Das Naturforscherschiff. Sophie Worishoffer

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Das Naturforscherschiff - Sophie  Worishoffer

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besichtigt, um die Höhle des Zauberers zu finden. Sämtliche Bambushütten ruhten etwa einen halben Meter hoch über dem Erdboden auf Pfählen, waren spitz wie Bienenkörbe, mit Pflanzenfasern nach Art deutscher Bauernhäuser gedeckt, fensterlos und mit einer niedrigen, zum Kriechen eingerichteten Tür versehen. Eng gedrängt in ununterbrochener Reihe lagen diese elenden Wohnstätten nebeneinander und bildeten zusammen ein geschlossenes Viereck, dem kein Feind vom Rücken her sich nähern konnte.

      Vor jeder Tür lagen Feldsteine zum Gebrauch als Feuerherd, und an den untersten Baumzweigen hing eine Art von aufgeklappter, einem Feigenkorb ähnlicher Matte, – die Wiege der schwarzen Säuglinge, deren lautes Geschrei erst den Reisenden das Geheimnis verriet. In den Hütten selbst waren nirgends Mobilien zu finden, nur ein Lager aus trocknen Bambusblättern und ein ausgehöhlter Kürbis, als Wassereimer dienend.

      Der schwarze Dolmetscher schüttelte zweifelnd den Kopf. Er glaubte nicht, daß es gelingen werde, den Zauberer zur Herausgabe seines Mittels zu bewegen, aber er fragte nach der Hütte desselben und führte dann die Gäste dorthin. Am äußersten Ende der ganzen Reihe stand ein etwas größeres Gebäude, das nach allen Seiten offen, nur von Pfeilern getragen wurde, und dessen Dach nicht so steil herabging. Ein seitwärts belegener Anbau erwies sich als die Behausung des Zauberers, das offene Rondell aber war der Tempel. An den Wänden standen Fetische aus Holz, Elfenbein und Ton, sämtlich Tier- oder Menschenbilder in zwerghafter Form und mit der bekannten, keinem heidnischen Götzen fehlenden, scheußlichen Fratze; es waren aber auch lebende, als göttlich verehrte Wesen vorhanden und zwar Schlangen sonder Zahl. An den Wänden, um die Pfeiler geringelt, unter dem Dach, auf dem Fußboden und den nächsten Baumzweigen, überall kroch und schlüpfte es, hatte sich sogar um die Fetische geringelt oder lag zusammengerollt wie eine schleimige Masse im Winkel.

      Aus der niederen Tür sah das verschmitzte Gesicht des Zauberers. Er streckte den Ankömmlingen gebieterisch die Rechte entgegen und rief ein befehlendes Wort, natürlich das Verbot, den Tempel zu betreten; das verstanden alle.

      »War wahrhaftig nicht nötig!« sagte lebhaft Doktor Bolten. »Man hätte Lust, das Schlangengezücht mit dem Absatz zu zertreten.«

      »Giftige sind nicht darunter,« versicherte der Dolmetscher. »Sie werden gleich sehen, daß sich die Tiere um des Zauberers ganzen Körper ringeln.«

      Er rief nun den listigen Patron aus seiner Hütte hervor und sobald dieser kam, krochen ihm die Schlangen überall an den nackten Gliedern empor, legten sich um Hals und Arme, hingen in den Stacheln des Gürtels und bedeckten förmlich die schwarzen Beine, ohne dadurch den Neger aus seiner künstlich angenommenen Würde irgendwie herausschrecken zu können. Er fragte, was die Weißen von ihm verlangten, und nachdem er es erfahren, schüttelte er den Kopf. »Nein, durchaus nicht. Das Zauberpulver wollte er behalten.«

      Dann aber kam das Lockmittel zum Vorschein. Franz nahm den Strohhut ab und setzte sich das Hundehalsband auf den Kopf. Die kleinen Glöckchen klangen lustig.

      Der Schwarze reckte den Hals. Erst bot er Pfeffer, Palmöl und Elfenbein, als aber alles verschmäht und zugleich das begehrte Band wieder in die Tasche spediert wurde, da kroch er trotz Schlangen und rasselndem Muschelputz eilends in das Innere der Höhle und kam gleich darauf mit der Bambusdose zurück. Der Dolmetscher mußte den Tausch vermitteln, und nun wurde die niedere Tür der Wohnung auffallend schnell geschlossen. Es schien als fürchte er, daß die Weißen den Handel bereuen könnten.

      Holm steckte sehr erfreut die Büchse zu sich. »Jetzt müssen wir beraten, wo unser Nachtlager aufgeschlagen werden soll,« sagte er, »hier im Dorfe oder im freien Walde. Was meint ihr dazu? Ich bin dafür, daß wir einen Ausflug machen und dann zurückkehren, um unsere Matten an diese Bäume zu hängen.«

      Alle stimmten bei, und so ließ man denn einen der Neger mit dem Gepäck im Dorfe zurück, nahm nur etwas Lebensmittel und machte sich auf den Weg, tiefer und tiefer in den Urwald hinein.

      »Jetzt denkt daran, eure Kapseln und Behälter zu füllen,« ermahnte Holm. »Einer sammelt Pflanzen und der andere Insekten. Die Gewehre schußfertig.«

      »Aber wenn uns ein Löwe begegnet!« rief Hans, dem doch in so weiter Entfernung von der Küste etwas zaghaft zu Sinn wurde. »Dann sind wir alle verloren.«

      »Löwen gibt es im äquatorialen Afrika nicht, Hänschen. Nur rechts und links von diesem mittleren Erdgürtel werden sie angetroffen, – in Sierra Leone sehen wir vielleicht späterhin den König der Tiere.«

      Man schritt vorwärts, bis plötzlich ein Ausruf des Erstaunens die Schritte hemmte. Vor den Reisenden erhob sich ein Baum von sonderbarem Aussehen. Kein grünes Blatt war zu bemerken, keine Frucht und in den Zweigen nicht das mindeste Leben. Wie mit schwarzgrauen, starren Klumpen bedeckt, stand der Riese inmitten seiner grünenden, farbenprangenden Umgebung da.

      Der Dolmetscher nahm das Gewehr und feuerte mitten in die anscheinend kahlen Äste hinein. Was nun folgte, läßt sich kaum beschreiben. Tausende und abertausende von Fledermäusen schwirrten empor, etliche fielen tot oder verwundet auf den Boden, die Luft schien im Augenblick beinahe verfinstert von all diesen Flügelschlägen, und als sich die unheimliche Sippschaft entfernte, da stand der Baum völlig abgestorben da. Die Knaben sammelten einige der verendeten Fledermäuse, aber Holm wollte kein Exemplar ausstopfen. »Es ist die gewöhnliche Art,« sagte er, »nur hier etwas größer wie bei uns im Norden. Wir werden für das Museum zu Hause in Hamburg schon noch einen echten Vampyr auftreiben.«

      Man ging weiter und blieb bald hier stehen, bald dort. Von einem Zweige, der unvorsichtig berührt wurde, fielen prachtvolle, purpurrote Blüten, fein wie Haare, auf den Hals und das Gesicht des jüngeren Knaben herab. Hans schrie, als werde er gespießt. »Ich verbrenne! ich verbrenne!«

      Das waren Dolichesranken, ein wundervoller Baumschmuck, so farbenreich wie wenige andere, aber auch eben so heimtückisch als schön. Die getroffenen Hautstellen schwollen an wie von der Berührung unserer Brennessel und empfanden dabei ein quälendes, schmerzendes Jucken, dem indessen die Neger einigermaßen abzuhelfen wußten. Sie zerquetschten eine breitblätterige, hellgrüne Pflanze und legten die Masse auf Hände und Nacken des Knaben, der denn auch mannhaft den Schmerz verbiß und sogar mit dem Taschentuch eine Ranke des verräterischen Gewächses behutsam pflückte und in die Trommel legte, nachdem er sie für sich in festes, dünnes Papier eingewickelt hatte, damit ihre Brennhaare sich nicht unter die noch zu sammelnden Pflanzen mischten.

      Franz hatte während dieser Zeit einige große, prachtvolle Schmetterlinge eingefangen, die er in viereckige Schachteln tat, jetzt hielt er zwischen den Fingern einen rotbraunen Käfer von etwa, anderthalb Zentimeter Länge. Das kleine Geschöpf hatte hinten am Körper ein paar respektable Kneipzangen und strampelte außerordentlich, um seine Freiheit wieder zu gewinnen. »Karl,« rief er, »wie heißt der Bursche?«

      Einer der Neger hatte das Tier gesehen. Sein durchdringender Schreckensruf lockte die anderen herbei und veranlaßte sie zu gleichen Äußerungen des Entsetzens. Die kindische, unselbständige, ratlose Natur der schwarzen Menschenrasse trat blitzschnell zu Tage, indem einer der Neger hierhin sprang, der andere dorthin, aber alle sinnlos, zitternd, wie aufgeschreckte Schafe, wenn der Wolf in die Hürde eingebrochen ist. »Baschikuays!« schrien sie jämmerlich lamentierend und heulend, »Baschikuays!«

      Franz hatte im ersten Schrecken den für giftig gehaltenen Käfer fallen lassen, Holm aber suchte ihn wieder auf und schien nun selbst etwas bedenklich auszusehen. »Ein Heerwurm!« rief er, »aber möglicherweise war das Tier versprengt.«

      Der Dolmetscher schüttelte den Kopf. »Das kommt bei den Baschikuays nie vor, Sir! Der Heerwurm ist in der Nähe, und wenn er zufällig auf seiner Wanderung einen Kreis beschreibt, so sind wir verloren.«

      »Aber man klettert in diesem Fall auf die Bäume!«

      »Das

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