Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil. Brockhaus Heinrich Eduard

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Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil - Brockhaus Heinrich Eduard

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Wort über Brockhaus' Frau verdient um so mehr mitgetheilt zu werden, als uns über dieselbe sonst leider sehr wenig bekannt ist. Später richtet Cramer einmal einen (im vierten Hefte der »Individualitäten« abgedruckten) Brief »An Sophie« statt »an Ihren unmusikalischen Mann«, weil er über den Componisten Grétry spricht, und fügt hinzu:

      Indem ich dies Stück Tagebuch schreibe, kömmt es mir vor als säße ich bei Ihnen und läse Ihnen daraus, indem Sie die Fliegen von der Wiege Ihres kleinen Hermann's verscheuchen ... ach! welch ein Name für mein Herz.

      Brockhaus ließ in dieser Zeit auch das Porträt Cramer's für sich malen (wahrscheinlich von dem ihm befreundeten Scheffer, dem Vater Ary Scheffer's), und trennte sich später nur schwer davon, um es Cramer's Witwe zu schenken.

      Cramer's früher schon erwähnte Antwort an Brockhaus, datirt Paris 2. Brumaire XIV (24. October 1805), lautet:

      Seit langer Zeit ist mir kein lieber Brief zugekommen, der mir so viel Freude gemacht, als der Ihrige; Freund Kühnwille! der Sie sind. Wie sachte es einem so vielfach angefeindeten, gescheuchten, so oft vorschnell verurtheilten Ismael thut, wenn er in den arabischen Syrten auf einen Esau-Kühnwille trifft, einerlei zottigen Haares mit ihm; davon hat nur ein Wüstenbewohner Begriff. Eng verbündet er sich und willig mit ihm, der ihm so frank seine Gleichförmigkeit enthüllt; so viel Edles von jugendlichem Antheil ihm sagt; ihn kennt und erkennt; wie eng und wie gern, dazu schenken Sie ihm der Worte Weitläufigkeit wohl. Er fühlt es, daß seine Seele mit der Ihrigen gebrochen ward aus einerlei Gestein. Also kurz und bündig, wie er's izt kann, in dieser herben und schnöden Zeit, zur Sache. Er nimmt die ihm vorgelegten Materien sogleich Punktweise vor ...

      Wegen Ihres dritten Gedankens, mein weitaussehender Herr: alors comme alors! Kömmt Zeit, kömmt auch Rath! Ich gehe mithin sogleich an Ihren vierten Punkt, der die Uebernehmung der Fortsetzung meines Tagebuches betrifft. Hätt' ich doch niemals geglaubt, ich Strauß, der seine Eier sogleich, wie er sie gelegt, im Sande vergißt, daß jenes seit acht Jahren verscharrte ausgebrütet worden sei; und ein klein Sträußchen geworden, das sich bis zu Ihnen nach Amsterdam hin verirrt! Ich wenigstens habe von keinem Menschen, über Aufnahme oder Nichtaufnahme davon (außer von Klopstock, der mir mit meinem »Marcus Sextus« darin seine vollste Zufriedenheit bezeugt) auch nur ein Sylbchen gehört. Es ward, da ich mich in Frankreich nicht mehr mit deutschem Verlage befassen gewollt, und August Campe mir dazu seine »Vermittlerschaft« versagt, von ihm wider meinen Wunsch an Kaven vertraut; bei dessen plötzlichem Hinschied auf einem Dorfe zwischen Hamburg und Lüneburg, es in seine Masse, dann justizmäßig in die Gläubigerklauen gerieth; so daß mir auch kein einziger kupferner Sechsling Billons nur dafür ward. Nun — da mich denn neulich von Ohngefähr, bei Gelegenheit Raynouard's, der Fortsetzungskitzel dazu stach, und Ihre Sympathie nebst Kühnwillen Sie hinreizt, zu meiner »rhapsodischen kühnen Manier« — wohlan, so seien Sie vor allen Andern dazu denn mein .. Mann. An Stoff, in meiner und meines Vaters Correspondenz, die gar manche Artikel von Ersten Nahmen aus unserm und andern Vaterlanden enthält, und meinem Umherblick auf den Wüsten und Aeckern der Menschheit, fehlt es mir eben nicht; unser Babylon hier reichte mir deren allein schon genug. Ich brauche gegen Sie, der sich auf Dotem und Nicht-Dotem Libellorum versteht, keiner weitläufigen Verständigung deshalb. Die »Individualitäten« werden ohngefähr geben, was mein »Menschliches Leben«, und jenes vergessene Ei, das von jenem den zwanzigsten Theil füllt, enthielt; und da es, Ihrem Wunsche gemäß, zu einer Art von periodischen Salmi (aber um Gotteswillen, in freien Heften! denken Sie ans .. Mühlenpferd!) gedeiht, gleich den »Sphinxen«, »Auroren«, »Freymüthigen«, »Eleganten« u. s. w., deren jedes »Pages« (siehe Diderot) und einige Quadersteine, nebst vielen Sandbröckeln, Moëllons, und Kalkausfüllseln, euch gibt; nicht bloß wilde Tellow-Ismaelitische Aufsätze reichen, im stricten und strictissimen Verstand, sondern auch, als Schnabelweide für die »Million«, eßbarere Hausmannskost, wie sie seit einigen Jahren, für den allgemeinen Gaumen der Neugier, in den »Miscellen«, »Politischen Annalen«, u. s. w. regelrechterer Art, und nicht ganz mit Verschmähung abseiten des Leservolks, gargekocht, zurechtgestutzt und aufgetischt worden sind. Ihr neuer Titel: »Individualitäten« bestimmt ihren .. Tadel und ihren Zweck; sie werden von Ismael Abdallah, der auch Artikel darin macht, herausgegeben und commentirt .. Die Tendenz dieser .. Kriegsnahmen ist Ihnen aus meinem »Tagebuche« bekannt.

      Die Sosiasbedingungen dabei anlangend denn nun ... Ich erwarte über diese, mit der nächsten Post, Wilibald's Ja oder Nein: — (»Euer Ja sei Ja! und Euer Nein sei Nein!«) .. vielleicht schreibe ich Ihnen alsdann auch noch über ein andres Werk, das mich seit Jahr und Tag in poetischer und prosaischer Zweisprache beschäftiget; und das, von manchen Bauleuten verworfen bisher, zum Ecksteine Ihres jungen Buchhandels vielleicht wird. Dieser Marmor ist — wunderbar genug! von einem .. Weibe in England, aus dem schönsten parischen Bruche gehaun .. ich ciselire für Deutschland nur ein wenig daran; gelt, Sie haben wie jeder Andre, der nicht etwa der Berlepsch »Caledonia« las .. niemals etwas von .. Joanna Baillie gehört? Solch wunderbar Unbekanntbleiben, selbst in unserer alles Ausländische verschlingenden Lesenation, muß jeden Unbekannten für ein ähnlich Schicksal trösten darin. Für heute soviel genug, und .. Allah's heiligem und würdigem Schutze befohlen hiermit! ..

      Brockhaus erwiderte sofort mit folgendem Briefe, datirt Amsterdam, 7. November 1805:

      Hätte ich den Raum von 50 oder 60 Meilen, der uns von einander trennt, am Dienstage, wo ich Ihren lieben Brief vom 24. October erhielt, doch durchfliegen können, um Sie an meine Brust zu drücken und Sie zum Zeugen meiner Empfindungen über Ihre freundschaftlichen gegen mich geäußerten Gesinnungen zu machen! Ja, in Wahrheit, ein sympathetischer Zug treibt mich zu Ihnen hin, und mit Kindlichkeit sehe ich zu Ihnen hinauf, Klopstock's, Gerstenberg's, Kunzens, Schulzens, Baggesen's Freund ist mir ...22 Aber so soll es auch mit der innigsten Liebe, Freundschaft und .. zwischen uns bestehn, bis Sie oder ich vom Freunde Charon in jenes unbekannte Land hinüber gesteuert werden. So lange wir aber noch hienieden pilgern, und uns mit dem prosaischen Troste des bürgerlichen Lebens herumschlagen, oder uns wenigstens durchzuwinden haben, lassen Sie uns Einer dem Andern nützlich sein; uns helfen und rathen; zusammen uns freuen und — dem Gemeinbesten frommen, wo und wie die Gelegenheit sich zeigt. Ich gebe Ihnen meine Hand, daß Sie auf mich wie auf Ihr eignes Selbst rechnen können. Wenn Sie mich einmal näher kennen, werden Sie mir, hoffe ich, ein Gleiches zusichern. Sehr wahrscheinlich komme ich noch im Winter auf einige Wochen zu Ihnen. Ich will Ihnen also lieber von meiner Sehnsucht nach dorten Nichts sagen; denn wo könnte meine Prosa Worte finden, mein glühendes Verlangen auszudrücken?

      Das dem Freunde; jetzt dem Geschäftsmann und Verfasser! ... Ich komme zu dem mich am vorzüglichsten interessirenden Punkte davon: der Herausgabe Ihres »Tagebuchs«. Sie haben also so wenig Urtheile darüber vernommen? Ich glaube das wohl; und es ist auch wirklich in Deutschland sehr wenig bekannt geworden. Ich selbst habe mir unsägliche Mühe gegeben, ehe ich's erhalten konnte. Ich ruhte indeß eher nicht, bis ich's hatte; und seitdem hat es immer mit zu meiner Leibgarde gehört, die mich nicht verlassen darf. Noch gestern Abend habe ich meinem lieben Weibe die beiden schönen Briefe an Kunzen daraus vorgelesen und mich aufs neue an dem Freundschaftsbunde gefreut, der zwischen Ihnen und jenem Edlen muß geschlossen sein. Und dann las ich wieder die für mich hinreißende Stelle vor, wo Sie von dem Funde des Colchicum und Ihrer Begeisterung dabei erzählen. Ach, wie haben wir Sie recht lieb; wie unsern Bruder und unsre Jugendfreunde.

      Ich nehme Ihre Vorschläge zur Herausgabe alle an ... Der von Ihnen gewählte Titel ist sehr gut; bis auf die Noms de guerre. Diese, liebster Freund, wünschte ich ließen Sie weg. Ich könnte Ihnen diesen Wunsch mit einer Menge von Gründen motiviren; ich unterlasse es aber, da Sie, glaube ich, den größten Theil derselben ahnden werden. Nur Das: daß ich sicher bin, daß dem Werke dadurch häufig der Eingang wird erschwert werden; besonders hier in unserer Republik, wo ich doch auf einen ansehnlichen Absatz rechnen muß ... Ich sagte vorhin: ich vermuthe, daß Sie meine übrigen Gründe wegen dieser Nahmen

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<p>22</p>

Wiederholt sei bemerkt, daß derartige Auslassungen einzelner Worte von Cramer selbst herrühren.