Der lebende Leichnam. Drama in sechs Akten (zwölf Bildern). Tolstoy Leo

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Der lebende Leichnam. Drama in sechs Akten (zwölf Bildern) - Tolstoy Leo

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Natürlich weiß ich das.

      Fedja: Na, gib mir einen Kuß! Ihr Zigeuner! Noch einmal das „Flachslied” – und dann Schluß! (Die Zigeuner beginnen zu singen.)

      Fedja: Ach, wie wohl mir ist! Wenn man nur nie wieder erwachte!.. So möchte ich sterben!..

Vorhang

      Zweiter Akt

      Drittes Bild

Nach dem ersten Akte sind zwei Wochen vergangen. Bei LisaErster AuftrittKarenin und Anna Pawlowna sitzen im Eßzimmer. Sascha kommt herein

      Karenin: Nun, wie steht es?

      Sascha: Der Arzt hat gesagt, es sei jetzt keine Gefahr mehr vorhanden. Nur dürfe er sich nicht erkälten.

      Anna Pawlowna: Na, aber Lisa ist dabei ganz heruntergekommen.

      Sascha: Er sagt, es sei unechter Krupp in gelinder Form. Was ist das? (Sie zeigt auf ein Körbchen.)

      Anna Pawlowna: Viktor hat Weintrauben mitgebracht.

      Karenin: Mögen Sie nicht zulangen?

      Sascha: Ja, die ißt sie gern. Sie ist sehr nervös geworden.

      Karenin: Wenn sie auch zwei Tage lang nichts gegessen, zwei Nächte nicht geschlafen hat.

      Sascha (lächelnd): Sie selbst haben es doch ebenso gemacht.

      Karenin: Mit mir ist das etwas anderes.

Zweiter AuftrittDieselben. Der Arzt und Lisa treten ein

      Der Arzt (nachdrücklich): Also so: wechseln Sie alle halbe Stunde den Umschlag, wenn er nicht schläft. Wenn er schläft, stören Sie ihn nicht! Den Rachen zu pinseln ist nicht nötig. Die Zimmertemperatur halten Sie auf gleichmäßiger Höhe!..

      Lisa: Aber wenn er wieder Atemnot bekommt?

      Der Arzt: Das ist nicht wahrscheinlich. Sollte es aber eintreten, so wenden Sie den Zerstäuber an! Außerdem geben Sie ihm Pulver, morgens eines und abends eines! Ich werde sie sogleich verschreiben.

      Anna Pawlowna: Mögen Sie nicht ein Glas Tee trinken, Doktor?

      Der Arzt: Nein, ich danke; meine Kranken warten. (Er setzt sich an den Tisch, Sascha bringt Papier, Tinte und Feder.)

      Lisa: Also es ist bestimmt nicht Krupp?

      Der Arzt (lächelnd): Ganz bestimmt nicht. (Er schreibt.)

      Karenin (zu Lisa): Nun, jetzt trinken Sie aber ein Glas Tee, oder, noch besser, gehen Sie hin und ruhen Sie sich aus; sehen Sie nur, wie entstellt Sie aussehen!

      Lisa: Jetzt fühle ich mich neu belebt. Ich danke Ihnen. Sie sind ein wahrer Freund. (Sie drückt ihm die Hand. Sascha geht ärgerlich zur Seite.)

      Lisa: Ich bin Ihnen herzlich dankbar. Da sieht man, wo …

      Karenin: Was habe ich denn getan? Zum Danken ist gar kein Anlaß.

      Lisa: Aber wer hat die Nächte über nicht geschlafen? Wer hat uns diese Zelebrität ins Haus geholt?

      Karenin: Ich bin schon dadurch hinlänglich belohnt, daß Mischa außer Gefahr ist, und besonders durch Ihre Güte.

      Lisa (drückt ihm wieder die Hand und zeigt ihm lachend ein Goldstück, das sie in der Hand hält): Das ist für den Arzt. Nur weiß ich nicht, wie ich es ihm geben soll.

      Karenin: Ja, ich verstehe mich auch nicht darauf.

      Anna Pawlowna: Worauf verstehen Sie sich nicht?

      Lisa: Dem Arzte das Geld zu geben. Er hat mir mehr als das Leben gerettet, und ich gebe ihm Geld! Das ist eine peinliche Empfindung.

      Anna Pawlowna: Gib her; ich werde es ihm geben. Ich verstehe, wie man das macht. Es ist ganz einfach.

      Der Arzt (steht auf und reicht das Rezept hin): Also diese Pulver rühren Sie in einem Eßlöffel voll abgekochten Wassers gut um und (er spricht weiter) … (Karenin trinkt am Tische Tee; Anna Pawlowna und Sascha gehen nach vorn.)

      Sascha: Ich kann das Benehmen der beiden gar nicht mehr mit ansehen. Sie ist ordentlich verliebt in ihn.

      Anna Pawlowna: Was ist daran Verwunderliches?

      Sascha: Es ist widerwärtig!

      Der Arzt (empfiehlt sich allen und geht weg. Anna Pawlowna begleitet ihn hinaus).

Dritter AuftrittLisa, Karenin und Sascha

      Lisa (zu Karenin): Er ist jetzt so lieb und nett. Sowie ihm besser wurde, fing er sogleich an zu lächeln und zu plaudern. Ich will zu ihm gehen. Aber auch von Ihnen fortzugehen wird mir schwer.

      Karenin: Sie sollten ein Glas Tee trinken und etwas essen.

      Lisa: Ich brauche jetzt nichts. Es ist mir so wohl zumute nach all diesen Beängstigungen. (Sie fängt an zu schluchzen.)

      Karenin: Da sehen Sie, wie schwach Sie sind.

      Lisa: Ich bin so glücklich. Wollen Sie ihn sich ansehen?

      Karenin: Natürlich.

      Lisa: So kommen Sie mit! (Sie gehen hinaus.)

Vierter AuftrittAnna Pawlowna kommt zu Sascha zurück

      Anna Pawlowna: Warum machst du denn ein so finsteres Gesicht? Ich habe ihm das Geld in sehr schöner Form gegeben, und er hat es ebenso genommen.

      Sascha: Es ist geradezu empörend! Sie hat ihn mit in das Kinderzimmer genommen. Gerade als ob er ihr Bräutigam oder ihr Mann wäre.

      Anna Pawlowna: Aber was geht es dich an? Weshalb wirst du so hitzig? Oder hast du vielleicht darauf spekuliert, ihn zu heiraten?

      Sascha: Ich?! Diesen langen Tölpel?! Da würde ich lieber ich weiß nicht wen heiraten, aber nicht ihn. Das ist mir überhaupt nie in den Kopf gekommen. Es ist mir nur zuwider, daß Lisa nach ihrem Zusammenleben mit Fedja es fertigbekommt, einem fremden Menschen in dieser Weise näher zu treten.

      Anna Pawlowna: Wie kannst du ihn einen fremden Menschen nennen? Er ist ihr Jugendfreund.

      Sascha: Aber ich sehe ja an dem Lächeln, an den Augen der beiden, daß sie ineinander verliebt sind.

      Anna Pawlowna: Was ist denn daran Verwunderliches? Er hat ihr während der Krankheit des Kindes soviel Teilnahme bewiesen und ihr geholfen; dafür ist sie ihm dankbar. Und außerdem: warum sollte sie sich nicht in Viktor verlieben und ihn heiraten?

      Sascha: Das wäre schrecklich, empörend! Empörend!

Fünfter AuftrittKarenin und Lisa treten ein

      Karenin (empfiehlt sich schweigend).

      Sascha (geht ärgerlich hinaus).

Sechster AuftrittAnna Pawlowna und Lisa

      Lisa (zu ihrer Mutter): Was hat sie nur?

      Anna Pawlowna: Ich weiß es wirklich nicht.

      Lisa (seufzt schweigend).

Vorhang

      Viertes

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