Señora«, sagte Don Juan, »bewahre mir den Jungen. Laß ihn von keinem Menschen sehen, sprich nicht von ihm, denn es ist kein Zweifel, daß ihm sehr mächtige Leute nach dem Leben trachten. Gott wird es dir dereinst und ich werde es dir noch hier auf Erden lohnen, wenn ich kann.« Sie würden das Kind wie ihren Augapfel hüten und kein Wort über seine Existenz verlauten lassen, versprachen die beiden Alten.

      Noch im Laufe der Nacht ruderte Pedro die beiden Männer mit ihren Sätteln, mit Zaumzeug und Waffen, einige Leguas weit den ihm wohlbekannten Bach hinauf; vor Morgengrauen setzte er sie an Land. Wie es

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