Die Falkner vom Falkenhof. Erster Band.. von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia
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Читать онлайн книгу Die Falkner vom Falkenhof. Erster Band. - von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia страница 8
»Acht Tage später lief der arme Junge seinem Brotherrn davon und zu dem großen Maler, den er um Gottes willen bat, ihn bei sich aufzunehmen und zu seinem Schüler zu machen. Zum Glück für ihn war der Maler ein liebevoller Menschenfreund mit tiefem Blick, der es gleich gewahrte, was tief unter den rohen Schlacken dieser Seele schlummerte. Er läuterte sie und lehrte den Knaben selbst – und ehe er starb, legte er den ersten Lorbeerkranz um des Schülers Schläfe. Und der schritt weiter auf seiner Ruhmesbahn, unaufhaltsam, aber einsam. Da trat plötzlich eine Fee aus dem Dunkel hervor – das heißt, er hielt sie für eine solche, und sogleich spann sie ein Netz von goldroten Haarfäden um sein Herz – ein Netz, das er nicht zerreißen konnte, so dünn war es –«
Keppler brach ab und schlug beide Hände vor sein Antlitz – er stöhnte laut.
Dolores war blaß geworden.
»Es war nur ein Irrlicht, was Ihnen eine Fee deuchte,« sagte sie, sich erhebend.
Da trat er ihr entgegen und faßte ihr Handgelenk, um sie am Gehen zu hindern.
»Es ist eine Fee,« rief er fast flehend, »o nehmen Sie mir nicht den Wahn! Dolores, ich bin nicht mehr jung – mehr als vierzig Jahre bin ich durchs Leben gepilgert. Und wenn ein Mann in diesen Jahren liebt, dann liebt er zu gewaltig, zu mächtig, um diese Liebe ersticken zu können im Keime. Woran ich jahrelang nicht gedacht, jetzt will mir's nimmer aus dem Sinn – jetzt sehe ich durch die Räume meines Hauses eine Künstlerfrau schweben, eine Künstlerfrau wie zu Tizians Zeiten mit goldrotem Haar und dunklen Augen – Dolores, glauben Sie an solche Träume?«
»Nein,« sagte sie tonlos.
»Dolores –!«
»Ich glaube nicht daran –« fuhr sie fort, »denn es giebt kein solches Glück! Ich hab' mir's gelobt, nur dann mich zu vermählen, wenn's hier in meinem Herzen anfängt zu sprechen. Aber es spricht nimmer – hat noch nicht gesprochen – weil ich kein Herz habe. Wo es bei anderen pocht und glüht und pulsiert, da bleibt's bei mir kalt und still – eine Künstlerfrau ohne Herz, das wäre ein Unglück für Ihr Haus, mein Freund!«
Keppler ließ ihr Handgelenk los und wandte sich ab. Er war sehr blaß geworden.
»Dolores, Dolores, was haben Sie mir gethan?«
»Ich habe Ihnen Schmerz bereitet – aber besser zu frühen, als zu späten Schmerz,« erwiderte sie leise und fest. »Sie haben mir viel geboten, ein Herz, eine Hand, ein Heim, und Sie wissen nicht einmal, wer ich bin, ob ich nicht einen erborgten Namen führe, woher ich stamme –«
»Ich weiß nur, daß in dem Namen Dolores das Glück meiner Zukunft ruhte.«
»Und Dolores heißt der ›Schmerz‹. Wär' ich die Teufelin, die ich auf der Bühne darstelle, dann hätte ich vorgegeben, an die Realisierung Ihrer Träume zu glauben – dann würde Ihr Heim binnen kurzem eine Hausfrau haben. Aber es könnte sein, daß doch einstens noch ein zündender Funke in meine Brust fiele und mein Herz erwachte – was dann? Nein, mein Freund, nicht im ›Schmerze‹ suchen Sie Ihr Lebensglück – es liegt anderswo.«
»Und meinen Sie, es sei kein Schmerz, entsagen zu müssen?« fuhr Keppler auf.
»Er ist geringer als der Schmerz, sich betrogen zu wissen. Und ich hätte Sie betrogen, wenn ich Ihnen von Liebe gesagt hätte, von der meine Seele nichts weiß.«
»Wie Sie grausam sind – Sie reichen mir in dem Korbe nicht einmal den bittersüßen Bissen von ›ewiger Freundschaft‹ – ›Achtung‹, und wie diese Korbtrabanten sonst noch heißen mögen –« rief Keppler finster.
Es zuckte wie ein Lächeln um ihre Lippen.
»O, wenn Sie sich danach sehnen –« sagte sie halb weich, halb spöttisch.
»Gut, gut, verlachen Sie mich noch!« rief er heftig. »Das ist ja dein Gewerbe, Satanella!«
»Richard Keppler – hüten Sie sich –!«
Zornsprühend, flammend vor Entrüstung stand sie vor ihm, hochaufgerichtet, schön wie noch niemals. Da beugte er sein Knie vor ihr und verbarg sein Haupt in den rauschenden Falten ihres Kleides.
»Nicht so, Dolores, nicht so,« sagte er mit gebrochener Stimme. »Wissen Sie nicht, daß das Herz im Übermaße seines Schmerzes selbst das schmäht, was es liebt? Wohlan – gehen Sie Ihren Pfad weiter – ich will Sie nicht auf den meinigen lenken. Ich will Ihnen entsagen – aber vergessen kann ich nicht –«
»Sie werden ein Weib finden, das besser ist, als ich –«
»Wer sagt Ihnen, daß ich ein solches will? Dolores, Sie haben heut' die Blüten von dem Baume meines Lebens gebrochen zum – Verwelken!«
»Ein neuer Lenz wird neue Blüten treiben – unverwelkliche,« sagte sie leise und beugte sich zu ihm herab. »Gott segne Ihr edles Herz und – denken Sie meiner ohne Groll. Ich konnte, ich durfte ja nicht anders handeln.«
Sie reichte ihm die Hand und er drückte seine Lippen darauf – zum Lebewohl am Scheidewege.
»Pardon – ich glaubte nicht zu stören.«
Keppler fuhr empor bei dem Klange dieser tiefen, klangvollen Stimme und Donna Dolores trat erblassend zurück – denn dort, in der Thür stand Alfred von Falkner.
»Man sagte mir nicht, daß Sie Sitzung hatten –« fuhr er fort und die Ironie in dem Worte »Sitzung« klang doppelt schneidend in seinem Munde, »sonst wäre ich nicht hier eingedrungen.«
»Sie stören nicht mehr,« erwiderte Keppler gefaßt, »der Satanellentraum ist für heut' ausgeträumt – und für immer,« setzte er leise hinzu.
Falkner trat vor das Bild hin und musterte es lange.
»Das wird wieder ein Meisterwerk,« sagte er endlich, »ich sah selten ein solch flammendes Farbenmeer in so wunderbare Harmonie vereint.«
»Mein Verdienst dabei ist nur das des Farbenmischens,« erwiderte Keppler einfach, »das Bild gab mir der künstlerische Geschmack der Donna Dolores Falconieros.«
Falkner wendete sich halb um zu der Genannten, die noch bleich und wortlos an dem Sessel lehnte, umwogt und umrauscht von Farbe, Licht und Glanz.
»Es wird schwer, beim Anblick Ihres lichten Haares an Ihre südliche Abkunft zu glauben, Señora,« sagte er leicht.
»Ich habe kein Interesse daran, irgend jemandes Glauben in dieser Beziehung beeinflussen zu wollen,« erwiderte sie kühl.
»Ach, das klingt sehr stolz, wie –«
»Komödiantenstolz« – vollendete sie ruhig.
»Wenn Sie es selbst so bezeichnen wollen –« erwiderte er