Das Naturforscherschiff. Sophie Worishoffer

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Das Naturforscherschiff - Sophie  Worishoffer

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wälzte sich die Flammenwoge, niedergepeitscht, raucherfüllt, mit gierigen, roten Zungen nach allen Seiten leckend, ein Ungeheuer, raublustiger und gefährlicher als irgend ein Tier der Schöpfung.

      Es war ein schrecklicher und doch schöner Anblick. Zitternd in grenzenloser Angst die Riesen der vierfüßigen Gattung, vergessen aller Vernichtungskampf der Geschöpfe unter einander, gelöst alle Bande und machtlos der drohende Blick des Todfeindes, des sonst so gefürchteten. Schleichkatze und Antilope stehen neben einander, die gefleckte falsche Hyäne, das treuloseste Tier der Schöpfung, duckt sich unter die bebende Giraffe, und ein versprengter Strauß huscht hier und dort zwischen den großen Elefanten umher.

      Nur die Krokodile lauern. Träge im Uferschlamme liegend, wissen sie, daß es ihnen nicht gelingt, auf festem Boden die Beute zu besiegen. List allein kann ihnen helfen, in offenbarem Angriff ziehen sie den kürzeren. Die raublustigen Augen blinzeln, die schmutzfarbenen, altem Holze nicht unähnlichen Körper schieben sich mehr und mehr aus dem Wasser heraus.

      Vielleicht kommt ja eines der Tiere dem gefahrbringenden Ufer zu nahe, vielleicht läßt sich ein in seiner Todesangst wehrloses Geschöpf im Rücken fassen und hinabziehen in das nasse Grab.

      Abgesondert von dem eigentlichen Waldrande, der brennenden Grasfläche ganz nahe, steht ein hoher, alter Tamarindenbaum. Zehn Fuß hoch über dem Erdboden, hinaushängend auf den See, beugt sich ein schlanker, starker Ast. – Jetzt hat ihn die rote Lohe beinahe erreicht, – wird der Riese unter seiner Umgebung, der Uralte des Waldes, dem gefräßigen Elemente zum Opfer fallen?

      Da zuckt ein Blitz herab, greller und stärker als alle früheren, blendend und purpurn, zischend und vom betäubenden Donner gefolgt. Das ist, als wolle die Erde in ihren Tiefen bersten, als breche furchtbar und urplötzlich der jüngste Tag herein.

      Weit zurück geschleudert in das Feuermeer ist die Krone des Tamarindenbaumes, in der Mitte geknickt der Stamm, und nur noch jener starke, untere Ast ragt über das Wasser dahin. Glut mischt sich mit Glut; jetzt schlägt eine Feuergarbe hoch empor, es bäumt und regt sich rauchverhüllt und von Blättern bedeckt, der Ast schwankt und auf ihm sitzt geduckt, glänzende Augen rollend, mit schweratmenden Flanken ein Leopard.

      Hinter dem Feuer, vom Waldrande kommend und über die rotglühenden Stoppeln dahinblickend, erscheinen schwarze Gestalten in arabischer Kleidung, weiß beturbant und mit langen Wurfspießen, mit Bogen und vergiftetem Pfeil.

      Hin und her über die Angehörigen der vernunftlosen Schöpfung messen sich die Blicke erstaunter Menschen.

      Sind sie Feinde, die Gallinas?

      Franz sah nur den Leopard. Von diesem Ast konnte er nicht fort, weder in die brodelnde Glut noch in den See hinein! Das Herz des jugendlichen Jägers schlug mit verdoppelter Eile, er sprach nicht, dachte nicht einmal, sondern handelte unter dem Eindruck des Augenblickes. Das Gewehr an die Backe legend, zielte er sekundenlang, der Schuß krachte, – und der Leopard fiel, sich überschlagend, bis ganz nahe an den Sumpf. Obwohl seine hastigen Bewegungen zeigten, daß er noch lebte, so war doch jedenfalls sein baldiger Tod gewiß.

      Zwei Gallinas sprangen herzu, um die Beute den Krokodilen zu entreißen. Die anderen berieten flüsternd, offenbar mit Bezug auf die Weißen. Doktor Bolten und Holm waren von dem Jagdeifer ihres jungen Gefährten unterdessen angesteckt worden, ebenso Hans. Schuß krachte auf Schuß, zwei der größten Elefanten wälzten sich in ihrem Blute, ein Büffel hatte schon mehrere Kugeln auf den Pelz bekommen, doch ohne sich sonderlich darum zu kümmern, und auch eine Antilope war getötet. Die Wilden schossen ihrerseits gar nicht. Es schien ihnen offenbar bequemer, sich das Wild vor die Füße legen zu lassen, als selbst ihre wertvollen Pfeile zur Erlegung desselben zu verschwenden; ganz in aller Stille aber teilte sich der Trupp, und ohne daß es die Weißen merkten, waren sie eingeschlossen.

      Das Getümmel vor dem See nahm indessen zu. Einer der Elefanten stürzte ganz in der Nähe der Giraffe, und diese trat erschreckend zurück bis an den Rand des Sumpfes. Sofort erhoben sich zwei der scheußlichen Ungeheuer halben Leibes aus dem Schlamm und packten mit ihren fürchterlichen Rachen das lautschreiende Tier, welches sich aus allen Kräften, aber natürlich vergebens, gegen diese Übermacht zu sträuben versuchte. Ehe eine Minute verging, gurgelte das grünliche Wasser und trieb Blasen, dann aber schloß es sich über dem Opfer, dessen Verderben die Schützen nicht gewollt hatten, und das nun von den blutdürstigen Räubern der Tiefe in Stücke zerrissen wurde. Zuweilen tauchte aber bei dem erbitterten Kampfe, welcher ohne Zweifel auf dem Grunde des Sees entstanden war, der Kopf des einen oder anderen Krokodils plötzlich hervor, und um einen solchen Augenblick zum wohlgezielten Schusse zu verwenden, schlich Franz mit leisen Schritten in das Gebüsch hinein. Die hintere Mitte des Halbmondes war bedeutend breiter als die beiden Ausläufer, daher hoffte er am Rande der letzteren im gegebenen Fall sicherer zielen zu können.

      Die Gallinas waren um den glücklich geretteten Leoparden so beschäftigt und so eifrig dabei, die Antilope auf dem Fleck auszuweiden und am Spieß zu braten, daß sie vielleicht, auf die Feuerwaffen der Europäer allzusicher vertrauend, für sich selbst die nötige Vorsicht ein wenig außer Augen ließen. Einer der großen, männlichen Elefanten, angeschossen aber nicht getötet und aus diesem Grunde vor Schmerz rasend, drehte sich plötzlich gegen die zur Seite befindliche Negerschar, erhob herausfordernd den Rüssel und stürzte mit lautem Wutgeheul den vermeintlichen Feinden entgegen. Die erschreckte Schar empfing ihn mit Schüssen und wohlgezielten Würfen, – drei Pfeile zitterten am langen Schaft in seiner Hornhaut, das Blut rann stromweise von dem kolossalen Körper herab, aber dennoch gelang es ihm, mit schwindenden Kräften den nächsten der Neger zu erfassen. Er hob ihn hoch über den Kopf und schleuderte ihn dann mit solcher Kraft auf den Erdboden, daß sich die Glieder des Unglücklichen zuckend dehnten und ohne weitere Bewegung liegen blieben. Der Sieger überlebte aber seine Rachetat nur um einige Minuten, die Riesengestalt drehte sich schwindelnd im Kreise und stürzte mit dumpfem Dröhnen zu Boden.

      Jetzt nahm der ganze Vorgang einen abschreckenden Charakter an. Das war keine Jagd mehr, sondern ein Blutbad. Die Krokodile, halben Leibes an das Ufer kletternd, bemächtigten sich lebender und toter Körper, die Elefanten wurden von den Gallinas ihrer Zähne beraubt und abgebalgt, das halbgare Antilopenfleisch mit den Fingern zerrissen und der getötete Neger nicht mehr beachtet, als sei er eins der gefallenen Tiere. Unsere Freunde erhoben sich, um diese Stätte sich entfaltender Barbarei zu verlassen, und jetzt erst bemerkten die übrigen, daß Franz noch immer fehlte.

      Holm pfiff auf zwei Fingern. »Hallo, Franz, wo steckst du?«

      Keine Antwort.

      Holm und Doktor Bolten sahen einander an; das Gesicht des alten Herrn war entsetzlich blaß geworden. »Die Verantwortung!« sagte er fast stammelnd, »ich habe dem Vater gegenüber die volle Verantwortung auf mich genommen!«

      »Nun, nun,« tröstete Holm, dem selbst das Herz heimlich schlug, »er wird ja wiederkommen. Was sollte ihm geschehen sein?«

      Noch einmal erschallte der laute Ruf über die Waldwipfel dahin, noch einmal legten alle drei Zurückgebliebenen in diesen kurzen einen Laut die ganze Unruhe, die stärker und stärker werdende innere Furcht ihrer Seelen. »Franz! – Franz! —«

      Wieder keine Antwort.

      »Achilles,« sagte Holm, »was kann das bedeuten?«

      Der Neger zuckte die Achseln. »Vielleicht Gallinas!« antwortete er.

      »Hilf Himmel, sie sollten ihn getötet haben?«

      »O – auf keinen Fall. Gallinas handeln in Lagos mit Geiser und Kopp, viel zu klug, um die Buchmänner zu erzürnen. Aber Gallinas Diebe.«

      Holm atmete auf. »Es handelt sich also im schlimmsten Fall um ein Lösegeld, Achilles? Die Schwarzen werden den armen Knaben doch nicht

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