Der Sohn des Gaucho. Franz Treller

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Der Sohn des Gaucho - Franz Treller

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style="font-size:15px;">      Bellavista

      Nördlich der Stadt Santa Fé, in dem Staat oder der Provinz gleichen Namens, lagen die Besitzungen Don Francisco de Salis‘. Sie erstreckten sich weithin am Parana und tief in das Land hinein. Der Señor de Salis gebot über große Strecken hochkultivierten Landes, das Mais, Weizen, Tabak und andere Früchte in reicher Fülle erzeugte. Er besaß ausgedehnte Wälder, die wertvolle Hölzer lieferten, und ungezählte Herden von Pferden und Rindern, die in der Pampa weideten. Er war weithin als kluger und harter Mann bekannt, der reiche Einnahmen aus seinen Ländereien herauswirtschaftete.

      Don Francisco war aber nicht nur ein sehr reicher, er war auch ein außerordentlich mächtiger Mann im Staat Santa Fé, und dies nicht nur wegen seines großen Vermögens, sondern vor allem durch die Gunst des mächtigen Mannes in Buenos Aires, der das Land und die Menschen mit unerbittlicher Hand nach seinem Willen lenkte.

      Die Provinzen Buenos Aires, Entre Rios, Santa Fé und Corrientes befanden sich fest in der Hand des Diktators, während ihm die entfernteren Landesteile durchaus nicht immer botmäßig waren, ja sich nicht selten gegen ihn und seine Gewaltherrschaft auflehnten, in der Regel freilich nicht zu ihrem Vorteil.

      Francisco de Salis entstammte einer altspanischen Familie, die schon unter dem Adelantado Martinez de Irala im Jahre 1556 ins Land gekommen war; er war außerordentlich stolz auf diese Abkunft und gehörte zu den ergebensten Anhängern de Rosas. Die Estancia Bellavista, de Salis‘ Landgut, war ein ungemein stattlicher Besitz. Das schloßartige, mit Seitenflügeln versehene Hauptgebäude, das teilweise erst vor kurzer Zeit erneuert zu sein schien, zog sich, von dichten Gärten und parkartigen Anlagen umgeben, dicht am Parana hin, dessen Ufer hier eine weite Ausbuchtung aufwiesen; die weitere Umgebung zeigte zahlreiche zerstreut liegende Wirtschaftsgebäude und Landarbeiterwohnungen.

      An einem schönen Frühlingstag, etwa zwei Jahre nach den soeben geschilderten Ereignissen, kamen zwei Männer die gut unterhaltene Straße entlanggeritten, die längs des Flußlaufes durch die Besitzungen Don Franciscos führte; der eine von ihnen, der mit seinem Pferde verwachsen schien, war unzweifelhaft ein Gaucho. Sein breitschulteriger Begleiter, weniger sicher zu Pferd, fiel durch rötlich schimmerndes Haar, einen Bart in der gleichen Farbe und sehr helle Augen auf. Beide blickten über die Felder und Wohngebäude hin und ließen dann das Auge auf dem Teil des Hauptgebäudes ruhen, der unter schattenden Algarobenbäumen in einiger Entfernung sichtbar wurde. Fremde waren in jenen Zeiten alltägliche Erscheinungen auf den Landstraßen; die auf den Feldern beschäftigten Arbeiter, unter denen sich auch Neger befanden, sahen nicht einmal auf.

      Der voranreitende Gaucho sagte zu seinem Begleiter: »Hast du dich auch nicht geirrt, Pati? Ist das wirklich die Stelle?«

      »Verlaß dich darauf, Don Juan«, sagte der andere. »Am ganzen Ufer von Santa Fé herauf liegt kein Castillo so nahe am Fluß und außerdem an einer Bucht, die eine Strömung hat. Ich habe mich nicht geirrt.«

      »Um so besser«, sagte der Gaucho. »Aber dann wird es Zeit, daß wir uns nach einer Unterkunft umsehen; ich möchte nicht zu weit in die Estancia hineinreiten.«

      Pati wies mit dem Arm nach rechts. »Dort«, sagte er, »das Häuschen sieht mir so aus.« Seitlich ihres Weges stand unter Erlen ein einfaches mit einer freundlichen Veranda geschmücktes Blockhaus. Eine alte, in ein buntes Kalikokleid gehüllte Negerin trat in diesem Augenblick auf die Veranda, sah flüchtig nach den Reitern hin und wandte sich gleich wieder irgendeiner Arbeit zu.

      »Wir wollen bei dem Mütterchen anklopfen«, sagte Pati. Er ritt auf das Häuschen zu und rief der Negerin einen Gruß zu. »Wie ist‘s, Madrecilla«, sagte er, »kannst du zwei müden Reisenden Obdach gewähren und einen Becher Mate reichen?«

      Die Frau sah etwas erstaunt auf, warf dann einen freundlichen Blick auf des Rotblonden gutmütiges Gesicht und sagte: »Tritt näher, Señor, wenn es dir gefällt. An einem Becher Mate soll es nicht fehlen.« Pati stieg vom Pferde, und Don Juan folgte seinem Beispiel. Sie banden ihre Pferde neben der Veranda an und schritten die wenigen Stufen hinauf. Don Juan hielt den Hut in der Hand.

      »Ein Caballero aus der Pampa, Don Juan, den ich auf einer Reise begleite«, stellte Pati den Gaucho vor. »Oh«, sagte die Alte, »kommt Ihr Don Francisco besuchen?«

      »Das nicht, Mutter«, antwortete Juan, »wir reiten weiter nach Santa Fé.«

      Die Alte machte ein ernstes Gesicht; sie maß die jugendlichen kräftigen Gestalten ihrer Gäste mit prüfenden Blicken. »Seid ihr nicht unvorsichtig, Señores?« sagte sie. »Wißt ihr nicht, daß Krieg im Land ist? Don Francisco sucht Soldaten für die Regierung. Alle jungen Leute von uns sind ausgehoben und zur Armee geschickt worden; sie nehmen, wen sie finden.«

      »Nun«, meinte der Gaucho gleichmütig, »wir sind ziemlich sicher, nicht ausgehoben zu werden.«

      »Oh, gewiß habt Ihr eine Bescheinigung«, sagte die Alte. »Denn sonst ist es besser, Don Francisco und der Majordomo sehen Euch nicht.«

      »Wir dienten bereits in der Armee«, sagte Don Juan.

      »Schlimme Zeit, Señores!« klagte die Alte. »Meinen Enkel haben sie auch weggeholt. Aber setzt Euch, ich will Mate holen.« Damit verschwand sie im Innern des Hauses.

      Don Juan sah seinen Begleiter bedeutsam an. »Du hast gehört, Pati«, sagte er, »es wird Zeit, daß wir wieder aufs Wasser kommen. Hoffentlich findest du das Kanu.«

      »Es liegt sicher im Uferschilf. Ich habe mir die Stelle genau gemerkt«, erwiderte Pati.

      »Ausgezeichnet«, versetzte der Gaucho, »du bist ein Prachtkerl, Pati. Aber ich gestehe dir, daß mir nicht wohl ist. Wir wollen sehen, was wir in Erfahrung bringen können, und dann unverzüglich an einen geordneten Rückzug zu Wasser denken. Wenn du dich nur nicht getäuscht hast; immerhin sind zwei Jahre verflossen seit jener Nacht.«

      »In der Bucht täusche ich mich gewiß nicht«, sagte Pati. »Ob freilich noch Leute von damals hier leben, müssen wir abwarten.«

      »Ich wollte, ich hätte mich früher um die Geschichte kümmern können«, knurrte der Gaucho. »Nun, wir werden ja sehen. Die Alte macht einen ordentlichen Eindruck. Versuche sie in deinem Negerkauderwelsch auszuhorchen. Sage ihr, daß du ein Prinz seiest; deine goldenen Locken werden sie davon überzeugen, und einem Prinzen widersteht man nicht.«

      Da die Negerin in diesem Augenblick mit dem Mate erschien, kam Pati um eine Antwort herum. Die Alte setzte gleichzeitig einen Teller mit frischen Maiskuchen auf den Tisch und reichte einige gekochte Eier dazu. »Eßt, Señores«, sagte sie, »es ist gern gegeben.« Die beiden Männer ließen sich nicht lange nötigen.

      In dem Kongodialekt, in dem dereinst seine Pflegeeltern zu ihm gesprochen hatten, sagte Pati: »Du bist eine Meisterin im Bereiten von Tortillas, Mutter.«

      Die Frau sah ihn entgeistert an. »Du sprichst die Sprache der schwarzen Menschen«, stammelte sie. Pati lachte sie an. »Ja«, sagte er. »Menschen dieser Farbe danke ich mein Leben; sie vertraten Elternstelle an mir.« Und in kurzen Worten erklärte er der Alten die Geschichte seiner Jugend. Der liefen die Tränen über die Wangen, sie wußte sich vor Rührung nicht zu fassen. Schließlich aber wurde sie ernst. »Ihr kommt von Norden«, sagte sie, »dort herrscht der Krieg.«

      »Wir kommen von Corrientes, Mutter.«

      »Oh«, jammerte sie, »wenn dieser schreckliche Krieg doch zu Ende wäre und mein Enkel wieder daheim.«

      Sie sprachen ein Weilchen über den Krieg und seine Schrecken. Dann sagte Pati, vorsichtig auf den Gegenstand seines Interesses zielend: »Es ist eine große Estancia, auf der ihr hier lebt, Mutter.«

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