Onnen Visser. Sophie Worishoffer

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Onnen Visser - Sophie  Worishoffer

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so schnell wie möglich vorübergehen.« Onnen horchte noch immer. »Da wurde eben dein Name genannt, Vater – und Eurer, Heye Wessel – es ist Peter Witt, der da drinnen spricht.«

      »Alle Teufel – der französische Spürhund!«

      »Aber was will er bei der alten Strandläuferin?«

      Sie umringten nun, für den französischen Wachtposten unsichtbar, die Bretterhütte; der Kapitän und noch ein anderer gewannen durch das zerbrochene Fenster einen Blick in das Innere dieser trostlosen Behausung, und was sie entdeckten, war nicht geeignet, ihre einmal erwachte Unruhe wieder zu entkräften. Auf einem niederen Holzschemel saß die alte Aheltje und hielt in ihrer Rechten eine Anzahl zerrissener, fast schwarzer Spielkarten; neben ihr stand ein Mann von etwa fünfundvierzig Jahren, groß und stattlich, in städtischer Kleidung, mit einem blitzenden Ordensstern auf der Brust – er sah aus, als sei ihm etwas Unangenehmes gesagt worden. »Dummes Zeug, alte Hexe, lauter Unsinn – ich bin ein reicher Mann, schwer reich sogar, ich besitze die Gunst Seiner Majestät des Kaisers, das siehst du wohl an diesem Orden! was könnte mir also geschehen?«

      Die Strandläuferin wiegte den Kopf. »Hier steht es, Peter Witt, die Karten kümmern sich nicht um arm oder reich! Du mußt durch Blut und Tränen gehen, du mußt leiden, leiden – anderes kann ich dir nicht berichten.«

      Der Mann schnippte mit den Fingern. »Deine ganze Kunst ist keinen roten Heller wert, Alte – wer hat dich denn um meine Zukunft befragt, he? Du sollst mir einzig und allein sagen, ob es gelingen wird, Klaus Visser und seine Genossen bei ihren Schmugglerfahrten zu ertappen, so daß man sie anzeigen könnte. Weiter will ich nichts wissen.«

      Die Strandläuferin klappte ihre Karten zusammen. »Dann erkundige dich bei Leuten, die dir darauf einen sicheren Bescheid geben können, Peter Witt. Ich halte den Kapitän für einen Ehrenmann, für einen Ostfriesen vom alten tüchtigen Schlage, er wird wissen, was erlaubt ist und was nicht. Wolltest du ihn etwa den Franzosen in die Hände liefern, Mann?«

      Peter Witt lachte. »Natürlich, Alte. Sieh nur, da auf meiner Brust ist noch Raum für mehr als einen Orden.«

      Aheltje schüttelte verächtlich den Kopf. »Solch ein buntes Ding – ein Spielzeug! Und dafür wollte ein Norderneyer Kind das andere ins Verderben stürzen? Pfui!«

      Der Mann schlug mit der Faust auf den Tisch. »Potz Blitz, Alte, nimm dich in acht!« rief er erbost. »Ich bin hier auf der Insel der reichste Mann!«

      »Und ein Strohkopf dazu, Peter Witt, das laß dir gesagt sein. Mich kannst du nicht schrecken, die Gemeindevorsteher haben mir dies Haus zinsfrei überlassen, so lange ich lebe – und den weiten offenen Strand mit seinen Gaben schenkt mir Gott; weiter als das ist nichts auf Erden mein eigen. Und nun geh, Peter Witt – ich will hinaus, mir im Freien mein Frühstück zu sammeln.«

      Der Mann schoß einen giftigen Blick. »Stehst wohl auch mit den Schmugglern in Verbindung, Hexe, was? Spionierst für sie, machst Gelegenheit, he? – Wahre deinen Kopf, die Herren Franzosen pflegen sich nicht lange bei der Vorrede aufzuhalten.«

      Mit diesen zornigen Worten öffnete er plötzlich die Tür und trat hinaus ins Freie, dem Kapitän gerade entgegen. Ein halberstickter Schreckensschrei brach über seine Lippen, er taumelte einige Schritte zurück. »Klaus Visser!« sagte er stammelnd.

      Der Fischer nickte. »Morgen, Witt. Laß dich nicht stören, Mann.«

      Der Überraschte rang noch immer mit dem ersten heftigen Erschrecken. »Was tut ihr denn sämtlich so früh hier draußen?« fragte er hämisch.

      Der Kapitän sah ihm fest und offen ins Auge. »Wollen uns wahrsagen lassen, Peter Witt, wollen Aheltjes Karten befragen, wann endlich auf Norderney alle Schufte und Vaterlandsverräter an den Galgen kommen!«

      Das Gesicht Peter Witts wurde fahl. »Spaß!« brachte er mühsam hervor.

      »Du wirst den bitteren Ernst früh genug kennenlernen, Witt. – Adjes für diesmal!«

      Er zog ein Geldstück aus der Tasche, um es dem alten Weibe in den Schoß zu werfen, dann gingen alle über die Fläche, welche heute das Ruppertsburger Gehölz umschließt, durch die Gegend der Winterstraße und der jetzt so eleganten vornehm-ruhigen Bismarckstraße in das Dorf hinab, jeder einzelne im Herzen beunruhigt und unangenehm berührt von dem lauernden, boshaften Blick des Franzosenfreundes. Noch wußte er offenbar nichts, aber er spionierte, und es galt der nahenden Gefahr gegenüber auf der Hut zu sein.

      Stumm teilten sich nach kurzer Wanderung die Genossen des nächtlichen Zuges. Hier verschwand im Morgengrauen hinter einer niederen Tür der eine, dort der andere, zuletzt Kapitän Visser und sein Sohn, die in der Campstraße wohnten.

      Hinter den verhüllten Fenstern der Fischerhütte glänzte noch Licht. Von den sechs- bis siebenhundert Menschen, welche damals das Inseldorf bewohnten, hatte wohl kein einziger während dieser Nacht wirklich geschlafen, am wenigsten aber Frau Douwe, Onnens Mutter, die jetzt weinend, mit ausgebreiteten Annen den beiden Ankömmlingen entgegenging.

      »Gottlob, daß ihr da seid, Vater, du und Onnen! Ach, wie habe ich mich geängstigst, als der Kanonenschuß fiel! – Mein Kind, mein einziger Junge!«

      Sie schluchzte so heftig, daß sich der Kapitän gerührt fühlte. »Ich hab‘ mich selbst gehörig erschrocken, als Onnen so unvermutet erschien, Mutter, aber seine Entschlossenheit wurde unsere Rettung. Am Strande stehen französische Wachtposten.« »Ach Gott, sie stehen überall, sie spionieren und schleichen zwischen den Häusern und auf den Straßen. Jetzt ist Norderney verloren.« Der Kapitän lächelte. »Mutter, du redest, als sei dem Herrgott da oben das Weltregiment über Nacht abhanden gekommen und dem übermütigen Korsen als gute Prise zugefallen! – Sei ganz ruhig, auch für ihn steht geschrieben: ›Bis hierher und nicht weiter!‹« In diesem Augenblick trat aus einer anstoßenden Kammer hervor ein Mann in Reisekleidern mit einer Ledertasche, die er über die Schulter gehängt hatte, Geerd Kluin, der Bruder der Frau Douwe und Hausgenosse der kleinen Familie. »Bist wieder da, Onnen«, sagte er nach der ersten Begrüßung, »deine Mutter hat sich schier halb zu Tode geängstigt um dich! – Brr, hier auf Norderney ist‘s ungemütlich geworden; ich gehe fort.«

      »Ganz fort?« fragte der Kapitän.

      »Ja, nach Hamburg. Jetzt kommt die Zeit der Lieferungen und Abgaben, der Erpressungen aller Art, da mache ich mich lieber aus dem Staube. Kenne das von Emden und Norden her, schlage den Herren Franzosen beizeiten ein Schnippchen.«

      Er lachte, während er behaglich den heißen Kaffee schlürfte. »Zu solchen Zeiten läßt sich gut sein Schäfchen ins Trockene bringen, man muß es nur anzufangen wissen. Ich gehe nach Hamburg, Schwager Klaus, und wenn du klug wärest, so würdest du mich auf der Stelle begleiten!«

      Der Kapitän schüttelte den Kopf. »Ich? – Nein, mein guter Geerd, da habe ich doch mein Vaterland zu lieb. Was Norderney bedroht und bedrängt, das soll auch über mich kommen; was die armen Leute des Dorfes zahlen müssen, das will auch ich geben, der mich Gott mit Wohlstand gesegnet hat. Ich bleibe!«

      Kluin lächelte. »Jeder nach seiner Weise«, sagte er. »Ich habe mein bißchen Geld – ein paar armselige Sparpfennige – in den Dünen versteckt, da findet es, so lange der Hahn kräht und der Wind weht, kein Mensch. Für den immer hungrigen Säckel des französischen Eroberers war mir‘s zu schade.«

      Der Kapitän dampfte große Wolken. »Sind vielleicht hundert Familienväter auf Norderney, Kluin«, versetzte er nach einer Pause, »hundert oder noch weniger, die müssen unter sich alle Lasten und Leiden des Krieges, soweit es die Insel betrifft, teilen! – Du bist der Reichsten einer – still, still, ich weiß, was ich sage, wenn dir auch noch so

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