Alarm. Alfred Schirokauer

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Alarm - Alfred Schirokauer

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schlug sich die Brücke herüber nach England. Diese langjährige Ruhe und Ergebenheit war nur schlaues Abwarten und trügerischer Schein gewesen. Brieflich war sie mit dem Halunken in Verbindung geblieben. Wer war es? Natürlich einer, der damals in Tokio gewesen war. Wer von diesen Männern war jetzt in London? Er riß die diplomatischen Jahrbücher aus den Schränken, suchte, prüfte, verglich.

      Da klingelte es unten. Er horchte. Sie kam. Ging die Treppe hinauf zu ihren Zimmern. Er öffnete die Tür seines Arbeitsraumes, der im Zwischenstock lag. Er machte nur eine stumme, herrische Bewegung mit dem dunklen Spanierkopfe.

      Sie blieb stehen.

      »Was wünschst du?« fragte sie kalt.

      »Ich habe mit dir zu sprechen«, entgegnete er schroff.

      »Jetzt?«

      »Jetzt!«

      Sie trat in das Arbeitszimmer und lüftete den Pelz von den Schultern.

      »Wo warst du?« fuhr er sie grob an und starrte ihr mit seinen harten, undurchsichtigen schwarzen Augen spionierend ins Gesicht.

      Da schien es ihm, als sehe er an ihr eine nicht zu deutende, doch ganz unverkennbare Veränderung. In den Augen schimmerte etwas Neues, das er seit Jahren nicht an ihr gesehen hatte. Ein weißer Funke des Glückes, ein Glanz an Stelle der stumpfen Trauer, die immer wie ein Flor die bläulichen Augäpfel umhüllt hatte, funkelte ihm entgegen.

      Sie setzte sich und warf den Pelz mit einer harmlos tuenden, graziösen Bewegung in den Nacken.

      »Wo warst du?« wiederholte er scharf.

      »Spazieren«, erwiderte sie nachlässig.

      »Spazieren? Jetzt, um halb elf, läufst du spazieren? In diesem eiskalten Nebel?«

      »Gerade das Ungewohnte des Nebels hat mich gelockt.«

      »So!«

      »Ja. Ich weiß aber wirklich nicht, mit welchem Recht du mich hier verhörst.«

      Sie stand auf und ging auf die Tür zu.

      Er packte ihr rechtes Handgelenk und riß sie zurück.

      »Hiergeblieben!« wetterte er, »wir sind noch lange nicht zu Ende.«

      Sie suchte sich zu befreien. Er preßte ihr Gelenk fester in aufschäumender Wut, jenem Gefühlsüberschwang, den er sich in seinen vier Wänden gestattete, als Gegengewicht gegen die Beherrschung, die sein Beruf von ihm heischte.

      »Du tust mir weh«, ächzte sie und rang, ihre Hand aus seinem schmerzenden Griffe zu lösen.

      »Ich werde dir noch ganz anders weh tun«, keuchte er, »ich werde dich – erwürgen werde ich dich, wenn du mich öffentlich blamierst.«

      »Ich blamiere dich nicht öffentlich.«

      »So?« Er schwenkte sie um ihre Achse. Sie schrie auf vor Schmerz. Dann erwachte der Stolz ihrer dreifachen Abstammung in ihr.

      »Laß mich sofort los!« drohte sie, »oder —«

      »Oder?« fragte er verächtlich.

      »Ich verlasse noch heute nacht dein Haus.«

      »Um zu deinem Galan zu laufen?« höhnte er.

      Doch er ließ sie los.

      Sie ging wieder auf die Tür zu. Er vertrat ihr den Weg.

      »Ich begreife durchaus«, spottete er ruhiger, »daß du dieser Erörterung entgehen möchtest. Leider kann ich deinen Wunsch nicht so rasch erfüllen. Ich ersuche dich um Aufklärung, warum du hinter meinem Rücken intrigiert hast.«

      »Ich habe nicht hinter deinem Rücken intrigiert!«

      »So?! Und wer hat den Minister des Äußeren und den König um meine Versetzung nach London gebeten?«

      Es war in Madrid durchaus nicht üblich, den Missionsmitgliedern Gründe ihrer Verwendung im Auslande anzugeben.

      Auch diesmal hatte der Herzog den Anlaß seiner Berufung nach London nur durch die harmlose zufällige Indiskretion des Gesandten erfahren.

      Der Schlag traf Angelita daher völlig überraschend und unvorbereitet. Doch sofort faßte sie sich. Wie allen Frauen, gab der Kampf um ihre Liebe auch ihr gesteigerte Fähigkeiten.

      »Ich habe nicht um diese Versetzung nach London gebeten«, sagte sie mit einem verächtlichen Ton auf dem letzten Worte. »Ich habe lediglich, als Seine Majestät und der Minister in einem Gespräche andeuteten, wir würden nun wohl bald Madrid verlassen, geäußert, ich würde mich freuen, wenn das Ziel deiner neuen Entsendung England wäre.«

      »Weshalb?« hieb Breton ihr entgegen.

      »Weil ich England liebe.«

      »Auf einmal? Merkwürdig! Von dieser großen Liebe habe ich bisher nie etwas gemerkt.«

      »Du hast sehr vieles an mir bisher nicht bemerkt«, entgegnete sie bitter und anzüglich.

      Der Herzog überging diesen peinlichen Vorwurf. Er bog ab.

      »Du willst mir einreden«, höhnte er, »eine Frau liebe jemals ein Land, ein Volk?«

      »Ich habe nicht den Ehrgeiz, dich zu einem Sachverständigen in Dingen der Frauenpsyche zu machen«, antwortete sie und zuckte die Achseln.

      »Mag sein. Jedenfalls weiß ich, daß eine Frau ein Land immer nur liebt – wegen eines Mannes, der diesem Lande angehört oder sich dort aufhält.«

      »Du überraschst mich durch deine tiefe Frauenkenntnis«, lächelte sie überheblich.

      Ihr Lächeln reizte ihn aufs neue. »Ich weiß auch, wer dieser Mann ist, um dessentwillen du England so explosiv liebst«, schrie er.

      Sie fühlte, wie sie erblaßte. Bot alle Kraft ihres starken Willens auf, unberührt zu erscheinen. »Ich bin sehr neugierig«, sagte sie, und es gelang ihr, der Stimme ihren natürlichen, gleichgültigen Klang zu geben.

      »Es war nicht sehr schwer, das herauszufinden«, bekannte er herablassend. »Ich brauchte nur festzustellen, wer von den Männern, die jetzt in London sind, damals in Tokio waren, als du an mich jene wahnsinnige Forderung wagtest.«

      Da schwieg sie. Ihre mühsam errungene Sicherheit war plötzlich entwurzelt. Er wußte alles!

      Doch jetzt überkam sie der Trotz der Liebe. Mochte er wissen! Desto besser. Desto rascher die Entscheidung. Sie verlor jede Vorsicht. Kämpfte nun mit offenem Visiere.

      »Du hast wahrhaftig keine Ursache, dich zu wundern und den Moralhelden zu spielen, wenn ich dir untreu würde«, rief sie in weißglühender Empörung.

      »Ich habe keine Ursache?!«

      Ihr halbes Geständnis warf ihn über den Haufen.

      »Weiß Gott nicht!«

      »Was sagst – du – da?!« stammelte er.

      Er hatte in Wahrheit doch nicht an einen Grund seiner Eifersucht geglaubt, trotz aller großen

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