Der Erbe. Dritter Band.. Gerstäcker Friedrich

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Der Erbe. Dritter Band. - Gerstäcker Friedrich

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bei einer vollkommen gründlichen Untersuchung entdeckt werden konnte. Selbst das Blitzen des Eisens im Lichte schien Heßberger vorgesehen und abgewendet zu haben, denn dasselbe war mit schwarzer Farbe überstrichen, diese aber durch den mehrfachen Gebrauch des zum Heben benutzten Hakens an einigen Stellen abgescheuert worden, was denn einzig und allein zur Entdeckung führte.

      Heßberger, der zuerst einen verzweifelten Versuch gemacht hatte, zu entkommen, saß jetzt wie völlig in einander gebrochen am Boden; er hatte nicht mehr Kraft genug in den Knieen, um aufrecht zu stehen. Seine Frau dagegen behauptete nach wie vor ihre starre Ruhe und Unschuld. Finster blickte sie auf die vor ihr ausgebreiteten Waaren und Kostbarkeiten, die nach und nach aus dem Gefach herausgearbeitet wurden und von denen einzelne Stücke schon sehr lange dort unten gelegen haben mußten, denn sie waren wie mit einer Staubkruste überzogen; aber sie leugnete, auch nur das Geringste davon zu wissen. Sie sei, wie sie behauptete, eine ehrliche Frau, die sich mit ihrer »Kunst«, mit ihrer Arbeit nähre, aber noch nie daran gedacht habe, zu einem unehrlichen Erwerb zu greifen. Sei das wirklich von ihrem Mann geschehen, so wisse sie nichts davon, oder sie hätte es nie geduldet; er müsse es heimlich gethan haben, wie er die Gegenstände ja auch, ihr selbst verborgen, heimlich versteckt und weggebracht habe.

      Dem Polizei-Commissar lag übrigens gar nichts daran, hier ein langes Verhör anzustellen, und wie sie das Fach ordentlich ausgeräumt und Alles, selbst das Letzte, heraufbefördert hatten, ertheilte er Befehl, das gestohlene Gut fortzuschaffen und die beiden Eheleute ebenfalls in sicheres Gewahrsam zu bringen. Er schärfte aber den Polizeidienern ganz besonders ein, sie getrennt zu halten und unter keiner Bedingung zu gestatten, daß sie auch nur Ein Wort mit einander wechselten.

      Unten im Hause war es indessen auch unruhig geworden, denn es konnte den tiefer wohnenden Miethsleuten kein Geheimniß bleiben, daß in der oberen Etage etwas Außerordentliches vorgehe. Schon der Kampf des Schuhmachers an der Treppe, als er seinen Durchgang erzwingen wollte, hatte sie alarmirt und auf den Vorsaal gelockt; allerdings staunten sie auch nicht wenig, als sie den kleinen, »frommen« Schuhmacher in solcher Begleitung die Treppe hinabsteigen sahen. Heßberger selber beeilte sich aber, ihnen aus dem Weg zu kommen, und wenige Stunden später lag das Quartier da oben, da man die beiden Lehrjungen ebenfalls für die Nacht wo anders unterbrachte und die Thüren versiegelte, öde, dunkel und verlassen.

      Witte indessen, mit dem gehabten Erfolge, der allerdings über Erwarten reich und wichtig ausgefallen war, sehr zufrieden, schritt seiner eigenen Wohnung zu. Dabei überkam ihn aber doch ein etwas unbehagliches Gefühl, denn es war ihm entsetzlich fatal, seine eigene Frau in der Gesellschaft überrascht zu haben. Und was die Frau Staatsanwalt nun wohl dazu sagen würde? – Sie sagte aber heute Abend gar nichts, denn sie ließ sich vor ihrem Mann nicht mehr blicken, und er selber unterstützte sie darin. Morgen, bei kaltem Blute, besprach sich die Sache weit besser, oder sie wurde auch vielleicht total ignorirt; er wenigstens war fest entschlossen, nicht wieder davon anzufangen.

      Uebrigens sah er sich auch an dem Tag so beschäftigt – oder machte sich vielleicht absichtlich so viel zu thun –, daß er selbst zum Mittagessen nicht nach Hause kam und absagen ließ, und während seiner Geschäftsstunden störte ihn die Frau schon überdies nicht oder suchte ihn auf.

      Am Morgen, zur bestimmten Zeit, kam aber der alte Baumann zu ihm, und mit diesem hatte er eine lange und ernste Unterredung. Baumann nämlich wollte gleich hinauf auf's Gericht und selber Anzeige von dem Betrug seiner Frau machen. Den Vorfall bei Heßbergers wußte er auch schon, und er erklärte bestimmt, mit der ganzen Familie fortan zu brechen. Witte hatte die größte Mühe, ihm das auszureden, und es gelang ihm wirklich nur dadurch, daß er den Schlossermeister darauf aufmerksam machte, die Verhaftung seiner Frau würde durch den Stadtklatsch nicht etwa mit einer andern Angelegenheit, sondern augenblicklich mit dem Diebstahl in Verbindung gebracht werden, und das mußten sie jetzt zu vermeiden suchen.

      »Also wollen Sie mich zu dem Hehler einer solchen Sünde machen?«

      »Nein, lieber Baumann,« erwiederte Witte, »ich weiß, daß Sie ein rechtlicher Mann sind, und Sie trauen mir hoffentlich das Nämliche zu. Ich würde Ihnen also zu nichts rathen, was nicht Sie, was nicht ich vor meinem Gewissen verantworten könnte; Sie sind von jeder Verantwortung frei. Ihre Frau sowohl als Sie jetzt haben mir, dem Staatsanwalt, die Erklärung abgegeben und mich aufgefordert, die Rechte des wirklichen Erben vor Gericht zu vertreten; überlassen Sie mir also auch, den Zeitpunkt zu wählen, den ich dazu für den richtigen halte. Außerdem haben wir jetzt die beiden Leute, deren Zeugniß allein den Ausschlag geben kann, ganz unerwarteter Weise hinter Schloß und Riegel bekommen, und die Sache ist uns dadurch um ein Wesentliches erleichtert worden. Aber beantworten Sie mir eine Frage: hat Ihr Fritz je mit seinem vermeintlichen Onkel, dem Schuhmacher Heßberger, einen näheren Verkehr gehalten?«

      »Nie,« sagte der alte Mann; »sie konnten sich gegenseitig nicht leiden, und ich glaube sogar nicht, daß sie seit Jahren ein Wort mit einander gesprochen haben.«

      »Das dachte ich mir. Aber wissen Sie, daß unter den gestern bei Heßberger gefundenen Sachen werthvolle Gegenstände aus Salomon's Laden sind?«

      »Großer Gott, sollte denn der schuftige Schuhmacher auch das auf dem Gewissen haben?«

      »Aller Wahrscheinlichkeit nach; aber das wollen wir bald herausbekommen, denn Salomon, obgleich er den Namen des Diebes nicht weiß, kennt ihn von Angesicht gut genug, und wenn er…«

      »Aber der alte Salomon ist ja todt!«

      »Denkt gar nicht daran,« lachte Witte – »wieder frisch und gesund, nur noch ein bischen schwach auf den Füßen. Wir glaubten durch das Gerücht seines Todes den Mörder sicher zu machen; aber Heßberger, wenn er es wirklich gewesen, war uns zu schlau, und hätte ihn nicht der wunderlichste Zufall dem Gerichte in die Hände gespielt, so würde kein Mensch geahnt haben, daß er mit dem Verbrechen in Verbindung stände.«

      »Aber werden sie jetzt nicht erst recht glauben, daß der Fritz mit seinem Onkel unter Einer Decke gesteckt habe, und müssen wir deshalb nicht gerade beweisen, daß er gar nicht sein Onkel ist?«

      »Das Erste habe ich auch gefürchtet, das Zweite wäre aber kein Beweis für ihn, denn er konnte bis jetzt nichts davon wissen. Nein, überlassen Sie mir getrost die Sache, Baumann, und Sie können sich versichert halten, daß Sie nicht allein kein Vorwurf trifft und treffen kann, sondern daß ich auch so rasch als irgend möglich damit vorschreite.«

      Baumann war aufgestanden; aber er zögerte, er hatte allem Anschein nach noch etwas auf dem Herzen.

      »Drückt Sie noch etwas, Baumann?«

      »Ja, Herr Staatsanwalt; eine Bitte…«

      »Und was ist es?«

      »Ich wollte Sie ersuchen,« sagte der Mann, »die – Scheidungsklage mit meiner Frau einzuleiten. Ich glaube, daß Sie das zu besorgen haben.«

      »Baumann!«

      »Wir haben sechsundzwanzig Jahre glücklich mit einander gelebt,« fuhr der Schlossermeister fort, »so glücklich,« setzte er leise hinzu, »daß ich bis jetzt glaubte, nur der Tod könne und werde uns auseinander nehmen. Das ist vorbei. Nach dem, was sie mir angethan, daß sie mein, daß sie ihr eigenes Kind verkaufte, kann ich nicht länger mit ihr leben – es muß sein!«

      »Ueberlegen Sie sich die Sache noch, Baumann,« sagte Witte herzlich; »das hat Zeit – übereilen Sie nichts. Sie sind jetzt im ersten Schmerz und Zorn.«

      »Es ist nichts mehr zu überlegen, Herr Staatsanwalt,« beharrte der alte Mann; »was ich gesagt habe, hab' ich gesagt, und dabei bleibt es. Kein Mensch in der Welt wird mich davon abbringen können, wenn ich mit mir selber erst einmal im Reinen bin, daß es geschehen muß!«

      »Aber

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