Das Naturforscherschiff. Sophie Worishoffer

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Das Naturforscherschiff - Sophie  Worishoffer

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schwarz.

      »Ein Lamantin!« rief Holm, »nun erkläre ich mir diese allgemeine Jagdfreude. Die Tierart ist fast ausgestorben; wir können uns Glück wünschen, noch ein Exemplar gesehen zu haben.«

      Die vier treulos gewordenen Kruneger fanden sich jetzt auch wieder vor, das Gepäck wurde ans Land geschafft, und nun konnte man nach Herzenslust ein echtes, wirkliches Negerdorf in Augenschein nehmen. Vorher aber beobachteten die Reisenden, wie das getötete Tier in aller Eile seiner Haut entkleidet und ausgenommen ward. Nachdem das geschehen, drängten sich die Neger schnatternd und schreiend, nicht selten sogar unter Anwendung von Faustschlägen scharenweise herzu, und nach ganz kurzer Zeit lag an der Schlachtstelle nur noch das blutige Gerippe; alles Fleisch dagegen kochte in eisernen, auf drei oder vier zusammengelegten Steinen stehenden Töpfen, und um die fortgeworfenen Eingeweide balgten sich zahlreiche Hunde.

      Unsere Freunde wurden in aller Form bewillkommnet. Der alte König, dem schon mehr als ein weißer Reisender vorgestellt sein mochte, empfing sie sitzend mit der ganzen Würde seiner nackten, nur von einem schmalen Lendenschurz verhüllten Persönlichkeit. Er stellte in schwerfälliger Rede das Dorf mit allem, was darin war, den Gästen zur Verfügung und bat sie, jede Hütte als ihr Eigentum zu betrachten. Beim Abschied fragte er aber etwas verstimmt, ob man ihm denn nichts mitgebracht habe. – Und nun kamen die Geschenke zum Vorschein; die Fremden hatten sie nur des Spaßes halber versteckt, um zu sehen, wie weit die königliche Selbstverleugnung gehen würde. Spiegel und Scheren, Metallknöpfe und brennend roter Kattun wanderten in die unersättlichen Hände der schwarzen Majestät, Kopf an Kopf standen im Kreise die Dorfbewohner und schnalzten mit den Zungen oder schlugen sich vor Entzücken auf die Brust, wenn wieder ein neuer glänzender Tand ausgepackt wurde, aber ihr Herr und Gebieter teilte mit keinem, sondern knurrte wie ein angeketteter Vierfüßler, sobald sich nur seine Frauen oder Kinder begehrlich näherten. Als er endlich den letzten Gegenstand hinter sich verborgen, streckte er die Hand aus und bat auch noch um Doktor Boltens Uhrkette. Nachdem ihm aber der Besitzer derselben die daran befindliche Uhr gezeigt und diese an das königliche Ohr gehalten hatte, da veränderte sich die Sache plötzlich. Seine Majestät mochte höchstwahrscheinlich einen solchen lebenden Fetisch früher schon gelegentlich einmal gesehen haben, aber weit davon war doch gut vorm Schuß. Er murmelte noch einige verworrene Laute, dann aber verschwand er hinter einer Matte, vorsichtig mit der schwarzen Hand einen seiner erbeuteten Schätze nach dem andern in das Versteck ziehend.

      Unsere Freunde verteilten, nach Herzenslust lachend, draußen noch den Inhalt eines zweiten Packens an das Volk und zwar zumeist an Frauen und Kinder, die sich dafür mit den Gesichtern in den Sand warfen und durchaus den Gästen die Füße küssen wollten.

      Nachdem sich der König von seinem jähen Schrecken einigermaßen erholt hatte, schickte er Abgesandte, welche die üblichen Gegengeschenke brachten, Straußfedern, Elfenbein und zum großen Ergötzen der Knaben auch zwei mit Bastseilen gefesselte, hübsche kleine Äffchen, die neugierig und beweglich umhersahen und, als ihnen versuchsweise eine Vorderhand gelöst wurde, sogleich die kräftigsten Ohrfeigen verteilten. Der Dolmetscher wollte sie nach Palma mitnehmen, zumal Holm versicherte, daß sich diese Art sehr leicht zähmen lasse. Möglicherweise konnten ja die drolligen Tiere während der ganzen Reise als unterhaltende Gesellschafter dienen; die Knaben tauften sie wenigstens zu diesem Zweck schon jetzt.

      Schwarznase wurde dem älteren der beiden Brüder, Wickelschwanz dem jüngeren zugesprochen. Dieser war der drolligste. An allen vier Händen gefesselt, glaubten ihn die Knaben zur Flucht unfähig, aber ehe sie sich dessen versahen, hatte er den langen Schweif um einen herabhängenden Baumast geschlungen und blickte von dort zähnefletschend auf seine Bändiger hinab. Nach dieser schnellen Tat erhielt er seinen Namen, und da nun doch auch der andere benannt werden mußte, so hieß man ihn Schwarznase.

      Der Dolmetscher hatte einen Neger, welcher geläufig Englisch sprach, an seiner Stelle als weiteren Führer gemietet, und nun nahm er selbst, beladen mit den fürstlichen Geschenken, Abschied, ohne erst den Lamantinbraten kosten zu wollen. »Essen Sie nur nicht zu viel von den schwarzen Kugeln aus Maniokmehl, die hier als Brot gelten,« warnte er, »dergleichen kann nur ein Negermagen überwinden. Und schlafen Sie unter keinen Umständen auf dem Erdboden, trinken Sie auch kein Wasser, ohne etwas Chinin hinterher zu nehmen.« Nachdem man versprochen, alle diese Anordnungen pünktlich zu befolgen, ruderten ein paar Neger den jungen Hamburger wieder über die Lagune zurück. Das Boot der »Hammonia« sollte in Palma liegen bleiben und die aus Lagos mitgebrachten Kruneger den kleinen Zug als Gepäckträger begleiten. Es war den Reisenden ein etwas seltsames Gefühl, als sie nun unter der schwarzen Horde im afrikanischen Urwalde allein blieben, aber dem ließ sich doch bei dem ganzen Unternehmen nicht aus dem Wege gehen und mußte daher überwunden werden. Überdies war auch das Verhalten der Neger ein durchaus vertrauenerweckendes, freundliches. Sie kamen von allen Seiten mit dampfenden Fleischstücken herbei, brachten das kugelförmige Maniokbrot und noch verschiedene landesübliche Gerichte außerdem, die zum Teil gar nicht schlecht schmeckten, so z.B. halbreife Maiskörner, unzerquetscht mit Fett, Pfeffer und Salz geschmort, Bataten, Melonen und ein Getränk wie Kaffee aus den Früchten der Kolanuß.

      Die vier Weißen saßen auf ihren mitgebrachten Schlafdecken unter den wogenden Kronen der großen, vielgestaltigen Waldbäume, deren Arten nicht zu zählen waren, und in deren Blättergewirre die verschiedensten Vögel ihre Nester bauten. Papageien, besonders der schöne aschgraue mit purpurnen Schwanzfedern, die prachtvollen Whaidafinken, deren Schweif sechsmal so lang ist wie der Vogel selbst, Mandelkrähen mit blauem Gefieder, Bienenfresser und Halmvögel, alles rauschte und schwirrte durcheinander; dazwischen stolzierten zahme Perlhühner, und ringsum blühte es in nie gesehener Schöne.

      Unsere Freunde führten natürlich Blechteller, Löffel, Messer, und Gabel mit sich, sonst hätten sie wie die Wilden das Fleisch mittels der Zähne zerreißen und es aus dem Kochtopf weg ohne Teller verzehren müssen. Der Manati schmeckte leidlich, fast wie ein feiner Schweinebraten, desto weniger aber wollten die Maniokkugeln munden. Bleischwer, noch feucht, ohne Fett oder Hefe gebacken, glichen sie rohem, festen Teig und wurden daher dankend abgelehnt. Die in Blechbüchsen von Hamburg mitgebrachten Cakes schmeckten denn doch besser.

      »Warum wohl die Neger über den Lamantin so begierig herfielen?« fragte Hans. »Ein besonderer Leckerbissen ist er keineswegs?«

      »Für uns,« versetzte Holm, »aber für die Neger ist alles Fleisch ein Leckerbissen. Sie betreiben keine Landwirtschaft, also gibt es auch kein Schlachtvieh. Das, was an genießbarem Wild frei herumläuft, verzehren größtenteils die Raubtiere; es bleiben den Menschen daher nur die Affen, deren zähes Fleisch einen außerordentlich schlechten Braten gibt. Bisweilen steigt die Not so sehr, daß eine schreckliche Krankheit, der Guambo oder Fleischhunger, sich der Unglücklichen bemächtigt; sie werden tiefsinnig und fallen über Tiere her, um sie roh zu verzehren. Viele Gelehrte behaupten, daß daraus die ersten Anfänge des Menschenfressens entstanden sind.«

      »Findet man denn auch den Lamantin nur selten?« fragte Franz.

      »Sehr selten. Die Gattung der Fischsäugetiere besitzt in der Familie der Seekühe oder Sirenen einen aussterbenden Zweig. Lamantin und Dugong werden noch zuweilen, das Borkentier gar nicht mehr angetroffen. Dieser Seeriese wurde acht Meter lang und lieferte, an den Grenzen des Eismeeres lebend, den Walfischfahrern einen so vortrefflichen, frischen Braten, daß er ausgerottet worden ist. – Dabei fällt mir übrigens ein, daß ich den Zauberer doch um ein wenig von seinem Pulver bitten will. Was bieten wir ihm nur als Tauschmittel?«

      »Ein Rasiermesser!« riet Hans. »Niemand trägt hier einen Bart, daher sind alle diese Messer übrig geblieben.«

      »Eine Pistole,« meinte Franz. »Dann tut er es sicher.«

      »Aber er schießt vielleicht später auf uns selbst,« zögerte Holm, »alle diese schwarzen Kerle sind falsch oder wenigstens doch unzuverlässig.«

      »Ich habe es!« rief Doktor Bolten. »Ein Hundehalsband aus Messingdraht

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