Das Naturforscherschiff. Sophie Worishoffer

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Das Naturforscherschiff - Sophie  Worishoffer

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Mann, dessen schwarzer Körper vom Kopf bis zu den Füßen mit abwechselnd weißen und roten runden Flecken übermalt war. Die Arme gekreuzt, den Kopf zurückgebeugt und die Blicke zum Himmel erhoben, so begann der schwarze Monarch langsam die Dorfstraße hinabzutanzen. Kein Laut begleitete dies sonderbare Vornehmen, tiefe Totenstille lag auf der ganzen Umgebung, und selbst unsere Freunde unterhielten sich nur flüsternd. Was da der arme, unwissende Neger tat, das war zwar für den ersten Anblick komisch genug, aber trotzdem schimmerte immer hindurch eine Ahnung von höheren Gewalten, der er diesen seltsamen Ausdruck verlieh.

      »Alle Naturerscheinungen finden unter diesen Heidenvölkern göttliche Verehrung,« belehrte der Doktor. »Die für böse gehaltenen werden gefürchtet, und die guten denkt man sich gewissermaßen wie Heilige. Gott selbst heißt: »Mawu«, der Himmel »Osi«, die Sternschnuppen »Nyikpla«, der Blitz »Nebroso«, der Donner »Agtui«, die Erde »Anyigba«, die Luft »Thama« und endlich der Fürst der Finsternis »Abosam«. – Ilogo wird also wohl der Mond sein; ich finde diese Art von Naturkultus zum mindesten poetischer als die Anbetung von Götzenbildern. Ist er nicht eine ›Stimme von oben‹, der alte lächelnde Geselle, dessen Rund jetzt über der Villa eurer Eltern in Dockenhuden ebenso hell glänzt wie hier unter dem Äquator, Tausende von Meilen weit?«

      »Oder auch tief unter grauen, nordischen Wolken versteckt ist,« sagte etwas erzwungen der junge Gelehrte, und damit war glücklich die ernst gewordene Stimmung verscheucht. Man schlief, als der tanzende König den Blicken entschwunden war, sanft von linden Lüften geschaukelt, ruhig und ungestört bis an den hellen Morgen.

      Hans erkundigte sich, sobald er aufgestanden, d. h. fünf Fuß tief auf den Erdboden hinabgesprungen war, zuerst nach seinen Kätzchen. Achilles hatte sie einer säugenden Hündin in die Mutterpfoten gelegt, und hier teilten sie brüderlich mit einer Schar krabbelnder, noch blinder Hündchen, ihren Erzfeinden, die labende Milch; der jugendliche Eigentümer wußte also seine Jagdbeute vollkommen in Sicherheit und konnte sich mit Muße anderen Angelegenheiten widmen, namentlich der komischen Verzweiflung des Doktors, welcher Kaffee, Handtücher und warmes Wasser äußerst schmerzlich vermißte. Den Trank der Kolanuß erklärte er für Lehmwasser und die Maniokkugeln für Steine; erst als der grüne Wald ihn wieder umgab, und der Blick des Botanikers in ihm so viele neue Schätze entdeckte, da taute er auf. Heute sollte das Mittagsmahl aus eigenen Vorräten im Freien gehalten werden, man wollte den ganzen Tag jagen und hatte noch zu aller Vorsicht ein halbes Dutzend Neger mehr mitgenommen. Der Ausflug versprach daher eine Reihe von Genüssen, vielleicht auch von Gefahren, aber das schreckte nicht. Wer eine wissenschaftliche Weltreise mitmachte, der mußte die Furcht zu Hause lassen.

      Heute ging es nach völlig veränderter Richtung vorwärts; man wandte sich einer schilfumwachsenen Sumpffläche zu, und zwar um womöglich ein paar Krokodile aus der Nähe zu sehen. Hier war nun zum erstenmale der wirkliche Urwald zu durchklettern. Schönheit überall, mehr Formenfülle und Farbenpracht als sonst irgendwo bei einander sind, aber dafür nirgends jener majestätische, ruhige Zauber des deutschen Hochwaldes. Aus ungezählten Baumarten bestehend, hier hoch, dort niedrig, hier mit breiten, dunklen, lederartigen Blättern, dort hellgrün und kraus wie Riesenfarne im ersten Frühlingsschmuck, so erglänzte das Laub in allen erdenklichen Schattierungen. Orchideen mit ihren zierlichen Luftwurzeln, purpurrot und violett, die Blütentrauben der Fuchsie, Magnolien, ungeheure Lilien und Kommelinen, alles kletterte von Stamme zu Stamm schaukelte in den Lüften und hing wie ein dichter, bunter Teppich, von den Ästen herab. Tausend kleine Singvögel schwirrten dazwischen, alle Farben glänzten im Sonnenlicht, alle Formen zeigten die reiche tropische Vollentfaltung.

      Besonders erschwerten die überall zu Tage tretenden Luftwurzeln das Gehen. So ein einziger Armleuchter-Pandang verursachte für sich allein einen weiten Umweg. Etwa zwei Meter vom Erdboden schlossen sich die strahlenförmigen Ausläufer wie ein ungeheurer Hühnerkorb zusammen und bildeten den glatten Stamm, dessen Äste erst ganz in der Krone begannen. Sechs bis zehn regelmäßig stehende Arme trugen wie die eines Kronleuchters je einen Büschel steifer, dunkelgrüner, geradeausstehender Blätter, und zwischen diesen befand sich die Blüte, eine weiße, länglichrunde, große Blume, die genau wie eine Lampenglocke aussah. Der Baum war hübsch und eigentümlich, aber die Mühe ihn zu umgehen desto unangenehmer. Überall stolperte der Fuß, überall blieben die Kleider in Fetzen an den Gebüschen hängen, und zuweilen versank man bis ans Knie jählings in einen vermoderten, außen mit den verlockendsten Blüten überzogenen, alten Baumstamm. Dabei füllte sich die Luft mehr und mehr mit einem Etwas, das sich die Wanderer durchaus nicht erklären konnten. Bald kam es, bald verschwand es, aber was es eigentlich war, das wußte keiner, bis endlich Holm ausrief: »Das ist Rauch!«

      »Ich dachte es längst!« nickte Franz, »und wollte nur das Wort nicht aussprechen, um keine Dummheit zu Markt zu bringen. Woher sollte im Urwald Rauch kommen?«

      »Freund Achilles, weißt du es?«

      »Gallinas!« antwortete der Dolmetscher. »Elefantenjäger. Sie treiben die umzingelte Herde bis an den versumpften See und stecken hinter ihnen das Gras in Brand. Die Tiere, vom Feuer auf das äußerste erschreckt, sind dann leichter zu töten.«

      »Der Rauch kommt von Osten her,« rief Franz. »Achilles, gibt es eine Stelle, von wo wir die Jagd mit ansehen könnten?«

      »Aber, aber,« wehrte Doktor Volten, »kann man den Gallinas trauen?«

      »Sie greifen uns wenigstens nicht an,« versetzte der Dolmetscher.

      Obgleich die Antwort etwas seltsam klang, war doch das Verlangen nach dem aufregenden Jagdgenuß zu groß, um lange Bedenken zu hegen. Achilles glitt voran, die übrigen folgten, und nach einer halben Stunde anstrengenden Marschierens war der Rand des Sumpfes erreicht. Ein unbewachsener, von Büffel- und Elefantenspuren bedeckter freier Platz, gedörrt fast durch die senkrecht fallenden Sonnenstrahlen, lehmfarbig und fahl, abstechend von der farbenprächtigen Umgebung, lag genau in der Mitte eines halbmondförmigen Sees, dessen trübe, grünliche Wellen ihn bis auf einen schmalen Zugang völlig einschlossen. Vor diesem Platz dehnte sich grasüberwuchert in den stechenden Sonnengluten eine kahle nur hier und da mit Reis oder Zuckerrohr bestandene Fläche.

      Am jenseitigen Ufer lagerten unter den schattenspendenden Stammkolonien des in mehr als fünfzig Säulen aus einer Wurzel aufschießenden Dubabelbaumes unsere Freunde. Der Rauch schlug jetzt in hohen, blaugrauen Wellen über die Lichtung dahin, und zuweilen war es auch, als höre man fernes Donnern.

      »Das sind die Elefanten,« sagte Achilles, »sie kommen hierher, weil ihnen jeder andere Weg abgeschnitten wird. Hinein in den See wagen sie sich aber nicht, – die Gallinas machen sich ihre Furcht vor den Alligatoren zur Verbündeten.«

      »Welche Waffen führen diese Leute?« fragte Franz.

      »Vergiftete Pfeile,« antwortete der Dolmetscher. »Man trifft den Elefanten ins Auge, und er verendet sofort. Die Gallinas sind vortreffliche Schützen.«

      Jetzt stampfte die Schar der Kolosse heran. Helles, offenbar angstvolles Trompeten mischte sich mit dem kläglichen Geschrei anderer Tiere, die ungeheuren Füße ließen den Boden erdröhnen, und das Knistern der Flammen wurde hörbar. Am Himmel sammelte sich während dessen eins der in den Tropenländern so zahlreich und so überaus schnell entstehenden Gewitter. Schwarze Wolken hingen tief herab, Blitze zuckten über den Horizont dahin, und krachende Donnerschläge übertönten allen andern Lärm. Jetzt entstand ein Durcheinander, dessen tausendstimmiger Chor alles in sich schloß, was an Tönen überhaupt gedacht werden kann. Schwere Regentropfen schmetterten die Früchte von den Zweigen, ein sausender Wind bog und schüttelte die Laubkronen, Tiere flüchteten und schrieen, Affen in ganzen Scharen duckten sich zitternd an einander, Insekten suchten ihre Schlupflöcher, und scheue Vögel verbargen sich im Dickicht. Jetzt erschienen auch in fliegender Eile die vom Feuer aus dem hohen Gras vertriebenen Tiere; wenigstens zwanzig Elefanten, große Männchen mit den gewaltigen Zähnen und der Trompetenstimme, säugende Kühe mit noch kleinen Kälbern, ein paar Büffel und Antilopen,

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