Die Falkner vom Falkenhof. Zweiter Band.. von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Falkner vom Falkenhof. Zweiter Band. - von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia страница 3

Die Falkner vom Falkenhof. Zweiter Band. - von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia

Скачать книгу

Erbprinz und Falkner vor dem schönen Bilde der unglücklichen Freifrau Dolorosa.

      »Das ist ja eine stupende Ähnlichkeit mit unserer liebenswürdigen Wirtin,« meinte ersterer, der sich von dem Bilde nicht trennen konnte.

      »Es ist in der That eine wunderbare Laune der Natur, der Enkelin die Züge der Ahne zu geben,« sagte Falkner. »Doch zum Glück fehlt meiner Cousine der Zug von Schmerz, der auf dem Antlitz der ›bösen Freifrau‹ liegt.«

      »Finden Sie?« fragte der Erbprinz leise. »Ich meine, diesen Ausdruck schon in den Augen der Freiin Dolores gesehen zu haben.«

      »Hoheit sind ein scharfer Beobachter,« erwiderte Falkner wider Willen gereizt. »Ich habe davon noch nichts bemerkt – wie käme auch Schmerz in den Blick der Satanella?« setzte er fragend hinzu, doch ohne die scharfe Bitterkeit von früher.

      Der Erbprinz hörte den Unterschied aber nicht heraus.

      »Die arme Satanella!« rief er spöttisch. »Falkner, Falkner, wie kann man sich nur so in ein Vorurteil verbeißen!«

      Aber Falkner zuckte mit den Schultern. Er hatte seine Frage anders gemeint; daß sie anders aufgefaßt wurde, ließ ihn kalt. Die anderen traten nun auch hinzu, und auf die Erklärung, daß dies wunderbare Ebenbild der Schloßherrin auch des Schlosses Irrgeist sei, ruhte Prinzeß Lolo nicht eher, bis sie die Geschichte der »bösen Freifrau« erfahren hatte. Nun blühte Doktor Ruß' Weizen, denn Dolores mußte ihm den Band der Familienchronik jener Zeit reichen – man gruppierte sich um das Bild, und er trug mit seinem weichen, leisen, musikalischen Organ den still und erschüttert Lauschenden die todestraurige Geschichte vor, die wir schon kennen.

      »Die Arme! Was muß sie gelitten haben,« sagte Prinzeß Alexandra leise, als die Tragödie voriger Tage verklungen war. Dies erste Wort war für Graf Schinga das Signal, sich zu schneuzen, daß es im Saal ein vielfaches Echo erweckte.

      »Ich kann solch' trauriges Zeug gar nicht hören,« versicherte er mit übergehenden Augen, wie einer, der niesen will und nicht darf. »In ›Maria Stuart‹ habe ich mal so heulen müssen – wie ein Schloßhund, wahrhaftig, daß das andere Publikum schon Mitleid mit mir hatte und der Logenschließer mich hinausbugsieren wollte. Seitdem sehe ich mir nur noch Lustspiele an und höchstens mal eine Oper, denn wenn der Tenor schmettert:

      Ja du bist meine Seligkeit,

      Doch er – er sei dem Tod gewei–heit –

      oder die Primadonna trillert:

      Ich lächle unter Thrä–ää–äää–äääänen –

      das ist ja kolossal rührend, aber doch nicht so steinerweichend.«

      Nach dieser Erklärung kam Doktor Ruß wieder auf die Freifrau Dolorosa zurück, und er schilderte ihr traurig Ende.

      »Sie soll aber noch einmal zu klarem Bewußtsein gelangt sein,« schloß er. »Denn es wird in der Chronik berichtet, daß Gott den Schleier des Wahnsinns kurz vor ihrem Tode von ihrer Seele nahm und ihr die Gabe des Hellsehens verliehen habe. In diesem Zustande, in welchem sie von allem wußte, nach allem fragte und Anordnungen traf für ihr letztes Stündlein, in diesem Zustande soll sie dem Geschlechte der Falkner eine Prophezeiung hinterlassen und sogar aufgezeichnet haben.«

      »Eine Prophezeiung?« fragte man unwillkürlich, Falkner mit inbegriffen, der so gesessen hatte, daß er während der ganzen Geschichte der Freifrau Dolorosa fortwährend das Profil von Dolores sehen mußte, welches sich von dem rubinroten Plüsch ihres Sessels klar und bleich abhob wie eine antike Kamee.

      »Und wie lautet diese Prophezeiung?« fragte Gräfin Schinga interessiert.

      »Sie mag wohl verloren gegangen sein,« antwortete Doktor Ruß. »Ich habe sie wenigstens beim Ordnen des Archivs und der Bibliothek nicht finden können.«

      »Oder sie ist überhaupt eine Fabel,« meinte der Herzog. »Und wenn sie's ist, so wär's das beste, denn meist erwecken solche Prophezeiungen, selbst wenn sie nachträglich gemacht werden, nur den Aberglauben und seine traurigsten Folgen. Ich halte nicht viel davon, denn etwas Humbug ist immer dabei im Spiel.«

      »Da möchte ich zu widersprechen wagen, Hoheit,« entgegnete Doktor Ruß. »Was wir gemeinhin Hellseherei und als deren Produkt Prophezeiung nennen, ist ein hypnotischer Zustand, der für uns zwar heutzutage noch viel Unerklärtes in sich schließt, wissenschaftlich beleuchtet aber immer verständlicher wird. Und warum sollen die Leute dazumal dem Hypnotismus weniger zugänglich gewesen sein, als heut' die vielen ›Medien‹ von Profession? Die Prophezeiungen alter Tage sind in hypnotischem Zustand abgegebene Erklärungen – Reisefrüchte einer Seele in jenes ferne Land, das wir die Zukunft nennen.«

      »Hm! Hm! Ich bin hierin etwas skeptisch, lieber Doktor,« erwiderte der Herzog, während der Erbprinz ausrief:

      »Ah, also ein Bundesgenosse! Du siehst daraus, lieber Papa, daß ich nicht allein stehe mit dem, was du gemeinhin unter die Rubrik ›Blödsinn‹ rangierst.«

      »Kinder, laßt mich in Ruhe,« meinte der Herzog mit behaglichem Lächeln. »Zu meiner Zeit, da wußte man nichts von Hypnotismus und solchem Zeug, womit die Leute nur verrückt gemacht werden. Da ließ man die Menschen wahrsagen und träumen, was sie Lust hatten, und man brauchte es nicht zu glauben, wenn man nicht wollte. Aber jetzt möchte man sich abends schon mit Angst ins Bett legen bei dem Gedanken, daß die Seele einen kleinen Abstecher macht, Gott weiß wohin, und am Ende das Wiederkommen gar vergißt. Denn nach meinem Herrn Sohn sind Träume auch hypnotische Produkte, zu welcher Ansicht ich mich leider so lange nicht bekennen kann, als ich noch jedesmal vor feierlichen Gelegenheiten träume, daß mir bei Staatsakten allemal die notwendigsten Kleidungsstücke fehlen. Prophetisch können die Angstträume nicht sein, denn so lange ich noch bei Verstande bin, werde ich voraussichtlich Landtage und Ausstellungen nicht in einem Kostüm eröffnen, das für meine afrikanischen Kollegen ganz praktisch, bei uns aber ganz ungewöhnlich ist.«

      »Papa ist eben ganz unüberzeugbar,« sagte der Erbprinz, wider Willen einstimmend in das lustige Lachen, das die herzogliche Traumdeutung hervorrief durch die ruhige, trockene Art, wie der hohe Herr sie vortrug.

      Falkner, der nicht lachte, weil er gar nichts von des Herzogs Rede gehört hatte, sah nur das feine bleiche Profil an der Stuhllehne ihm gegenüber sich wenden und den schönen Mund lachen – eigentlich nur lächeln, um sofort wieder ernst zu werden.

      »Trotz der entschieden unprophetischen Träume Eurer Hoheit gehöre ich aber auch zu den Frondeuren gegen Ihre Ansicht,« sagte Dolores. »Darf ich meine Beweise vorbringen, daß Träume kein bedeutungsloser Unsinn sind, oder sein können?«

      »Ich bitte darum, und bin ganz Ohr,« erwiderte der Herzog, und alles lauschte gespannt, als Dolores begann:

      »O, ich werde kurz sein. Mir träumte also von der bösen Freifrau, und ich sah sie naturgemäß, genau in derselben Kleidung, wie hier vor uns auf dem Bilde!«

      »Hu! Wie graulich,« machte Prinzeß Lolo mit kokettem Erschauern.

      »Nein, mir war es nicht zum Fürchten,« fuhr Dolores fort, »denn sie sprach sehr freundlich und liebevoll mit mir. Und mir träumte weiter, daß sie mir ein Geheimfach zeigte, und ich sah deutlich, wie es zu öffnen war. Daran wäre nun nichts Wunderbares – Bedeutung erhält der Traum aber durch den Umstand, daß ich später das Geheimfach wirklich fand und es öffnen konnte durch den Mechanismus, welchen mir die Ahnfrau im Traume gezeigt.«

      Ein allgemeines »Ah« des Staunens durchlief den kleinen Kreis bei dieser Erzählung, und der Herzog meinte schmunzelnd:

      »Hoffentlich

Скачать книгу