Die Falkner vom Falkenhof. Erster Band.. von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia

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Die Falkner vom Falkenhof. Erster Band. - von Adlersfeld-Ballestrem Eufemia

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zusammenzog und sich auf die Lippen biß.

      »Ich gehe, um mich umzukleiden,« sagte Dolores zu Keppler gewendet und war im nächsten Moment hinter der roten Portiere verschwunden.

      »Ich komme mit einer Bitte, Maëstro,« begann Falkner nach einer Weile, während welcher der Maler regungslos vor der Staffelei stand, »aber ich werde sie heut' nicht aussprechen, denn Sie scheinen verstimmt zu sein. Mein unberufenes Kommen vorhin –«

      »Ich sagte Ihnen schon, daß Sie nicht störten – man kann nicht stören, wo nichts zu stören ist,« fiel ihm Keppler ungeduldig ins Wort.

      »Gut, ich beuge mich,« erwiderte Falkner sarkastisch, »Sie übten mit Donna – wie heißt sie doch – ein lebendes Bild, eine Scene aus der ›Satanella‹.«

      »Was soll das, Herr von Falkner? Sie würden mich verbinden, wenn Sie meinen Namen mit dem der Donna Dolores ganz außer allem Konnex ließen.«

      »Ihr Wunsch genügt,« entgegnete Falkner.

      »Wenn Sie sich indessen wundern sollten –« begann Keppler wieder.

      »O nein,« fiel ihm der andere ins Wort, »das ›Wundern‹ muß man sich abgewöhnen, wenn man Künstlerkreise, besonders aber Ateliers besucht.«

      Keppler biß sich auf die Lippen und schwieg.

      »Und Ihre Bitte?« sagte er endlich, »doch ich errate sie – irgend eine Zeichnung meiner Hand für einen Wohlthätigkeitsbazar – nicht wahr?«

      »Nein, das nicht,« entgegnete Falkner belustigt, »man vertraut mir solche Brandschatzungsgänge nicht mehr an, seitdem ich diese Ehre einmal, aber sehr bestimmt abgelehnt habe. Natürlich ist es aber auf Ihre Kunst abgesehen. Unser Nachbar vom Falkenhof, der Herzog von Nordland, der allsommerlich sein Waldschloß auf ein paar Monate bezieht, wünscht sich und seine Töchter von Ihrer Meisterhand gemalt zu sehen und ladet Sie zu diesem Zweck feierlichst durch mich ins Waldschloß ein.«

      »Ich habe andere Pläne für diesen Sommer –« entgegnete Keppler – »kann man gegen diesen fürstlichen Wunsch, vulgo Befehl nicht ankämpfen?«

      »Schwerlich,« erwiderte Falkner, »eine Ablehnung wäre hier eine – Unart.«

      »Und deshalb muß man eine langgeplante Reise aufgeben?« seufzte der Maler unmutig. »Den leichten Kittel an den Nagel hängen, um im Frack vor der Staffelei zu stehen? Und dazu der Zwang des Hoflebens!«

      »Dieser Zwang wird im Waldschlosse ganz abgelegt, der Herzog und seine Töchter bewegen sich so frei und ungezwungen, wie Landedelleute. Und überdies – die Motive lohnen sich Ihres unsterblich machenden Pinsels.«

      »Die Prinzessinnen sollen reizend sein, ich hörte davon, indes –«

      »So überlegen Sie,« schloß Falkner. »Ich reise in einigen Tagen nach der Hauptstadt von Nordland ab und bringe dann dem Herzog Ihre Antwort. Man erwartet Sie übrigens keinesfalls vor dem Mai im Waldschloß, und da wir jetzt im März leben, so haben Sie noch Zeit, Ihre Satanella zu vollenden.«

      Hier trat Donna Dolores wieder umgekleidet ein. Sie hatte den Hut schon aufgesetzt und hielt eine juchtenüberzogene Kassette in der Hand.

      »Ich fahre jetzt ein wenig spazieren und kann deshalb meine Garderobe nicht mitnehmen,« sagte sie zu Keppler gewendet, »draußen wartet mein Coupé – addio Maïstro!«

      Sie reichte dem Maler die Hand und neigte ihr Haupt eine Linie tief vor dem Freiherrn, indem sie der Thür zuschritt. Doch indem sie den letzten Knopf ihres Handschuhes zuzuknöpfen versuchte, entglitt die Kassette ihren Händen und fiel zu Boden. Der Deckel sprang auf, und heraus rollte nebst verschiedenen juwelenblitzenden Nadeln, Ringen und Spangen das seltsam geformte Diadem der Satanella. Es fiel hart an die Kante eines Sessels und eine der hornartigen Zacken brach ab dabei. Die Herren eilten herzu und lasen die schimmernden Dinge vom Boden auf.

      »Das sind echte Diamanten –« sagte Falkner unwillkürlich, indem er den Reifen an die zerbrochene Zacke zu hängen suchte, »Diamanten von wunderbarem Feuer!«

      »Glaubten Sie, daß ich unechte Steine tragen würde?« – Der Ton, in dem Donna Dolores es sagte, klang fast beleidigt.

      »Sie sind wenigstens üblich für Theaterschmuck, Señora!« erwiderte Falkner, »aber ich begreife Ihre Caprice. Nur ist sie sehr kostspielig –«

      »O, mein Vorrat reicht hin, um mich als ›Selica‹ in Feuergarben zu hüllen,« meinte sie mit natürlicher Freude, ohne eine Spur von Prahlerei.

      »Dann erlauben Sie mir, Señora, Ihnen zu Ihrer ungewöhnlich guten Ernte zu gratulieren,« sagte der Freiherr mit verletzendem Spotte in dem Tonfall.

      Dolores richtete sich hoch auf und sah ihm fest ins Auge.

      »Ich bedaure, Ihre Gratulation nicht annehmen zu können, denn ich singe weder um Geld noch um Diamanten!«

      Falkner verbeugte sich leicht und reichte ihr den Diamantreifen.

      »Pardon, Señora! Aber mein Irrtum ist wohl ein verzeihlicher gewesen –«

      »Ein sehr verzeihlicher,« nickte sie, »denn Sie kennen mich ja nicht anders, als im Nebelschleier Ihrer Vorurteile.«

      Noch ein leichtes Nicken und Donna Dolores war verschwunden.

      »Sesam, öffne dich,« rief Falkner, als das Coupé davonrollte und er selbst an der Schwelle des Ateliers zum Fortgehen bereit stand, »diese Theaterprinzessin giebt schwere Rätsel auf zum Raten und – verlangt einen starken Glauben. Klappern gehört zum Handwerk, Donna Rothaar, so viel wissen wir Laien auch!«

      In seiner Wohnung angelangt, fand Falkner ein Telegramm vor, in welchem seine Mutter ihn unverzüglich wegen des nahen Todes des Lehnsherrn, seines Oheims, nach dem Falkenhof berief.

***

      Wo der rauschende Laubwald des deutschen Nordens kühlen, wonnigen Schatten giebt, wo noch keine Axt sich gerührt, die Eichen und Buchen zu fällen, um an ihrer Stelle rasselnde, qualmende Fabriken zu errichten, wo weit und breit nichts zu sehen ist, als Himmel, Wald und lauschige, glitzernde kleine Seen, da liegt der Falkenhof.

      Der große vierflügelige, graue Steinbau mit seinen vier runden, epheubewachsenen, hoch und steil bedachten Türmen lehnt sich dicht an den grünen Wald an, der hier zum Park umgeschaffen ist, während vor seiner Front sich ein mächtiger Rasenplatz, umsäumt mit Monatsrosen und mit Gruppen der edelsten Rosen bepflanzt, ausdehnt. Die Wirtschaftsgebäude verbergen sich hinter dichtem Strauchwerk und Baumgruppen, so daß der Falkenhof einsam zu liegen scheint im grünen Wald – ein grauer, steingewordener Traum aus längst vergangenen Tagen.

      Der Bau selbst entstammte dem sechzehnten Jahrhundert und war ursprünglich für ein adeliges Damenstift bestimmt gewesen, das daselbst nur eine kurze Existenz gefristet und sich dann aufgelöst hatte. Da die Stifterin und Erbauerin eine Falkner gewesen, so fiel die Besitzung an die Falkners zurück als Lehen, und ein Zweig dieser Familie ließ sich dauernd daselbst nieder. Im Laufe des nämlichen Jahrhunderts starben die anderen Linien des alten Geschlechts aus, und die des Falkenhofes führte den Namen weiter bis heute.

      Es waren viele junge Falken flügge geworden seitdem, – viele hatten ein friedliches Nest gefunden; andere hatten sich zu hoch gewagt im Fluge und ihr Leben mit versengten Flügeln und gebrochenem Sinn beschlossen; wieder andere waren verschollen, verdorben und gestorben – während einzelne kühn emporflogen zu sonnigen Höhen – wie es das Leben so giebt und fügt in

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